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«Gier-flation»

Stratege wirft Firmen Preistreiberei vor und rechnet mit Börsenverwerfungen

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Ein bekannter Stratege warnt vor «Gier-flation» und den möglichen Folgen für die Aktienmärkte. Weshalb sich die Gier rächen könnte. - Und: Auffälliger Titelverkauf beim Zugbauer Stadler Rail.

13.04.2023   12:10
Von cash Insider
Quelle: Pixabay

Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Ziemlich genau zwei Wochen ist es nun her, dass ich im Insider-Briefing von einem ziemlich schwerwiegenden Vorwurf berichtete. In einem Kommentar unterstellte der für die Société Générale tätige Stratege Albert Edwards den Unternehmen nichts geringeres als Preistreiberei. Seinen Erhebungen zufolge steigen die Absatzpreise momentan nämlich schneller als die Herstellkosten es tun. Mit anderen Worten: Eigentlich sind die Preiserhöhungen nicht länger gerechtfertigt. Und weil die blanke Gier um sich greift, spricht der Stratege sogar von "Gier-flation".

Nun richtet sich Edwards erneut in einem Kommentar an seine Anlagekundinnen und Anlagekunden. In den mehr als 40 Jahren seiner Tätigkeit habe er viel gesehen und erlebt, so dass ihn eigentlich kaum noch etwas überraschen sollte. Die Gier der Unternehmen im jetzigen Wirtschaftsaufschwung – oder besser gesagt das Ausmass, welches diese Gier angenommen hat – lässt allerdings selbst den bekannten Strategen langsam aber sicher am kapitalistischen System zweifeln.

Entwicklung des Stoxx Europe 600 Index seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Für Edwards steht nichts Geringeres als der soziale Frieden auf dem Spiel. Er schliesst nicht aus, dass die Unternehmen ungewollt soziale Unruhen anzetteln. Doch auch für die Aktienanlegerinnen und -anleger hat der Stratege mahnende Worte parat. Denn er geht nicht von dauerhaft hohen Gewinnmargen aus. Vielmehr sieht er darin sogar einen möglichen Bumerang für die Finanzmärkte. Seine Schlüsselbotschaft: Je höher die Gewinnmargen noch steigen, desto tiefer der Sturz, sollte eine Normalisierung einsetzen.

Welche Unternehmen oder Wirtschaftszweige am unverschämtesten sind, schreibt Edwards nicht. Und dass sich seine Aussagen vor allem auf Nordamerika zu beziehen scheinen, dürfte damit zu tun haben, dass er sich auf dortige Statistiken und Erhebungen abstützt. Die gestern Mittwoch veröffentlichten US-Konsumentenpreisindizes zeigen, dass die Kernrate – sie klammert die stark schwankenden Nahrungsmittel- und Energiepreise aus - hartnäckig hoch bleibt. Das wiederum lässt darauf schliessen, dass Edwards auf Unternehmen ausserhalb dieser beiden Wirtschaftszweige anspielt.

Mich persönlich überrascht weniger das Ausmass der Preiserhöhungen, als vielmehr die Bereitschaft der Endverbraucher, diese Preisschrauberei – wenn auch zähneknirschend – zu akzeptieren. Ganz uneigennützig ist die Warnung Edwards an die Adresse der Aktienanlegerinnen und -anleger übrigens nicht, wird ihm doch nachgesagt er sei ein ewiger Pessimist...

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Die Aktien von Stadler Rail haben sich nach ihrem zahlenbedingten Kurstaucher von Mitte März zuletzt wieder gefangen. Es ist schon fast, als hätte es die Enttäuschung rund um das letztjährige Ergebnis und die vorsichtigen Margenvorgaben überhaupt jemals gegeben.

Ich hielt damals folgendes fest:

Dass sich beim Zugbauer die Aktienkursentwicklung vom Tagesgeschäft etwas gar weit abgekoppelt haben könnte, zeigt ein Titelverkauf aus der Teppich-Etage am Hauptsitz im thurgauischen Bussnang im Gegenwert von 1,1 Millionen Franken.

Kursentwicklung Aktien von Stadler Rail über die letzten Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Es ist die erste grössere Transaktion seit Mai letzten Jahres. Auch damals trennte sich ein nicht namentlich bekanntes Mitglied der Geschäftsleitung in einem ähnlichen Umfang von Aktien. Von daher könnte man eigentlich schon beinahe von einer alltäglichen Beobachtung sprechen – zumal auch die Kurse wieder in etwa dort liegen.

Allerdings sind die Gewinnerwartungen für Stadler Rail seither kräftig gefallen. Ging UBS-Analyst Patrick Rafaisz für 2024 damals noch von einem Gewinn in Höhe von 3,55 Franken je Aktie aus, rechnet er mittlerweile noch mit knapp 2 Franken je Stück.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.

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2 Kommentare

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peter+ern

Eigentlich ist es hoch-erfreulich, dass es noch solche Kommentatoren wie A. Edwards gibt. Und dass ihre Meinung von anderen Kommentatoren wie C.I. aufgenommen werden ist noch erfreulicher. Leider scheint er mit seiner Einschätzung recht zu haben. Leider hat auch der einzelne Konsument zu wenig macht um sich gegen ein "Gier-Preistreiberei" zu wehren.
Ob ein Welt-Preisüberwacher sinnvoll wäre, bezweifle ich ebenfalls. Ausser Bürokratie nichts gewesen. Echte international Konkurrenz könnte evtl. den Verbrauchern helfen?!
Für mich ist Stadler Rail schlicht eine "Büchse der Pandora". Für mich unerklärlich, dass man so wirtschaften kann. Ich mache immer noch einen "grossen Bogen" um diese Aktie. Schade!

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anuswiss

Gier-flation , mich wundern diese Margen/Preisverbesserungen gar nicht,
es hätte doch jedem Beobachter klar sein müssen, dass die neue min. Steuer von 15 % für Grosskonzerne auf die Preise abgewälzt wird und sicher nicht aus der Marge bezahlt wird. Es ist wieder einmal den gierigen Politikern gelungen den Steuerzahler über den Tisch zu ziehen,
der Konsument darf nun die Zeche bezahlen.

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