Bislang galt die Meinung, dass Edelmetalle, die von Schweizer Raffinerien umgeschmolzen und in die USA exportiert werden, dort zollfrei eingeführt werden können. Doch das ist bei wichtigen Einheiten nun doch nicht der Fall, wie die «Financial Times» am Freitag schrieb.

Die US-Zollbehörden hätten den Schweizer Raffinerien in einem «Ruling Letter» vom 31. Juli mitgeteilt, dass 1-Kilogramm-Barren und 100-Unzen-Barren unter einer Zolltarifnummer klassifiziert und eingeführt werden müssen, die mit einem Zoll von 39 Prozent belegt sei. Die Branche sei bisher davon ausgegangen, dass diese Barren zollfrei bleiben.

Doch keine Gold-Zölle?

Am Abend meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass der Zoll auf Goldbarren nun doch nicht kommen soll. Die ganze Aufregung wäre damit hinfällig. Bloomberg schrieb, die Trump-Regierung habe angedeutet, dass sie eine neue Richtlinie erlassen werde, um klarzustellen, dass Importe von Goldbarren nicht mit Zöllen belegt werden sollen.

Das Weisse Haus beabsichtige, bald eine Executive Order zur Klärung der Zollfrage zu erlassen. Bloomberg zufolge bezeichnete ein Regierungsangestellter die Zölle auf Gold und andere Spezialprodukte als Falschinformation. Ein Beamter habe demnach die Fehlinformation am Freitag unter der Bedingung der Anonymität in Umlauf gebracht.

Schwerer Schlag für Schweizer Raffinerien

Der hohe Einfuhrzoll auf Goldbarren hätte dem Schweizer Goldhandel mit den USA das Genick gebrochen. Laut Experten blähte der in letzter Zeit stark gestiegene Goldexport den Schweizer Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA auf. Der Überschuss betrug im ersten im ersten Halbjahr unter Ausschluss des Goldes 24 Milliarden Franken.

Mit den Zöllen sei der Export von Goldgussprodukten in die USA für die Schweizer Raffinerien nicht mehr rentabel, hielt Christoph Wild, Präsident des Branchenverbands ASFCMP, in einer am Nachmittag veröffentlichten Stellungnahme fest.

Als Reaktion auf die Zölle kletterte der Goldpreis an der Rohstoffbörse in New York auf den neuen Rekordwert von 3534,10 US-Dollar pro Unze (31,1 Gramm). Der Markt war überzeugt davon, dass Barren von den Zöllen ausgenommen bleiben und reagiert deshalb gemäss einem Analysten «schockiert und verwirrt».

Keine Pilatus-Flugzeuge mehr

Am Freitag wurden erste Konsequenzen der US-Zölle für Schweizer Unternehmen bekannt. Die Pilatus-Flugzeugwerke etwa liefern vorübergehend keine Flugzeuge mehr in die USA. Der hohe US-Zolltarif sei für das Unternehmen ein «erheblicher Wettbewerbsnachteil», teilte der Flugzeugbauer aus Stans NW mit.

Pilatus wolle den Auslieferungsstopp nutzen, um mit der Kundschaft und den Partnern Lösungen zu erarbeiten, hiess es weiter. Die bestehenden Beziehungen zur US-Kundschaft und die Servicedienstleistungen würden trotz des Lieferstopps nahtlos und vollumfänglich weitergeführt.

Milliarden-BIP-Verlust für Zürich

Der Wirtschaftskanton Zürich rechnet aufgrund der US-Zölle mit einer Einbusse des kantonalen Bruttoinlandprodukts (BIP) um 0,5 bis 1,2 Milliarden Franken. Die Zürcher Handelskammer (ZHK) warnte vor langfristigen Wohlstandsverlusten. Für Zürich sind Ausfuhren im Wert von rund 2 Milliarden Franken betroffen - rund 13 Prozent der Industrieproduktion.

Und auch die Westschweizer Wirtschaft fürchtet die Folgen der Zölle - und fordert Hilfsmassnahmen. Kurzarbeit erwähnte sie dabei als kurzfristig zu ergreifende Massnahme, die jedoch nicht ausreiche.

Seco hält sich bedeckt

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hielt sich zu den Plänen der Schweizer Zoll-Verhandlungsdelegation in den USA weiterhin bedeckt. Mit welchen Stellen der US-Regierung die eigens wegen der Zölle in die USA gereiste Schweizer Delegation in Kontakt steht, blieb am Freitag unklar. Aus verhandlungstaktischen Gründen äussere man sich dazu nicht, teilte das Seco auf Anfrage von Keystone-SDA mit.

Offen blieb ebenfalls, welches mögliche Angebot an die USA im Raum steht. Nach Angaben von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter bewegt sich das optimierte Angebot im Rahmen des von den aussenpolitischen Kommissionen abgesegneten Verhandlungsmandats.

Thema beim Parlamentarier-Treffen

Die neuen US-Zölle auf Importe aus der Schweiz waren Thema beim regelmässigen Treffen von US-amerikanischen und Schweizer Parlamentariern am Freitag in Genf. Aus den USA waren 28 Abgeordnete des Repräsentantenhauses anwesend, unter ihnen 20 Republikaner und acht Demokraten. Niemand von ihnen gilt als besonders eng mit Präsident Donald Trump verbunden.

Der republikanische Abgeordnete Greg Murphy aus North Carolina wünschte in den sozialen Netzwerken, dass die Handelssituation mit der Schweiz schnell gelöst werde. Die Schweizer seien immer wichtige Partner gewesen, was Medikamente oder die Aussenpolitik betraf.

(AWP)