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Auch über den Schweizer Aktienmarkt bricht heute Montag im frühen Handel eine Verkaufswelle herein. Nur den drei Indexschwergewichten – allen voran Novartis – ist es zu verdanken, dass der Swiss Market Index (SMI) mit einem blauen Auge davonkommt.

Aus Sicht führender Charttechnikexperten ist das renommierte Börsenbarometer allerdings angeschlagen. Wie Mensur Pocinci von der Bank Julius Bär schreibt, erweist sich die seit dem Frühsommer zu beobachtende Erholung als ziemlich lustlos. Er schliesst nicht aus, dass der SMI noch einmal Kurs auf das bisherige Jahrestief nimmt. Dieses geht auf Mitte Juni zurück und liegt bei 10'350 Punkten. Als Grundvoraussetzung für einen erneuten Rücksetzer nennt Pocinci einen Bruch der wichtigen Unterstützung bei 10'700 Punkten.

Die Erholung hat beim SMI zuletzt spürbar an Schwung eingebüsst (Quelle: www.cash.ch)

Sein Anlageurteil für den SMI lautet vorerst "Neutral", würde bei einem Bruch der besagten Unterstützung vermutlich aber auf "Bearish" gesenkt.

Zuspruch erhält Pocinci von seinem Berufskollegen Michael Riesner. Auch der im Mandat für die UBS tätige Charttechniker wähnt das Börsenbarometer vor einem Rutsch in Richtung der 10'350 Punkte, sollte die Unterstützung bei 10'700 Punkten unterschritten werden. Seines Erachtens hinterlassen vor allem die Aktien von Nestlé auf kurze Sicht einen überhitzten Eindruck. Seine Schlüsselbotschaft: Das Indexschwergewicht dürfte dem SMI nicht länger eine willkommene Stütze sein.

UBS-Charttechniker wähnt den SMI vor einer weiteren Schwächephase


Riesner sorgte Ende Juni für Gesprächsstoff, als er das Börsenbarometer sogar auf 9500 Punkte fallen sah. Der Experte stützte sich damals auf eine sich abzeichnende Schulter-Kopf-Schulter-Formation mit einer Nackenlinie bei 10'500 Punkten ab. Ganz so schwarz malt er mittlerweile dann aber doch nicht mehr...

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Man solle lieber schweigen, als schlecht über jemanden zu reden. So will es zumindest der Volksmund. Das scheint sich auch der für die Basler Kantonalbank tätige Analyst Elmar Sieber verinnerlicht zu haben. In einem mir zugespielten Kommentar stellt er die Abdeckung der Aktien von Zur Rose per sofort ein. Sieber begründet den drastischen Schritt damit, dass die Versandapotheke die bankeigenen Mindestkriterien für eine Aktienanlage nicht mehr erfülle. Er streicht die Valoren deshalb nicht nur von der "Coverage-Liste", sondern entfernt diese auch gleich von der "Basisliste Aktien".

Ich muss Sieber rückblickend ein Kränzchen winden – was bei mir bekanntlich nicht oft vorkommt: Denn schliesslich rät er nunmehr schon seit Ende Mai 2021 mit "Untergewichten" zum Verkauf der Zur-Rose-Aktien. Zuletzt veranschlagte er noch ein Kursziel von 50 Franken. Nur sein Berufskollege bei der Credit Suisse war mit seinem 49 Franken lautenden Kursziel zuletzt noch einen Tick pessimistischer.

Sieber geht zwar nicht davon aus, dass die Versandapotheke zahlungsunfähig wird. Allerdings geht er davon aus, dass es schon bald zu einer deutlichen Kapitalerhöhung kommt – alleine schon, um die im kommenden Jahr fällig werdende Anleihe bedienen zu können.

Aktienkursentwicklung von Zur Rose seit Ende Mai 2021 (Quelle: www.cash.ch)

Schuld am Schlamassel sind vor allem die Verzögerungen bei der Einführung des elektronischen Medikamentenrezepts in Deutschland. Eigentlich hätte letzteres ja ab Januar deutschlandweit eingeführt werden sollen. Heute – knapp acht Monate später – ist man davon bei unserem nördlichen Nachbarn weiter entfernt denn je. Nachdem sich Schleswig-Holstein quasi in letzter Minute zurückgezogen hat, wird ab September vorerst nur Westfalen-Lippe eine Vorreiterrolle einnehmen und mit elektronischen Medikamentenrezepten beginnen.

Wenn man Zur Rose etwas vorwerfen kann, dann höchstens, dass man sich - schon beinahe etwas naiv - auf eine reibungslose Einführung des elektronischen Medikamentenrezepts verlassen hat. Auch ich muss mich an dieser Stelle an der Nase nehmen, habe ich die Folgen der Verzögerungen doch völlig unterschätzt, als ich die Aktien Ende Dezember auf die Liste meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2022 setzte.

 

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