Der chinesische Autobauer BYD will nichts weniger als die Auto-Welt erobern. Lange Jahre lassen sich die Chinesen nicht von diesem Weg abbringen. Was sie in Angriff nehmen, scheint zu gelingen. Bisherige Höhepunkte: 2024 löst BYD Branchenprimus Tesla als weltgrösster E-Auto-Konzern ab. Im April 2025 verkaufen die Chinesen auch in Europa mehr Autos als die Firma von Elon Musk (53).

Seither scheint die Luft beim erfolgsverwöhnten Autohersteller aber draussen zu sein. Der E-Auto-Gigant kämpft mit massiven Absatzproblemen, wie das «Handelsblatt» berichtet. Neue Zahlen des Datendienstleisters Marklines zeigen, dass die Chinesen deutlich mehr Autos produzieren, als sie verkaufen können. BYD steht deshalb auf die Bremse – und drosselt in den Fabriken die Produktion. Die angepeilten 5,5 Millionen Autos im laufenden Jahr dürfte BYD so nicht erreichen.

Neuwagen bei Tochterfirmen abgestellt

In der Vergangenheit hat BYD laut dem «Handelsblatt» getrickst, um von den Problemen abzulenken. Und zwar so: Neuwagen werden zunächst bei Tochterfirmen oder Händlern zwischenlagert. Etwa in sogenannten «Dealer Warehouses» oder auf riesigen Parkplätzen im Ausland. Auf dem Papier gelten die Fahrzeuge dann als ausgeliefert – obwohl sie faktisch noch keinen Endkunden erreicht haben. So bläht BYD die Verkaufszahlen künstlich auf und kaschiert die tatsächliche Marktlage.

BYD schwächelt vor allem auf dem wichtigen Heimmarkt, wie ein Blick auf die chinesischen Zulassungszahlen zeigt. Während der Elektroauto-Markt im Land im ersten Quartal um 45 Prozent gewachsen ist, hat BYD nur 5,5 Prozent zulegen können. Chinesinnen und Chinesen zeigen BYD zunehmend die kalte Schulter.

Nur 41 BYD verkauft in der Schweiz

Die Chefetage ist alarmiert – und reagiert. In China werden die Preise gesenkt. Zudem setzt BYD vermehrt auf Exporte. Doch längst nicht alle Modelle, die ursprünglich für den chinesischen Markt entwickelt wurden, treffen auch den Geschmack der anspruchsvollen europäischen Autofahrerinnen und -fahrer. Hinzu kommt die weit verbreitete Zurückhaltung, wenn es darum geht, sich ein chinesisches Fabrikat in die Garage zu stellen.

Das zeigt sich auch an den neusten Verkaufszahlen von Auto Schweiz. Gerade einmal 41 Neuwagen hat BYD im Juni hierzulande verkauft. 180 Stück sind es im ersten Halbjahr. Zum Vergleich: Der grosse Konkurrent Tesla hat im Juni 889 neue Stromer verkauft (-7,6 Prozent), in den ersten sechs Monaten des Jahres 2803 Fahrzeuge (-46,1 Prozent).

Diese Zahlen dürften den ehrgeizigen Chinesen nicht gefallen. Zumal sie viel Geld investiert haben, um in der Schweiz Fuss zu fassen. Seit Mai hat BYD einen edlen Showroom bei der noblen Zürcher Bahnhofstrasse.

In der Schweiz ab 42'000 Franken

Die Lancierung wurde mit einem stylischen Event in Spreitenbach AG gefeiert. In der Schweiz startet BYD mit drei Modellen: Seal, eine Stromer-Sportlimousine, Sealion 7, ein Stromer-SUV, sowie Seal U DM-i, ein Plug-in Hybrid-SUV. Preislich bewegen sich diese Autos zwischen 42'990 und 60'990 Franken, je nach Modell und Ausführung. Nicht gerade billig und für jedermann.

BYD-Europachefin Maria Grazia Davino (47) rechtfertigt die Preise gegenüber Blick: «Mit den höherwertigen Modellen etablieren wir die Marke und Technologie.» Mittelfristig werde die ganze Palette mit 13 Fahrzeugmodellen eingeführt: «Jeden zweiten Monat ein neues Modell.» Bis Ende Jahr sind insgesamt 15 Verkaufspunkte schweizweit geplant, etwa in Zug, Luzern, Aarburg AG, Bellach SO, Basel, Bern, Biel BE, Neuenburg, La-Chaux-de-Fonds NE, Lausanne, Montreux VD und Genf.

Dieser Artikel ist zuerst bei «Blick» unter dem Titel «Hunderttausende Autos auf Halde – in der Schweiz nur 41 verkauft» erschienen.