In New York wurde die vorläufige Einigung im US-Haushaltsstreit mit einer Neujahrshausse gefeiert. Nachdem sich die Demokraten und die Republikaner in letzter Minute doch noch zu einem Kompromiss durchringen konnten, stieg der S&P-500-Index innerhalb von nur zwei Handelstagen um nicht weniger als 3,7 Prozent.

Die vom Seilziehen zwischen den beiden politischen Lagern rund um den US-Staatshaushalt ausgehenden Unsicherheiten sind vorerst zwar vom Tisch. Doch schon in den kommenden Wochen dürfte der Streit über eine Anhebung der Schuldenobergrenze wieder entbrennen und automatische Ausgabenkürzungen ab dann auch wieder zu einem Thema für die Märkte werden. Die Politik hat sich mit dem jüngsten Kompromiss bestenfalls etwas Zeit erkauft.

Mich freut die Neujahrshausse an der Wall Street genauso wie sie mich überrascht. Sorgen bereitet mir vor allem der Stimmungsumschwung bei den Aufsichtsräten und Geschäftsleitungsmitgliedern amerikanischer Unternehmen. Fielen diese firmennahen Kreise noch vor Monatsfrist als Käufer in den eigenen Aktien auf, so sind mittlerweile grössere Abgaben aus diesem Lager auszumachen.

Bei den an der New York Stock Exchange (NYSE) kotierten Unternehmen trennten sich firmennahe Kreise Ende Dezember für jede gekaufte Aktie von 7 Aktien. Noch vor wenigen Wochen war das Verhältnis zwischen Käufern und Verkäufern nahezu ausgeglichen.

Der Durchschnitt der vergangenen 20 Jahre liegt bei 3,4 verkauften je gekauften Aktien. Da viele Aufsichtsräte und Geschäftsleitungsmitglieder zumindest teilweise in eigenen Aktien oder mit Bezugsrechten entschädigt werden, erstaunt es nicht, dass firmennahe Kreise grundsätzlich als Nettoverkäufer in Erscheinung treten. In der Vergangenheit signalisierte ein Verhältnis von 7 verkauften je gekaufte Aktie eine unmittelbar bevorstehende Korrektur. Es bleibt abzuwarten, ob die Aufsichtsräte und Geschäftsleitungsmitglieder mit ihrer Zurückhaltung auch diesmal wieder richtig liegen. Ich für meinen Teil werde die weitere Entwicklung dieser wöchentlich erscheinenden Statistik jedenfalls genauestens im Auge behalten.

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Die Namenaktien von Schmolz+Bickenbach stehen am Donnerstag im Zentrum von Übernahmespekulationen. Aufgrund von Hinweisen aus der Branche berichtet das «Handelsblatt» in einem gestern erschienenen Artikel von Interesse aus der Private Equity Industrie.

Auf Turnaround-Situationen spezialisierte Firmen wie Apollo oder Triton könnten sich über die im vergangenen Mai herausgegebene Anleihe engagieren und eine Umschuldung erzwingen. Mittels eines Umtauschs von Fremd- in Eigenkapital könne sich ein Käufer so einen Stimmrechtsanteil von bis zu 43 Prozent sichern. In einem zweiten Schritt sei möglich, dass den Publikumsaktionären ein Übernahmeangebot unterbreitet werde, so der Verfasser des Artikels weiter.

Nach einer massiven Umsatz- und Gewinnwarnung sahen sich die kreditgebenden Banken zu einer Aussetzung des vertraglich vereinbarten Schwellenwerts für die Nettoverschuldung zum EBITDA veranlasst. Schmolz + Bickenbach hat damit voraussichtlich bis Ende März Zeit gewonnen.

Aus heutiger Sicht dürften die kreditgebenden Banken den Hersteller von Edelstahl einmal mehr zu einer Stärkung der Eigenkapitalbasis drängen. Aufgrund der starken Position des Hauptaktionärs droht den Publikumsaktionären nicht zum ersten Mal Ungemach. Schon in der Vergangenheit gingen Bilanzsanierungsmassnahmen mehrheitlich zu Lasten der leidgeplagten Publikumsaktionäre.

In ihrer Hoffnung sollten sich die Aktionäre von Schmolz + Bickenbach nicht zu sehr an einen sich abzeichnenden Einstieg von Unternehmen aus der Private Equity Industrie klammern. Denn einem Kommentar aus dem Handel der MainFirst Bank entnehme ich, dass eine Umwandlung der ausstehenden Anleihe in Aktien zu einer Verwässerung von 50 bis 60 Prozent führen könnte. Bankeigenen Schätzungen zufolge werde das Unternehmen im laufenden Jahr einen EBITDA von 167 Millionen Euro erzielen. Auf Basis des sechsfachen EBITDA errechne sich ein Wert von rund einer Milliarde Euro. Dem stünden Nettoschulden von 824 Millionen Euro sowie Vorsorgeverpflichtungen von 223 Millionen Euro gegenüber. Deshalb gehe der Minderheitsaktionär voraussichtlich sogar leer aus.

Kein Wunder also, notieren die Aktien von Schmolz + Bickenbach am frühen Donnerstagnachmittag bereits wieder deutlich unter den kurz nach Handelsbeginn erreichten Tageshöchstständen bei 3,70 Franken. Aufgrund der für die Publikumsaktionäre hohen Risiken bleibe ich bei meiner vorsichtigen Haltung für die Papiere. Ein Einstieg bietet sich meines Erachtens frühestens kurz vor der Umsetzung der in Zukunft zu erwartenden Bilanzsanierungsmassnahmen an. Bis dahin dürfte am Hauptsitz von Schmolz + Bickenbach in Emmenbrücke aber noch viel Wasser die Emme hinab fliessen.