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Am vergangenen Donnerstag nun ging in den Redaktionen hiesiger Wirtschaftsmedien ein Schreiben ein, in dem alte und neue Vorwürfe gegen Meyer Burger aufgerollt wurden. Absender: Der Schweizerische Anlegerschutzverein.

Obwohl das Solarunternehmen die Anschuldigungen noch am selben Tag entschieden zurückwies, verfehlte das Schreiben seine Wirkung nicht und setzte den Aktien sichtlich zu. Um fast 10 Kursprozente ging es für diese seit Mittwochabend nach unten.

Die Reaktion der Börse überrascht, liess sich dem Schreiben doch entnehmen, dass der Schweizerische Anlegerschutzverein erst vor drei Wochen gegründet wurde – und die Initiantin keine Unbekannte ist: Gisèle Vlietstra.

Doch von Anfang an: Der Juni war erst wenige Tage alt, als ich davon berichtete, dass in den Redaktionen von Wirtschaftsmedien ein mehrere Seiten starkes Schreiben aus Monaco eingegangen und dieses auch dem einen oder anderen Aktienanalysten zugespielt worden sei. Absender war Wolfgang Eichhorn, der im Schreiben nicht mit Kritik am neuen Geschäftsmodell von Meyer Burger geizte. Angesichts des geradezu erdrückenden Wettbewerbs aus Asien sei das Solarunternehmen – wie zuvor schon die deutsche Solarworld – dem Untergang geweiht, war da in etwa zwischen den Zeilen zu lesen. Mit diesem kleinen aber feinen Seitenhieb dürfte Eichhorn darauf angespielt haben, dass Meyer Burger mittlerweile in den ehemaligen Fabrikhallen von Solarworld produziert.

Kursentwicklung der Meyer-Burger-Aktie in den letzten fünf Handelstagen (Quelle: www.cash.ch)

Ich vermutete schon damals eine gezielte Kampagne gegen das Unternehmen – und das zu einem Zeitpunkt, als weder die Kreditvereinbarung mit den Konsortialbanken in trockenen Tüchern war, noch auch nicht nur im Ansatz an eine Aufnahme von zusätzlichen Eigenmitteln über einer Wandelanleihe und die Platzierung neuer Aktien zu denken war.

Auf mich wirkte die Kritik insofern befremdlich, als dass Eichhorn in der Rolle des Investors die Bilanzsanierung von Meyer Burger und damit auch die künftige Strategie weniger als ein Jahr zuvor einst ohne zu murren mitgetragen hatte. Ausserdem gab und gibt es da ja auch noch die geschäftlichen Anknüpfungspunkte zwischen dem gebürtigen Österreicher und dem nicht mehr zur Wiederwahl angetretenen Meyer-Burger-Verwaltungsrat Urs Fähndrich.

So wurde im seinerzeitigen Prospekt zur Kapitalerhöhung nicht nur der Teutonia Opportunity Fund, sondern auch die Panebo Holding AG als mit Fähndrich verbundene Gesellschaft aufgeführt. Wirtschaftliche Eigentümer sind – so will es zumindest das luxemburgische Handelsregister – sowohl Fähndrich als auch Eichhorn. Zudem sind die beiden besagten Personen über die Mega Farms AG miteinander verbandelt, wie aus einem mir vorliegenden Gutachten eines Wirtschafts-Forensikers hervorgeht.

Indem Meyer Burger den Anschuldigungen im Juni mit einer Gegendarstellung begegnete, gelang es dem Solarunternehmen, die Wogen zu glätten.

Allerdings richtete sich eben mit Gisèle Vlietstra schon wenige Tage später eine weitere ehemalige Grossaktionärin in einem Schreiben an die Öffentlichkeit. Ihre darin geäusserte Kritik galt nicht nur dem Unternehmen, sondern auch Sentis Capital als grösstem Einzelaktionär von Meyer Burger. Um ihrem Schreiben das nötige Gewicht zu verleihen, hielt Vlietstra darin fest, kurz nach der Kapitalerhöhung 2 Prozent an Meyer Burger besessen zu haben.

Obwohl – oder gerade weil - das Solarunternehmen auch diesen Vorwürfen bestimmt entgegen trat, liess die ehemaligen Grossaktionärin nicht locker. Zuletzt im Namen des Schweizerischen Anlegerschutzvereins.

Bei einem der Kritikpunkte Eichhorns und Vlietstras dreht sich alles um die unüblich späte Veröffentlichung des Protokolls der diesjährigen Generalversammlung vom 4. Mai. Dieses wurde erst am 9. Juli auf der Webseite aufschaltet.

Neugierig wie ich bin, habe ich das GV-Protokoll noch selbentags genauestens studiert. Auf Brisantes bin ich dabei zwar nicht gestossen. Vergebens war meine Mühe trotzdem nicht, machte ich im Anhang des auf der Firmenwebseite öffentlich zugänglichen Protokolls doch eine andere Entdeckung: Neben Gisèle Vlietstra reichte mit Ewald Oberhammer auch ein österreichischer Rechtsanwalt auf die Generalversammlung hin eine E-Mail mit denselben kritischen Fragen (und sogar denselben Rechtschreibefehler) für den Verwaltungsrat ein.

Da der besagte Rechtsanwalt dabei wohl vergass, die Betreffzeile abzuändern, traf die E-Mail mit dem Betreff "WG: Eichhorn" bei Meyer Burger ein. Alles bloss Zufall? 

Ich habe mich in den letzten Wochen eingehend mit den bisher vorgebrachten Vorwürfen auseinandergesetzt, und darf sagen, dass sich diese entweder durch das Unternehmen selber, oder aber durch den Grossaktionär Sentis glaubwürdig entkräften liessen. Seien es nun jene rund um das neue Geschäftsmodell und die Preisgestaltung, die angebliche Bevorzugung von Aktionären bei der kürzlich durchgeführten Kapitalerhöhung und Emission einer Wandelanleihe oder aber rund um angebliche Meldepflichtverletzungen beim Verkauf von Aktien durch Sentis. Umso mehr gehe ich von einer gezielten Kampagne gegen Meyer Burger aus.

Und ich bin mit dieser Meinung nicht alleine. In einem Kommentar kommt Jefferies-Analyst Constantin Hesse zu einem ähnlichen Schluss. Er hält die jüngsten Kursverluste für übertrieben und bekräftigt sowohl seine Kaufempfehlung als auch das Kursziel von 80 Rappen. Ähnlich liest sich ein Kommentar aus den Handelsräumen von Goldman Sachs. Obwohl die amerikanische Investmentbank das Solarunternehmen offiziell gar nicht mitverfolgt, sieht sie in der momentanen Kursschwäche eine günstige Kaufgelegenheit.

Interessant ist, dass es aber Urs Fähndrich war, der mich mehrmals auf dem elektronischen Weg auf die im Raum stehenden Vorwürfe "aufmerksam" machte. Da stellt sich mir doch die Frage: Wieso tut ein ehemaliger Verwaltungsrat und Aktionärsvertreter so etwas...?

Und seit ich weiss, dass der Briefkasten des eben erst gegründeten Schweizerischen Anlegerschutzvereins in Sankt Gallen auch den Namen des Geschäftsführers des Teutonia Opportunity Fund trägt, frage ich mich das noch viel mehr.

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