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Dem Swiss Market Index (SMI) bleibt eine Rückkehr auf über 10'000 Punkte auch weiterhin verwehrt. Und dennoch ist die Stimmung unter den hiesigen Marktakteuren überraschend ausgelassen. Selbst die enttäuschende Handelsbilanzstatistik Chinas für April trat am gestrigen Donnerstag keine Verkaufswelle mehr los – obwohl Importe der Wirtschaftssupermacht im Jahresvergleich stark rückläufig waren. Noch will die dortige Wirtschaft jedenfalls nicht wie erhofft aufblühen.

Das wiederum straft alle Ökonomen, die auch in anderen Weltregionen mit einer raschen wirtschaftlichen Belebung rechnen. Denn wenn schon die Chinesen keine solche herbeizaubern können – wer dann?!

Die Strategen der Bank Vontobel vergleichen die Rückkehr zur Normalität denn auch eher mit einem Marathonlauf und nicht mit einem Sprint. Sie sehen den Schweizer Aktienmarkt deshalb in eine von starken Kursausschlägen geprägte Seitwärtsbewegung übergehen.

Vor diesem Hintergrund überrascht mich nicht, dass hierzulande auch in den letzten Tagen wieder viel Geld in die Valoren vermeintlicher Krisengewinner wie Roche, Bachem, Lonza oder Tecan floss. Vermeintlich deshalb, weil sich eigentlich gar nicht richtig abschätzen lässt ob und in welchem Umfang diese Unternehmen überhaupt Profit aus der Coronavirus-Pandemie schlagen können. Gerade am Hauptsitz von Roche in Basel stellte man das in den letzten Tagen mehr als einmal in Abrede – wobei es auch darum gehen könnte, in der Öffentlichkeit Begehrlichkeiten zu wecken.

Interessant ist, dass alle diese Valoren zuletzt neue Kursrekorde schrieben. Seit dem gestrigen Donnerstag zählt auch Logitech zu dieser Handvoll von Unternehmen. Das kommt nicht von ungefähr, wird doch selbst der Peripheriegerätehersteller aus Lausanne als einer der Gewinner der Coronavirus-Pandemie gefeiert.

Die Aktien der beiden Pharmazulieferer Bachem (rot) und Lonza (grün) im Höhenrausch (Quelle: www.cash.ch)

Die Gleichung ist denkbar einfach: Heimarbeit und mehr Zeit für Konsolenspiele bedeuten zusätzliche Einnahmen für Peripheriegerätehersteller wie Logitech.

Zuletzt zogen gleich mehrere Analysten ihre Kursziele kräftig nach. Serge Rotzer von der Credit Suisse beziffert das Kursziel neu auf 52 (zuvor 47) Franken, sein Berufskollege Michael Foeth bei Vontobel gar auf 55 (zuvor 45) Franken. Beide sind sich einig: Die Aktien von Logitech sind selbst jetzt noch ein Kauf.

Dem wird der für J.P. Morgan tätige Analyst Paul Coster nicht widersprechen wollen. Auch er erhöhte das Kursziel auf 55 (48) Dollar und bekräftigte seine "Overweight" lautende Kaufempfehlung.

Keine Frage: Die jüngsten Kursrekorde laden ein, um Kasse zu machen. Und genau das macht die Teppich-Etage des Lausanner Unternehmens auch. Alleine seit Anfang Mai wurden der Schweizer Börse nach Ausübung von Mitarbeiteroptionen drei Titelverkäufe im Gesamtwert von fast 6,5 Millionen Franken gemeldet.

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass die Geschäftsleitung von Logitech schon seit Jahren immer wieder ein ziemlich feines Gespür für die eigene Aktie beweist.

Apropos feines Gespür: Mit der "Aktie der Woche" gelang Julius Bär ein Volltreffer. Wer der Erstabdeckung des Börsendebütanten SoftwareONE mit einer Kaufempfehlung und einem Kursziel von 24 Franken vom Montag Folge leistete, liegt bereits mit 15 Prozent im Plus. Der Anbieter von Software- und Cloud-Lösungen scheint den Nerv der Anleger zu treffen.

Für die Überraschung der Woche sorgte Veraison. Der für seine Einflussnahme bei Unternehmen berüchtigte Vermögensverwalter steigt mit gut 3 Prozent beim hochverschuldeten Backwarenhersteller Aryzta ein. Verhält es sich wie bei früheren Beteiligungsnahmen, dürfte der neue Grossaktionär sein Paket weiter ausbauen.

Was genau Veraison beabsichtigt, ist nicht bekannt. Mehr als die Standard-Floskel "Wir sind der Auffassung, dass die aktuelle Bewertung den fundamentalen Wert von Aryzta nicht korrekt widerspiegelt. Veraison ist vom langfristigen Wertpotential von Aryzta überzeugt" konnten meine Kollegen bei der Nachrichtenagentur AWP dem neuen Grossaktionär nicht entlocken.

Das Rezept des Vermögensverwalters ist – etwas salopp gesagt - denkbar einfach: Man nehme einen Turnaround-Kandidaten und kaufe sich unter lautem medialem Getöse ein.

Kursentwicklung der Aryzta-Aktien über die letzten drei Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Doch diesmal scheint dieses Rezept nicht aufgehen zu wollen. Denn das Kursfeuerwerk vom Mittwoch erweist sich rückblickend bestenfalls als Strohfeuer. Das Nachsehen haben die unzähligen Trittbrettfahrer, welche am Tag des medialen Getöses blindlings bei Aryzta aufsprangen.

Ähnlich wie die Aktien von Aryzta unterliegen auch jene von Dufry starken Kursschwankungen. Und auch sonst haben die Unternehmen einiges gemeinsam: Beide gelten als hochverschuldet und ächzen unter den Folgen der Coronavirus-Pandemie.

Interessant ist, dass die kräftige Beteiligungserhöhung durch den Staatsfonds des Wüstenstaats Katar völlig an den hiesigen Finanzmedien vorbeiging. Neuerdings halten die Katari 11,22 (zuvor 6,92) Prozent am Detailhandelskonzern aus Basel, wovon 9,58 Prozent über Aktien. Die Differenz dürfte auf Derivate entfallen.

Mit einem Minus von 72 Prozent zählen die Papiere von Dufry zu den diesjährigen Börsenschlusslichtern.

Für die Enttäuschung der Woche sorgte der neue ABB-Chef Björn Rosengren, schon bevor die neue Woche eigentlich richtig begonnen hatte. Gegenüber Finanzmedien skizzierte er seine Pläne für den schweizerisch-schwedischen Industriekonzern – wobei der erhoffte Paukenschlag ausblieb. Das Schlagwort Rosengrens lautet "Evolution" und nicht "Revolution".

Einmal mehr müssen sich die nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionäre von ABB in Geduld üben. Zumindest wird ihnen das Warten mit einer attraktiv hohen Dividendenrendite von 4,6 Prozent versüsst. Darüber hinaus will das Unternehmen mit dem Erlös aus dem Verkauf des Stromübertragungsgeschäfts ab diesem Sommer ja bekanntlich eigene Aktien zurückkaufen.

Was uns die kommende Woche so bringt, wissen wir am kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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