Anzeichen einer Notlage bei einer kalifornischen Bank veranlassten Händler dazu, das Tempo der Zinserhöhungen in den USA neu zu bewerten und vermehrt auf eine Zinssenkung noch in diesem Jahr zu setzen.

Die Renditen von US-Treasuries und europäischen Staatsanleihen fielen auf den tiefsten Stand seit Wochen. Händler setzten darauf, dass Turbulenzen bei Banken die Fähigkeit der Federal Reserve zu weiteren Zinserhöhungen einschränken könnten. Der Stoxx Europe 600 Index verzeichnete den stärksten Einbruch seit Dezember, angeführt von Bankaktien. Die Absicherung gegen Kreditausfälle bei Unternehmen stieg steil in die Höhe.

Die Aufregung wurde ausgelöst von der Silicon Valley Bank - ein kleines Geldhaus in der gleichnamigen kalifornischen Region, die für Technologiefirmen bekannt ist. Sie hat erhebliche Verluste mit US-Treasuries und Hypothekenanleihen in den Büchern und musste deshalb eine Milliarden-Kapitalerhöhung starten. Laut CNBC ist auch ein Verkauf der Bank möglich. Anleger schauen nun auf Risiken, die nach den steilen Zinserhöhungen von Fed, Europäischer Zentralbank & Co. in anderen Finanzinstituten lauern könnten.

Hinzu kamen am Freitag Arbeitsmarktdaten aus den USA, die zeigten, dass sich das Lohnwachstum abkühlen könnte und damit den Weg für einen Rückgang der Renditen weiter ebneten. Die Geldmärkte erwarten nun nurmehr einen Zinsschritt der Fed von einem Viertelpunkt im März, nicht mehr einen halben. Bis Jahresende sehen die Händler bereits eine Senkung der Zinsen um einen Viertelpunkt.

Die Rendite zweijähriger US-Treasuries fiel um bis zu 29 Basispunkte auf 4,58 Prozent. In den letzten beiden Handelstagen ist die politikempfindliche Benchmark um rund 45 Basispunkte gefallen und hat damit den grössten Rückgang seit 2008 verzeichnet. Die Anleger stürzten sich auch auf deutsche Bundesschatzanweisungen, deren Renditen ähnlich stark sanken.

“Die Marktreaktion spiegelt die allgemeine Besorgnis über die US-Banken wider, und die Anleger hatten mit einem besseren Ergebnis bei den Beschäftigtenzahlen gerechnet”, sagte Andrzej Skiba, Portfoliomanager bei Bluebay Asset Management.

Der europäische Stoxx-600-Banken-Index brach um bis zu 5,3 Prozent ein und verzeichnete damit den grössten Rückgang seit einem Jahr. Zu den größten Verlierern gehörten auch die Deutsche Bank mit bis zu 9,8 Prozent und die Commerzbank mit bis zu 7,3 Prozent. Das Schweizer Sorgenkind Credit Suisse erreichte ein neues Allzeittief.

Oliver Scharping, Portfoliomanager bei Bantleon, hält es jedoch nicht für gerechtfertigt, dasselbe Risiko bei europäischen Banken zu unterstellen. Sollte der Sektor weiterhin unter Druck bleiben, könnte das eine günstige Kaufgelegenheit sein, sagte er.

“Ich bekomme schon einige Bear-Stearns-’08-Vibes und die Liquidität verschwindet auf der ganzen Linie, aber es fühlt sich noch nicht wie ein systemisches Problem an,” sagte Scharping.

(Bloomberg)