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Unter Firmenchef Mark Schneider hat sich Nestlé innerhalb weniger Jahre zu einer Erfolgsgeschichte gemausert, die in der Schweiz ihresgleichen sucht. Wie schon bei seinem früheren Arbeitgeber Fresenius verstand es Schneider auch den Nahrungsmittelhersteller aus Vevey auf wachstumsstarke und lukrative Geschäftsfelder auszurichten.

Doch trotz diesen Erfolgen und milliardenschweren Aktienrückkäufen erwiesen sich die vergangenen Jahre unter dem Strich als ein Nullsummenspiel für die Aktionärinnen und Aktionäre. Mit etwas weniger als 100 Franken sind die Aktien von Nestlé in etwa für denselben Preis zu haben wie im Frühling 2019. Ziemlich ernüchternd – wohl auch aus Sicht des Firmenchefs.

Und nun trifft auch noch eine Verkaufsempfehlung aus London ein. Der dort beheimatete Analyst David Hayes von Jefferies stuft das SMI-Schwergewicht von "Hold" auf "Underperform" herunter. Beim Kursziel setzt er ebenfalls den dicken Korrekturstift an und streicht dieses auf 86 (zuvor 115) Franken zusammen.

Kursentwicklung der Nestlé-Aktien seit Januar (Quelle: www.cash.ch)

Wie Hayes schreibt, dürfte künftig vor allem das US-Geschäft sowie das lukrative Geschäft mit Tiernahrung darüber entscheiden, in welche Richtung sich die Kurse entwickeln. Während er in den USA mit rückläufigen staatlichen Lebensmittelgutscheinen und einem ziemlich intensiven Wettbewerb unter den dortigen Nahrungsmittelherstellern rechnet, geht er im Geschäft mit Tiernahrung nach wachstumsstarken Jahren zusehends von einer Sättigung aus.

Lange Rede, kurzer Sinn: Der Jefferies-Analyst sieht Nestlé auf längere Sicht nicht nur an den eigenen Wachstumsvorgaben vorbeischrammen, sondern auch bei den Margen enttäuschen. Interessant ist, dass diese Erkenntnis erst jetzt reift, da die Aktien des Nahrungsmittelherstellers seit Januar gut 7 Prozent verloren haben und sich auf der diesjährigen SMI-Rangliste auf dem drittletzten Platz wiederfinden.

Die Gründe für die Verkaufsempfehlung dürften übrigens nicht Nestlé-spezifischer Natur sein, werden die Valoren des niederländischen Rivalen Unilever in der mir zugespielten Branchenstudie doch sogar von "Buy" auf "Underperform" abgewatscht und das Kursziel auf 37,60 (zuvor 57,80) Euro zusammengestrichen.

Ebenfalls eine geradezu spektakuläre Verkaufsempfehlung trifft für das diesjährige SMI-Schlusslicht Lonza ein. Er sei in seinem Glauben an den Pharmazulieferer gleich in mehrfacher Weise erschüttert worden, so begründet der für die Royal Bank of Canada tätige Analyst Charles Weston seine Kehrtwende von "Outperform" auf "Underperform". Neuerdings kommt er nur noch auf ein Kursziel von 270 (zuvor 705) Franken.

Aufstieg und Fall der Aktien von Lonza über die letzten Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Der Analyst zeigt sich von der Abfolge von Gewinnwarnungen und Zielreduktionen seitens des Unternehmens selbst zutiefst enttäuscht. Auch daran, dass noch immer kein neuer Firmenchef gefunden werden konnte, stösst er sich.

Am Beispiel von Lonza zeigt sich einmal mehr eindrucksvoll, wie pro-zyklisch die Aktien-Analyse der Banken eigentlich ist. Im Spätsommer 2021 bei Kursen von 750 Franken galten die Basler als Börsenüberflieger. Kaum ein Analyst, welcher die Valoren damals nicht wärmstens zum Kauf anpries. Heute – zweieinhalb Jahre später und mehr als 400 Kursfranken tiefer – macht die Bankenwelt zumindest gefühlt einen grossen Bogen um ein-und-dieselben Aktien.

Anders verhält es sich beim Schwergewicht Nestlé. Dieses wird auch heute noch von einem Gros der Analysten zum Kauf empfohlen. Doch obschon die Kursziele mit 125 bis 130 Franken mittlerweile weit über den letztbezahlten Kursen liegen, greift kaum jemand zu. Das lässt ein blosses Lippenbekenntnis hinter den vielen Kaufempfehlungen vermuten

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