Am 6. Juli 2017 legte die Online-Versandapotheke Zur Rose ein starkes Debüt an der Schweizer Börse hin: Das Niveau des Ausgabepreises, das sich mit 140 Franken bereits am oberen Ende des festgelegten Preisbandes befand, wurde am ersten Handelstag deutlich übertroffen - die Aktie schloss bei 159,90 Franken.
Doch die Euphorie war schnell verflogen: Ein paar Tage später fiel die Aktie unter 150 Franken, seither geht es mit dem Kurs praktisch nur noch seitwärts. Auch die am Mittwoch präsentierten Halbjahreszahlen lösen keine grosse Kursbewegung aus.
"Die Investoren warten ab und schauen, ob unser Wachstum nachhaltig ist", sucht Zur-Rose-Chef Walter Oberhänsli im cash-Video-Interview nach einer Erklärung für die lethargische Entwicklung des Aktienkurses seiner Firma. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Oktober 2016 habe Zur Rose nur ein Quartal Zeit gehabt, um Investoren zu zeigen, dass das Unternehmen wachse.
Am 19. Oktober urteilte der Gerichtshof, dass Rabatte auf rezeptpflichtige Arzneimittel zulässig seien. Damit wurde der Grundstein für den Erfolg von Zur Rose im deutschen Markt gelegt. Und tatsächlich wuchs Zur Rose im ersten Halbjahr 2017 in Deutschland rasant: Das deutsche Tochterunternehmen Doc Morris konnte den Umsatz um 13 Prozent steigern. Am stärksten wuchs das Versandgeschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln (+43 Prozent). Insgesamt resultierte aber ein Verlust von 18 Millionen Franken im ersten Halbjahr, nachdem Zur Rose in der Vorjahresperiode noch knapp schwarze Zahlen geschrieben hatte.
Lohnt sich als Anleger bei Zur Rose nun ein Einstieg? "An meiner Stelle sollte man solche Empfehlungen nicht abgeben", antwortet Oberhänsli leicht amüsiert. Er persönlich sei jedoch überzeugt, dass ein Einstieg richtig sei. Ein Grund für die Stagnation der Zur-Rose-Aktie liegt wohl auch darin, dass die Aktie in eineinhalb Jahren vor der SIX-Kotierung im ausserbörslichen Handel um 560 Prozent zugelegt hatte. Vor allem der Einstieg der saudi-arabischen Investorengruppe Al Faisaliah im Dezember 2016 brachte Schwung in den Kurs.
Margenschwache Geschäfte zurückgefahren
Weniger Wachstum als in Deutschland verzeichnet Zur Rose in der Schweiz: Zwar ist das Grosshandelsgeschäft mit plus 5 Prozent über dem Markt gewachsen, doch gingen die Erträge im Endkundengeschäft um 6,5 Prozent zurück.
"Dieser Rückgang ist auf eine Reduktion von margenschwächeren Geschäften zurück zu führen", so Oberhänsli. Nachdem diese Bereinigung nun aber abgeschlossen sei, erwarte man auch in der Schweiz "stärkeres Wachstum".
Wachsen will man künftig auch durch eine Zusammenarbeit mit der Migros: Im Juli eröffnete Zur Rose in Bern die erste Shop-in-Shop-Apotheke in einer Migros-Filiale. Verkauft werden rezeptpflichtige und andere Medikamente. Nachdem Zur Rose sich im Online-Bereich einen Namen gemacht hat, setzt man also gleichzeitig auch auf "klassische" Verkaufsläden.
Ein Strategiebruch? "Das glauben wir nicht", sagt Oberhänsli. "Sehr bedeutende und erfolgreiche Onlinehändler haben ebenfalls den Weg einer Omni-Channel-Strategie gewählt. Amazon, Nespresso und Zalando sind neben dem Onlinegeschäft auch stationär präsent." Der Kunde wolle künftig freier wählen können, wo er bestellt, kauft und abholt.
Im Video-Interview mit cash sagt Walter Oberhänsli ausserdem, wo er die grössten Wachstumschancen sieht, wie die neue Shop-in-Shop Apotheke in Bern läuft und ob ein Markteinstieg in Frankreich in Frage kommt.