Der Dollar sinkt und sinkt. Gegenüber dem Franken verliert der Greenback seit Jahresbeginn über 12 Prozent, gegenüber dem Euro fast 12 Prozent und gegenüber der schwedischen Krone sogar teilweise über 15 Prozent.

Diese Abwertungen haben einen einschneidenden Einfluss auf die Rendite vieler Anlagen wie Aktien, Rohstoffe, die primär in Dollar gehandelt werden oder daran gekoppelt sind, oder auch Kryptowährungen - diese sind ebenfalls an den Dollar gebunden.

Über die Jahre hinweg haben diese Abwertungen einen spürbaren Effekt: Vor fünf Jahren war der Greenback beispielsweise 18 Prozent wertvoller gegenüber dem Franken, vor 23 Jahren waren es doppelt so viel und davor über fünf Mal. Das war 1971. Soll man überhaupt noch in eine solche Währung investieren?

Kein Weg führt an den USA vorbei

Trotz des Gegendwinds der Devise sind sich Experten einig: Ja, die Finanzmärkte der USA sind aufgrund ihrer Grösse, Liquidität und Vielfalt nur schwer zu meiden. Auf Anfrage von cash.ch meint Matthias Vögeli, Leiter Treasury, Devisen und Zinsderivate, vom Vermögensverwaltungsarm der Swiss Life, dass ein vollständiger Rückzug vom US-Kapitalmarkt «verfrüht sei». 

Allerdings weist der Experte bei US-Investitionen auf einige Punkte hin: Erstens ist die Absicherung der Währungsrisiken entscheidend - trotz nachteiligem Zinsunterschied hält er diese für sinnvoll. Zweitens seien die Kreditaufschläge historisch eng und böten bei einer Marktkorrektur nur begrenzten Schutz. Eine vorsichtige Positionierung sei angebracht. Und drittens warnt er vor hohen US-Aktienbewertungen, die zunehmend von wenigen grossen Technologiewerten abhängen. Insgesamt ist es im derzeitigen Umfeld umso wichtiger, US-Anlagen aktiv zu steuern.

Diesen Tenor bestätigt auch der Portfoliomanager Vikram Aggarwal. Er verwaltet vier Anleihen-Fonds beim Vermögensverwalter Jupiter. Zwar sei ein Rückzug aus dem Dollar nur schon aus Gründen der Diversifikation aktuell nicht angebracht. Dennoch führe der bereits seit mehreren Jahren anhaltende Trend zur Entdollarisierung der Welt mittel- und langfristig zu einem schwächeren Greenback.

Aggarwal nennt die Wirtschaftspolitik der USA, seit der ersten Amtszeit von Donald Trump, als Ausgangslage für diese Entwicklung. «Was den US-Dollar seit den 1990er-Jahren stark gemacht hat, waren die Globalisierung, integrierte Lieferketten und die zentrale Rolle der US-Wirtschaft. Wird das umgekehrt und teilen sich beispielsweise China und die USA in separate Einflussbereiche auf, dann konkurrieren unterschiedliche Anlagen um die Rolle als Weltreserve.» Das sind beispielsweise Dollar, Euro, Renminbi oder Gold. Deshalb auch der bemerkenswerte Preisanstieg des Edelmetalls in den vergangenen Monaten.

Alternativen und Absicherungen

Wie positionieren sich Anleger in diesem Umfeld? Aggarwal sieht enormes Potenzial im japanischen Yen. Japan hält laut dem Experten die höchsten Offshore-Anlagen an US-Vermögenswerten. Sollte die Entdollarisierung zu einer erhöhten Kapitalrückführung der Japaner führen, wertet sich der Yen deutlich auf.

Vögeli wiederum verweist auf Anlagemöglichkeiten, die es nur in den USA gibt - besonders im Technologiesektor. Aus Gründen der Diversifikation und Integration von Zukunftstechnologien im eigenen Portfolio ist ein kompletter Verzicht nicht angezeigt. Deshalb ist es wichtig, zwischen Investitionen in US-Vermögenswerte und Investitionen in den US-Dollar zu unterscheiden. Bei ersteren das Währungsrisiko (oder Teile davon) abzusichern ist ratsam.

Absicherungen für Anleger in Schweizer Franken sind jedoch eine Herausforderung. Der hohe Zinsunterschied zwischen Dollar und Franken macht Absicherungen teuer und schmälert den Ertrag und die Attraktivität vieler US-Investitionen erheblich. Besonders weniger riskante Anlagen mit tieferen - aber sicheren Renditen - sind davon betroffen.

Deshalb sieht Aggarwal, besonders für Schweizer Anleger, die Antwort in der globalen Diversifikation: «Inländische Anleihen bringen praktisch keine Rendite. Globale Alternativen schon». Als Beispiel nennt er einen seiner Fonds. Dieser bietet aktuell rund 5,5 bis 6 Prozent Rendite bei einer durchschnittlichen Bonität von «Single A». «Mit globaler Diversifikation lässt sich also Rendite erzielen, ohne in hochriskante Papiere investieren zu müssen.»

Dollarschwäche und Frankenstärke

Die Schwäche des Dollar dürfte besonders in der Kombination mit dem Franken zu spüren sein. Kurzfristig geht Aggarwal von einer Konsolidierung beim Dollar aus - die Devise dürfte sich auf diesem Niveau stabilisieren und sich in einer engeren Spanne bewegen, da die bisherige Abwertung in diesem Jahr beträchtlich war. Anschliessend ist es eine Frage der Entdollarisierung, die wiederum an die Frage des Petrodollar geknüpft ist - also die Koppelung von Erdöl an den Greenback.

Doch längerfristig ist der Franken als «sicherer Hafen» eine attraktive Anlagemöglichkeit für internationale Investoren. Die hohe politische Unsicherheit, das wachsende Risiko der politischen Einflussnahme auf die Geldpolitik und ein geringes Interesse an einem ausgeglichenen Haushaltsdefizit in den USA sind dafür verantwortlich. Gleichzeitig ist der Spielraum der Schweizer Nationalbank, diesem Druck durch Negativzinsen oder Devisenmarktinterventionen entgegenzuwirken, begrenzt - cash.ch berichtete.

Swiss Life prognostiziert für Mitte 2026 einen Höhepunkt von 1,25 von Euro zu Dollar. Bis Ende 2028 dürfte das Währungspaar wieder auf einen fairen Wert von etwa 1,19 sinken. Für das Dollar-Franken-Paar bedeutet dies eine Prognose von 0,78 Franken fürs Jahresende und 0,74 Franken im Jahr 2026.

Die strukturellen Inflationsdifferenzen zwischen der Schweiz und dem Euroraum dürften bestehen bleiben, so Vögeli. Laut dem Experten dürfte es den fairen Wert von Euro-Franken um jedes Jahr um 1 Prozent senken. Diese Franken-Aufwertung gegenüber dem Euro hält hingegen den realen Franken-Wert gegenüber anderen Devisen stabil.
 

Luca_Niederkofler
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