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Im vergangenen Frühsommer berichtete ich von einem gewichtigen Neuzugang im Grossaktionariat von GAM. Die Gothic Corporation hatte sich kurz zuvor mit gut vier Prozent beim schlingernden Vermögensverwalter eingekauft. Hinter diesem Investment-Vehikel verbirgt sich niemand Geringeres als die Elite-Universität Yale.
Ihren Einstieg liessen sich die Amerikaner ganz schön was kosten, wiesen die Aktien damals doch einen Aufschlag von etwas mehr als 10 Prozent gegenüber dem rechnerischen Übernahmeangebot der britischen Liontrust auf. Das wiederum liess mich vermuten, dass man auf eine Nachbesserung oder gar auf eine Gegenofferte spekulierte.
Doch es sollte alles anders kommen: Eine Offertnachbesserung blieb genauso aus wie ein Gegenangebot. Und selbst Liontrust wurde es angesichts des Widerstands aus dem Aktionariat irgendwann zu bunt. Man warf das Handtuch.
Mit Blick auf die Aktienkursentwicklung liesse sich der Sieg der oppositionellen Aktionärsgruppe um den umtriebigen französischen Milliardär Xavier Niel über die Briten bestenfalls als Achtungserfolg bezeichnen.
Man merke: Auch an der Börse ist der Spatz in der Hand nicht selten die bessere Wahl als die Taube auf dem Dach. Auch in Yale scheint man zu dieser schmerzhaften Einsicht gelangt zu sein. Denn wie einer Offenlegungsmeldung an die SIX Swiss Exchange entnommen werden kann, hat sich die Gothic Corporation zuletzt von Aktien des Vermögensverwalters aus Zürich getrennt. Als Verkäufer mussten sich die Amerikaner nur deshalb zu erkennen gegeben, weil ihr Stimmenanteil unter den meldepflichtigen Schwellenwert von drei Prozent gefallen ist.
Kurszerfall der GAM-Aktien seit Januar 2021 (Quelle: www.cash.ch)
Es ist anzunehmen, dass das Investment-Vehikel der Elite-Universität Yale ganz ausgestiegen ist. Teile des Aktienpakets konnte man vermutlich der oppositionellen Aktionärsgruppe im Rahmen ihres Teilangebots zu 55 Rappen je Aktie andienen. Wurden rund um den Einstieg der Amerikaner einst Kurse von bis zu einem Franken bezahlt, kosteten die Valoren von GAM am Freitag zeitweise keine 40 Rappen mehr.
Man braucht den durchschnittliche Einstandskurs der Amerikaner beim Vermögensverwalter nicht zu kennen, um erahnen zu können, dass ihre A-Fond-Perdu-Wette sie mehrere Millionen Franken gekostet haben dürfte.
Die Gothic Corporation ist übrigens nicht der einzige "Trittbrettfahrer", welcher mit diesen Aktien einen Schuh voller Verluste herausgezogen hat. Mit Solas Capital Management hat zuletzt ein weiterer Grossaktionär sein Aktienpaket auf 3,2 Prozent ausgedünnt. Der Vermögensverwalter war im März 2022 mit gut 3 Prozent eingestiegen und hielt in der Spitze etwas mehr als 5 Prozent.
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Egal ob Zürcher Kantonalbank, Deutsche Bank, Goldman Sachs oder Mirabaud Securities: Noch bis vor wenigen Tagen gab es kaum eine Bank, welche die Aktien von Meyer Burger nicht zum Kauf angepriesen hätte – teils mit geradezu abenteuerlich hohen Kurszielen.
Spätestens nach der Hiobsbotschaft von vergangener Woche bröckelt der Rückhalt für das Solarunternehmen in Analystenkreisen allerdings. Es treffen Herunterstufungen ein.
Einen anderen Weg wählt der für Mirabaud Securities tätige Analyst Dani König. Er stellt die Abdeckung der Meyer-Burger-Aktien gleich ganz ein und begründet diesen Schritt mit der Straffung des Anlageuniversums. Auch eine Lösung für das Problem. Zuletzt wurden die Valoren mit "Buy" und einem Kursziel von 81 Rappen eingestuft.
Kursentwicklung der Aktien von Meyer Burger seit Anfang Januar (Quelle: www.cash.ch)
Neugierig wie ich bin, habe ich in der Vergangenheit recherchiert. Wie sich ich meinen Unterlagen entnehmen lässt, geht die Kaufempfehlung auf März 2021 zurück. Damals wurden die Aktien noch zu 40 Rappen gehandelt. Das Kursziel des Analysten lag in der Spitze sogar bei 92 Rappen.
Zur Erinnerung: Letzten Mittwoch wartete das Solarunternehmen mit einem schwachen Jahresergebnis auf. Gleichzeitig kündigt es an, die Modulproduktion im deutschen Freiberg einstellen und die Produktion künftig nach Übersee verlagern zu wollen.
Einerseits wäre dieser "Plan-B" mit hohen Kosten verbunden. Andererseits erreichen mich aus Kalifornien Stimmen, wonach dort viele Solarinstallateure nach einer Kürzung der staatlichen Subventionen in einen Liquiditätsengpass hineinschlittern. Diesen Stimmen liegen Aussagen eines kalifornischen Branchenverbands, bestehend aus mehr als 400 Betrieben, zugrunde. Selbstverständlich muss Kalifornien nicht unbedingt repräsentativ für die Situation in anderen amerikanischen Bundesstaaten sein. Dennoch dürften diese Berichte nicht gerade helfen, aufkommenden Zweifeln am Erfolg einer Produktionsverlagerung entgegenzuwirken.
Gerade weil der definitive Entscheid seitens des Unternehmens noch nicht gefallen ist, schrieb ich letzte Woche folgendes:
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