Neben Europas grösstem Chemiekonzern BASF, dem Baustoffhersteller Holcim, der Reederei Hapag-Lloyd und anderen meldete auch Mercedes-Benz einen Gewinnsprung und erhöhte seine Gewinnprognosen für dieses Jahr.

Selbst angesichts steigender Energie- und Rohstoffkosten und einer Inflation, die die Wirtschaftsaussichten massiv belastet, haben Volkswagen und Stellantis die Gewinnerwartungen übertroffen und mitgeteilt, dass die Auftragsbücher für ihre Modelle prall gefüllt seien.

Die Ergebnisse stehen in starkem Kontrast zu der Welle düsterer Wirtschaftsnachrichten, die Europa überrollt, während Russland weiterhin die Gasversorgung des Kontinents drosselt, was die Inflation anheizt und die Produktion verschiedenster Güter gefährdet. Die Hersteller hatten ein gemeinsames Thema: Die Nachfrage nach ihren Autos, Chemikalien und Industriematerialien ist trotz sinkender Frühindikatoren wie Geschäfts- und Verbrauchervertrauen robust geblieben.

Folgt der Kater?

Bislang konnten sie die höheren Produktionskosten an ihre Kunden weitergeben. Doch angesichts der rekordverdächtigen Inflation und der steigenden Zinssätze ist nicht klar, wie lange das noch funktioniert.

"Die Situation scheint paradox: hohe Gewinne in Kombination mit hoher Unsicherheit und steigenden Kosten", sagte Klaus Wohlrabe, Leiter des Bereichs Konjunkturumfragen am Ifo-Institut in München, der bezweifelt, dass die Situation von Dauer sein wird. "Die Menschen werden anfangen zu sparen, statt in den Urlaub zu fahren oder ein neues Auto zu kaufen, und die Gas- und Energierechnungen müssen erst einmal bezahlt werden. Es kann sein, dass auf die sehr guten Quartalsergebnisse in einigen Fällen ein Kater folgt." 

Insbesondere die Automobilhersteller, bei denen sich die Halbleiterknappheit erst vor kurzem zu entspannen begann, werden immer noch nicht in der Lage sein, Autos schnell genug zu produzieren, um die Kundenwünsche zu erfüllen oder ihre Auftragsbücher schnell abzuarbeiten. Bei der Bekanntgabe der Ergebnisse für das zweite Quartal erklärte Volkswagen, dass die Bestellungen für Audi so hoch seien, dass die Kunden auf einige Modelle bis zu ein Jahr warten müssten.

Es droht eine Gasrationierung

"Wir waren noch nie in einer derartigen Situation, in der die Produktion so stark durch das Angebot eingeschränkt ist", sagte Volkswagen-Finanzvorstand Arno Antlitz am Donnerstag. "Selbst wenn sich die Nachfrage in der zweiten Jahreshälfte abschwächt, haben wir immer noch genügend Spielraum" dank der vollen Auftragsbücher, so Antlitz.

Angesichts der fortgesetzten Drosselung der europäischen Gasversorgung durch Russland können die guten Ergebnisse des zweiten Quartals und die rosigen Prognosen bis Ende 2022 kaum über die Gefahr härterer Zeiten hinwegtäuschen. Während die Automobilhersteller die Folgen eines allgemeinen Wirtschaftsabschwungs zu spüren bekommen werden, droht den Industrieunternehmen im Falle eines Engpasses bei der Gasversorgung eine Rationierung.

BASF senkt Kosten – Faurecia legt 100 Millionen zurück

Die BASF senkt bereits ihre Kosten, um sich auf einen wirtschaftlichen Abschwung vorzubereiten und plant, ihre gasintensive Ammoniakproduktion zu verringern. Zur Strom- und Dampferzeugung am Standort Schwarzheide wird das Unternehmen auf Heizöl zurückgreifen. Im Zuge der Senkung des Verbrauchs erwägt der Chemiekonzern auch den Verkauf von ungenutztem Erdgas, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten.

Der französische Automobilzulieferer Faurecia hat 100 Millionen Dollar zurückgelegt, um angesichts drohender Engpässe einen "Sicherheitsvorrat" an Energie anzulegen.

Für die Autobauer ist die Lage kompliziert. Die Verkäufe in Europa sind im letzten Jahr stark zurückgegangen, aber Mercedes, Volkswagen, BMW und andere haben ihre Gewinne in die Höhe getrieben, indem sie die Produktion von Modellen mit den höchsten Gewinnen vorgezogen haben, während die Halbleiterknappheit und die Massnahmen gegen Covid zu Schliessungen von Fabriken geführt haben.

"Die Preisgestaltung und der Produktmix bleiben der Hauptgrund" für die über den Erwartungen liegenden Gewinne der Automobilhersteller, so Stifel-Analyst Daniel Schwarz. "Die Schlüsselfragen für 2023 bleiben: Wann wird sich das Angebot endlich erholen, und werden Nachfrage und Preisgestaltung in einem Rezessionsszenario standhalten?"

Stellantis teilte am Donnerstag mit, man gehe nun davon aus, dass der gesamte europäische Markt bis Ende des Jahres um 12 Prozent schrumpfen werde, nachdem zuvor nur ein Rückgang von 2 Prozent erwartet worden war.

Getrübte Ergebnisse

Wie auch bei anderen grossen Herstellern wurden die positiven Ergebnisse durch die Besorgnis über die hohe Inflation, Probleme in der Lieferkette und eine schwierigere Energieversorgung getrübt. Die Autohersteller haben weiterhin mit knappen Chips zu kämpfen. Die meisten berichten zwar von Anzeichen, dass sich die Situation entspannt, aber es ist noch lange nicht ausgemacht, dass sie genügend der Komponenten beschaffen können.

"Es ist immer noch beeindruckend zu sehen, dass die Autohersteller ihr Preisgefüge weiterhin so stark anheben, auch wenn die Volumina nicht erreicht werden", sagt Ariane Hayate, Fondsmanagerin bei Edmond de Rothschild Asset Management in Paris. "Die Ergebnisse liegen deutlich über den Erwartungen, aber die makroökonomische Unsicherheit wird diesen sehr zyklischen Sektor weiterhin belasten."

(Bloomberg)