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Was war denn da am gestrigen Montagmorgen kurz nach 10 Uhr bloss los? Innerhalb weniger Sekunden gerieten die Kurse auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt ins Rutschen. Am stärksten gerieten dabei die Finanzwerte genauso wie die Zykliker unter die Räder – wobei die Verluste rasch wieder eingegrenzt werden konnten. Vermutlich lösten die europäischen Einkaufsmanager-Indizes dieses in Börsenkreisen auch als "Flash Crash" bekannte Phänomen aus. Auch von angeblichen Fehleingaben der Citigroup im Londoner Handel mit skandinavischen Aktien-Futures und anschliessenden Verwerfungen war zu hören. Den genauen Grund werden wir wohl nie erfahren. Was sich aber mit ziemlicher Gewissheit sagen lässt: So nervös wie zuletzt war die Stimmung unter den Marktakteuren schon eine ganze Weile nicht mehr.

Auch beim SMI gab es zu Wochenbeginn eine kurze Delle (Quelle: www.cash.ch)

Und das nicht ohne Grund, hinterlässt der Teuerungsschub doch erstmals auch wirtschaftliche Bremsspuren. Als ich Anfang Dezember in meiner Kolumne vor Stagflationsgefahren warnte, wurde ich noch belächelt. Mittlerweile riecht es geradezu nach dieser verhängnisvollen Kombination aus steigenden Preisen und wirtschaftlicher Flaute. Hinzu kommen die momentan eher dünnen Geldkurse. Sie machen einen "Flash Crash" überhaupt erst möglich.

Inwiefern Aktien aus Anlegersicht Schutz vor Stagflation bieten, wird sich zeigen müssen. Hiesige Unternehmen wie Sika, Holcim oder Straumann schlugen sich bisweilen recht gut. Ihnen war es möglich, höhere Herstellkosten zeitnah über Preiserhöhungen an die Kundschaft weiterzureichen. Das ist erfreulich.

Jede Bank geht mit dem Thema Stagflation übrigen wieder anders um – sofern man diese Gefahr denn überhaupt ernst nimmt. Bei der LGT Bank setzt man explizit auf Aktien von Unternehmen mit einer starken Preisgestaltungsmacht. Dazu zählen aus der Schweiz der Schokoladenproduzent Barry Callebaut, die Versicherungsgruppe Zurich Insurance sowie der Unterhaltungselektronikhersteller Logitech.

Bei den Valoren von Logitech ist man sich mit der UBS einig. Andere Vertreter aus der Schweiz sucht man auf der Empfehlungsliste vergeblich. Die grösste Schweizer Bank warnt im Gegenzug vor fehlender Preisgestaltungsmacht beim Bankensoftwareanbieter Temenos, dem Uhrenhersteller Swatch Group oder dem Aufzugsbauer Schindler. Allen drei Unternehmen sagt sie künftig Druck auf die Margen nach.

Die Strategen von Goldman Sachs um den Chefdenker Peter Oppenheimer setzen in Sachen Preisgestaltungsmacht hingegen auf den Sanitärtechnikkonzern Geberit, den Spezialitätenchemiehersteller Ems-Chemie sowie auf den Marktführer Swisscom. Im Wissen, dass es bloss drei der hiesigen Unternehmen auf die 100 Firmen starke Liste weltweit geschafft haben, ist die Ausbeute ganz schön mager.

In einem anderen Strategiepapier nennt die amerikanische Investmentbank Aktien, welche völlig unabhängig von der allgemeinen Börsenentwicklung satte Kursgewinne versprechen. Zu diesen zählen die Valoren von ABB ("Conviction Buy" mit einem 12-Monats-Kursziel von 38 Franken), Novartis ("Conviction Buy" mit einem 12-Monats-Kursziel von 105 Franken) sowie Richemont ("Conviction Buy" mit einem 12-Monats-Kursziel von 38 Franken).

Wie der Industriekonzern ABB und der Pharmahersteller Novartis in den ersten drei Monaten dieses Jahres abgeschnitten haben, ist seit letzter Woche bekannt. Bei Richemont müssen sich die Aktionärinnen und Aktionäre noch bis zum 20. Mai in Geduld üben. Erst dann legt der Luxusgüterkonzern seinen Zahlenkranz vor. Verhält es sich wie bei früheren Gelegenheiten, wird das Unternehmen dank der Schmucktochter Cartier brillieren können.

Die Swisscom-Aktien kratzen an den langjährigen Höchstkursen von Ende 2014 (Quelle: www.cash.ch)

In selben Strategiepapier schneiden Swisscom und Geberit übrigens gar nicht gut ab. Die Autoren um den Strategen John Sawtell rechnen bei den Valoren des Telekommunikationsunternehmens und des Sanitärtechnikkonzerns selbst in steigenden Märkten mit Kursverlusten. Dieser Umstand spiegelt sich auch in den 12-Monats-Kurszielen von 450 und 458 Franken sowie in den offiziellen Verkaufsempfehlungen wider. Da überrascht schon ziemlich, dass beide Unternehmen im ersten Strategiepapier von Goldman Sachs punkten können.

Neugierig wie ich bin, werde ich diese Empfehlungen in den nächsten Wochen und Monaten mal etwas genauer im Auge behalten.

 

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