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Citius, altius, fortius – so die Maxime der Olympischen Spiele. Aus dem Latein übersetzt heisst das in etwa so viel wie: Schneller, höher, mutiger.

Und obwohl alles danach aussieht, als ob die Olympischen Sommerspiele in Tokio erneut abgesagt werden, sind diese drei Adjektive aktueller denn je – wenn auch nur an den Aktienmärkten.

Gerade in angelsächsischen Kreisen scheint man sich diese olympische Maxime verinnerlicht zu haben. Mit immer noch höheren Kurszielen versuchen sich die Analysten von dort gegenseitig zu überbieten. Nur wer am lautesten "Kaufen!" schreit, wird überhaupt noch gehört. Alle anderen gehen im euphorischen Grundlärm des Börsengeschehens unter.

Das dachte sich vermutlich auch Ashley Wallace von Merrill Lynch, als die Luxusgüteranalystin am Freitagnachmittag das Kursziel für die Aktien von Richemont auf 110 (zuvor 100) Franken erhöhte und ihre Kaufempfehlung bestätigte. Als ob die Papiere des Luxusgüterherstellers nicht schon gut gelaufen wären, lässt Wallace keine Zweifel daran, dass die Neubewertung noch immer in den Kinderschuhen steckt. Ihres Erachtens sind die operativen Gewinnschätzungen vieler ihrer Berufskollegen für die zweite Jahreshälfte womöglich um bis zu 30 Prozent zu tief angesetzt.

Wie aus den Handelsräumen von Morgan Stanley zu hören ist, sei das Interesse seitens grosser Kunden an diesen Aktien trotz starkem Weihnachtsquartal überraschend gering. Einige Leerverkäufer hätten in den letzten Tagen sogar neue Wetten gegen Richemont aufgebaut, so heisst es weiter.

Die Citigroup-Analystin Asiya Merchant hingegen ist von Logitech ganz angetan. Das dürfte weniger mit dem charismatischen Firmenchef Bracken Darrell, als vielmehr mit dem beeindruckend starken Tagesgeschäft des Lausanner Unternehmens zu tun haben. Auf Basis des vorliegenden Zahlenkranzes für das Weihnachtsquartal erhöht die Analystin ihre Gewinnschätzungen um bis zu 58 Prozent. Dadurch steigt das Kursziel für die mit "Buy" eingestuften Aktien auf 130 (zuvor 110) Dollar, was umgerechnet rund 115 Franken entspricht.

Die Freude an Kursen von 100 Franken und mehr hielt bei den Logitech-Aktien nur kurz (Quelle: www.cash.ch)

Das höchste momentan ausstehende Kursziel lautet übrigens 118 (zuvor 105) Franken und geht auf das Konto des für Goldman Sachs tätigen Analysten Alexander Duval. Auch für ihn bleibt der Börsenüberflieger trotz dem zuletzt starken Lauf "ein Muss".

HSBC-Analyst John Fraser-Andrews stuft in einer umfangreichen Branchenstudie die Aktien von Sika von "Hold" auf "Buy" herauf und veranschlagt neuerdings ein Kursziel von 339 (zuvor 217) Franken. Seine Schätzungen erhöht er allerdings nur geringfügig. Fraser-Andrews feiert den Bauchemiehersteller als einer der grossen Gewinner strengerer Energieeffizienzvorgaben im Gebäudebau. Noch ist das eher Zukunftsmusik, dürfte die entsprechende Gesetzesvorlage doch frühestens ab 2023 zur Anwendung kommen. Dennoch traut er den Papieren von Sika über die nächsten 12 Monate ein Aufwärtspotenzial von fast 40 Prozent zu. Dass diese in den letzten zwei Jahren bereits zu den Gewinnern aus dem Swiss Market Index (SMI) zählten, scheint den Analysten weder zu beeindrucken, noch von seiner Kaufempfehlung abzubringen.

Der Kurs der Sika-Aktien hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als verdoppelt (Quelle: www.cash.ch)

Diese Liste liesse sich beliebig ausbauen – beispielsweise um Analystenstimmen zu Zur Rose. Bei den Valoren der Versandapotheke sind Kursziele von 500 Franken und mehr keine Seltenheit mehr.

Um noch einmal auf die olympische Maxime "citius, altius, fortius" zurückzukommen: Viel Mut verlangen abenteuerlich hohe Kursziele den Analysten nicht ab. Das Risiko tragen schliesslich nicht sie, sondern jene Anleger, die sich von solch aggressiven Kaufempfehlungen zum Einstieg verleiten lassen.

Liegt ein Analyst falsch, dann zückt er den Korrekturstift. Liegt hingegen ein Anleger falsch, kann das ganz schön ins Geld gehen...

 

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