Bislang galt die Meinung, dass Edelmetalle, die von Schweizer Raffinerien umgeschmolzen und in die USA exportiert werden, dort zollfrei eingeführt werden können. Doch das ist bei wichtigen Einheiten nun doch nicht der Fall, wie die «Financial Times» am Freitag schrieb.

Die US-Zollbehörden hätten den Schweizer Raffinerien in einem «Ruling Letter» vom 31. Juli mitgeteilt, dass 1-Kilogramm-Barren und 100-Unzen-Barren unter einer Zolltarifnummer klassifiziert und eingeführt werden müssen, die mit einem Zoll von 39 Prozent belegt sei. Die Branche sei bisher davon ausgegangen, dass diese Barren unter einem von Zöllen befreiten Code klassifiziert würden.

Der hohe Einfuhrzoll auf Goldbarren dürfte dem Schweizer Goldhandel mit den USA einen weiteren Schlag versetzen. Laut Experten hat der Goldhandel den Schweizer Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA aufgebläht. Dieser betrug im ersten Halbjahr unter Ausschluss des Goldes 24 Milliarden Franken.

Mit den Zöllen sei der Export von Goldgussprodukten in die USA für die Schweizer Raffinerien nicht mehr rentabel, hielt Christoph Wild, Präsident des Branchenverbands ASFCMP, in einer am Freitagnachmittag veröffentlichten Stellungnahme fest.

Keine Pilatus-Flugzeuge mehr

Am Freitag wurden erste Konsequenzen der US-Zölle für Schweizer Unternehmen bekannt. Die Pilatus-Flugzeugwerke etwa liefern vorübergehend keine Flugzeuge mehr in die USA. Der hohe US-Zolltarif sei für das Unternehmen ein «erheblicher Wettbewerbsnachteil», teilte der Flugzeugbauer aus Stans NW mit.

Pilatus wolle den Auslieferungsstopp nutzen, um mit der Kundschaft und den Partnern Lösungen zu erarbeiten, hiess es weiter. Die bestehenden Beziehungen zur US-Kundschaft und die Servicedienstleistungen würden trotz des Lieferstopps nahtlos und vollumfänglich weitergeführt.

Milliarden-BIP-Verlust für Zürich

Der Wirtschaftskanton Zürich rechnet aufgrund der US-Zölle mit einer Einbusse des kantonalen Bruttoinlandprodukts (BIP) um 0,5 bis 1,2 Milliarden Franken. Die Zürcher Handelskammer (ZHK) warnte vor langfristigen Wohlstandsverlusten.

Laut der Handelskammer verteuern die Zölle Schweizer Produkte stark, verschärfen die Konkurrenzsituation im Ausland und dämpfen das Investitionsklima. Für Zürich sind den Angaben zufolge Ausfuhren im Wert von rund 2 Milliarden Franken betroffen - rund 13 Prozent der Industrieproduktion.

Und auch die Westschweizer Wirtschaft fürchtet die Folgen der Zölle - und fordert Hilfsmassnahmen. Kurzarbeit erwähnte sie dabei als kurzfristig zu ergreifende Massnahme, die jedoch nicht ausreiche.

Seco hält sich bedeckt

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hielt sich zu den Plänen der Schweizer Zoll-Verhandlungsdelegation in den USA weiterhin bedeckt. Mit welchen Stellen der US-Regierung die eigens wegen der Zölle in die USA gereiste Schweizer Delegation in Kontakt steht, blieb am Freitag unklar. Aus verhandlungstaktischen Gründen äussere man sich dazu nicht, teilte das Seco auf Anfrage von Keystone-SDA mit.

Offen blieb ebenfalls, welches mögliche Angebot im Raum steht, um die am Donnerstag (7. August) in Kraft getretenen Zölle in der Höhe von 39 Prozent auf Warenimporte in die USA zu senken oder wieder abzuschaffen.

Nach Angaben von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter bewegt sich das optimierte Angebot, das die Schweiz den USA unterbreitete, im Rahmen des von den aussenpolitischen Kommissionen abgesegneten Verhandlungsmandats.

Weitere Angaben machte sie nicht. Man könne nicht öffentlich über das Angebot sprechen, erklärte sie. Aber die Delegation habe in den USA darauf hingewiesen, dass die Schweiz die F-35-Kampfflugzeuge sowie das Patriot-Flugabwehrsystem kauft und daran festhält.

Im Februar hatte Wirtschafts-Staatssekretärin Helene Budliger Artieda in einem Interview zudem auf Gespräche für ein Freihandelsabkommen mit den USA gepocht. Ob ein solches Freihandelsabkommen noch eine Option ist, blieb am Freitag ebenfalls offen.

Thema beim Parlamentarier-Treffen

Die neuen US-Zölle auf Importe aus der Schweiz waren Thema beim regelmässigen Treffen von US-amerikanischen und Schweizer Parlamentariern am Freitag in Genf. Aus den USA waren 28 Abgeordnete des Repräsentantenhauses anwesend, unter ihnen 20 Republikaner und acht Demokraten. Niemand von ihnen gilt als besonders eng mit Präsident Donald Trump verbunden.

Der republikanische Abgeordnete Greg Murphy aus North Carolina wünschte in den sozialen Netzwerken, dass die Handelssituation mit der Schweiz schnell gelöst werde. Die Schweizer seien immer wichtige Partner gewesen, was Medikamente oder die Aussenpolitik betraf.

(AWP)