Der Bitcoin notiert am späten Mittwochnachmittag bei rund 28'660 Dollar und damit ziemlich genau auf dem gleichen Stand wie vor einer Woche. Seit nunmehr einem Monat konsolidiert der Bitcoin knapp unter der Marke von 30'000 Dollar. Anlegerinnen und Anleger bleiben wegen der anstehenden Fed-Zinsentscheidung vorerst in der Deckung. 

Kursziel beim Bitcoin bleibt bei 50'000 Dollar Ende 2024

Die zu Jahresbeginn losgetretene Bitcoin-Rally dürfte allerdings noch nicht vorüber sein. Reto Stiffler von Crypto Consulting sieht den fairen Wert von Bitcoin im Moment bei 35'000 Dollar - das ergibt gegenüber dem aktuellen Kurs ein Aufwärtspotenzial von 22 Prozent. Das von ihm im Interview mit cash.ch hier ausgerufene Kursziel von 50'000 Dollar per Ende 2024 sei weiterhin intakt.

Allerdings steht dieses Ziel nur unter der Annahme, dass "die erwarteten Realzinsen für 10-jährige US-Staatsanleihen von momentan 1,3 Prozent auf 1,0 Prozent sinken und die Geldmenge um 5 Prozent pro Jahr steigen wird. Derzeit ist das Wachstum der Geldmenge allerdings negativ. 

Ausgeschlossen werden kann eine weitere Kurskorrektur oder Stagnation im Moment nicht. Es fehlt der Impuls, den Bitcoin derzeit nachhaltig über die Marke von 30'000 Dollar zu drücken, auch wenn die Netzwerk-Aktivitäten für Kryptowährungen immer noch gut sind im Moment. Die Nervosität dürfte diese Woche sicherlich noch bleiben, wie Noelle Acheson, die Krypto-Expertin und ehemalige Managing Director Research von Coindesk, in einem Bericht schreibt.

"Die Bitcoin- und Ethereum-Märkte sind im Moment nervös. Dies nicht nur wegen der jüngsten Korrektur, es ist eine allgemein schwierige Atmosphäre des Wartens auf einen Ausbruch nach oben oder unten. Viel hängt von der allgemeinen Risikostimmung ab, die wiederum vom Fed-Zinsentscheid und den US-Beschäftigungsdaten am Freitag abhängt", so Acheson weiter.

Seit Anfang des Jahres verweisen immer mehr Marktkommentatoren auf die normalen Faktoren, welche nicht nur die Aktienmärkte, sondern auch den Bitcoin bewegen. Die Daytrader lassen sich durch die aktuelle Nervosität aber nicht einschüchtern. Diese tendieren derzeit dazu, in Schwächephasen zu kaufen - "Buy the Dip" auf Englisch. Allerdings sind sich die meisten Daytrader auch nicht sicher, ob die nächste Rally definitiv über 30'000 Dollar hinausgeht, und deshalb sind Kurskorrekturen aufgrund von Gewinnmitnahmen jederzeit an der Tagesordnung. 

Die Schweizer Seba Bank ist für den Moment wenig zuversichtlich und erwartet vorderhand eine Seitwärtsbewegung in engen Bandbreiten. Die Bank sieht das kurzfristige Aufwärtspotenzial für Bitcoin bei 29'500 Dollar begrenzt. Auf der anderen Seite sei es möglich, dass der Bitcoin wieder auf 27'500 sinken könnte.

Ein neuer Über-Bulle taucht neben Cathie Wood auf

Die Gründerin von ARK-Invest, Cathie Wood, sieht den Bitcoin weiterhin bei einem Stand von 1 Million Dollar per Ende 2030. Eine noch gewagtere Prognose geht Jesse Myers ein, der jüngst mit einer Bitcoin-Prognose von 10 Millionen Dollar auf sich aufmerksam machte. So utopisch das Ziel erscheinen mag, Myers Argumentation hat aus Sicht eines Bitcoin-Enthusiasten Hand und Fuss. Für Myers ist Bitcoin das Tool zur Vermögensverwahrung und -sicherung schlechthin - ähnlich wie das Gold für traditionelle Anleger ist.

Zum gelben Edelmetall macht Myers aber einen entscheidenden Unterschied aus, denn bei Gold trage der weltweite Bergbau etwa 2 Prozent pro Jahr zu einem zusätzlichen Angebot bei. Werde dies in Relation gestellt zu den aktuell abbaubaren Goldvorkommen mit einem Wert von 12 Billionen Dollar, dann muss der Anlagemarkt für Gold jedes Jahr rund 240 Milliarden Dollar an neuem Angebot absorbieren - nur damit der Goldpreis dort bleibt, wo er ist. "Dieser Abwärtsdruck auf den Goldpreis wirkt wie die Schwerkraft und hält die Bewertung von Gold durch die Realitäten von Angebot und Nachfrage eingeschränkt", so Myers.

Ganz anders sieht das beim Bitcoin aus. Heute kommen rund 1,8 Prozent neue Bitcoins pro Jahr hinzu, 2024 sind es noch 0,9 Prozent und im Jahr 2028 0,45 Prozent. Das heisst, die Menge an neu ausgegebenen Bitcoins schrumpft immer weiter, bis die finale Menge Bitcoins, die jemals im Umlauf sein wird, im Jahr 2034 gemäss untenstehender Grafik erreicht sein wird.

Ab 2034 bleibt die Menge ausgegebener Bitcoins gleich (Jesse Myers, 2023).

Ab 2034 bleibt die Menge ausgegebener Bitcoins gleich (Jesse Myers, 2023).

Quelle: ZVG

"Daher schrumpft die Variable, die normalerweise die Bewertung von Rohstoffen einschränkt, im Laufe der Zeit auf Null. Das bedeutet wiederum, dass die Preisobergrenze von Bitcoin letztendlich von etwas anderem bestimmt wird: wie attraktiv Bitcoin im Vergleich zu anderen Wertaufbewahrungsmitteln ist", erläutert Myers.

Stifler sagt zu den hohen Kursprognosen, dass er schon froh sei, wenn eine passable Schätzung für die nächsten 3 Jahre gelingt. "Die Adoption von neuen Technologien geschieht meistens entlang einer S-Kurve. Rein aufgrund dieser erwarteten Adoption kommen wir eher auf einen Wert von 200'000 USD im Jahr 2030." Damit der faire Wert in unserem Modell auf 1 Mio. USD steigen würde, müssten die erwarteten Realzinsen stark negativ tendieren und gleichzeitig die Geldmenge im Schnitt um mehr als 20 Prozent steigen. Das heisst für Stiffler, dass die Kaufkraft des Dollar massiv einbrechen müsste.

Utopisch ist der Gedanke an eine grosse Dollarabwertung nicht. Der Budgetstreit in den USA könnte der Auslöser für ein solches Ereignis sein, sollte es den Republikanern und Demokraten im Weissen Haus, Senat und Repräsentantenhaus nicht gelingen, rasch eine Lösung zu finden. Denn die Uhr tickt, weil der US-Regierung gemäss Finanzministerin Janet Yellen das Geld nicht wie zuvor erwartet im Juli ausgehen dürfte, sondern bereits in der ersten Juni-Woche. 

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren