Der EuroStoxx 50 weitete nach einem schwachen Start seine Verluste mit den EZB-Aussagen massiv aus und schloss 3,51 Prozent tiefer bei 3835,70 Punkten. Damit fiel der Eurozonen-Leitindex auf den tiefsten Stand seit rund fünf Wochen. Für den französischen Cac 40 ging es um 3,09 Prozent auf 6522,77 Punkte bergab. Der britische FTSE 100 hielt sich indes mit einem Abschlag von 0,93 Prozent auf 7426,17 Zähler deutlich besser.
"Die EZB stellt alle Signale auf restriktiv", kommentierte Volkswirtin Metal Mehta von Legal & General Investment Management. Sie schliesse aus Sorge um die Inflation zu anderen Zentralbanken auf, die ebenfalls die Zügel angezogen hätten. Denn neben weiteren Zinsanhebungen sollen die Anleihebestände von März an schrittweise zurückgefahren werden. Zudem hob die EZB ihre Inflationserwartungen für die kommenden zwei Jahre zum Teil deutlich an, während sie die Prognose für das Wachstum im Euroraum senkte.
"Damit wird das so gefürchtete Stagflationsszenario ein gutes Stück wahrscheinlicher", befürchtet Thomas Altmann, Portfoliomanager bei QC Partners. Ernst werde es zudem, sobald die Rückzahlungsbeträge aus fälligen Anleihen nicht mehr vollständig reinvestiert würden und so dem Markt Liquidität entzogen werde.
Neben diesen für die Börsen negativen Neuigkeiten schlugen zudem eine Reihe schwacher Wirtschaftsdaten aus den USA ins Kontor, die laut Marktbeobachter Andreas Lipkow auf eine deutliche Konjunkturabkühlung der weltgrössten Volkswirtschaft deuten.
Im europäischen Branchenvergleich gab es am Donnerstag nur Verlierer. Mit am besten hielten sich noch die als defensiv geltenden Telekommunikations-, Versorger- und Medizintitel, deren Subindizes im marktbreiten Stoxx Europe 600 zwischen 1,8 und 2,2 Prozent abgaben.
Klares Branchen-Schlusslicht mit minus 4,7 Prozent war hingegen der Index der besonders zinssensiblen Technologiewerte im Sog der US-Technologiebörse Nasdaq. Deren Indizes standen noch etwas mehr unter Druck als die Standardwerte-Indizes Dow Jones Industrial und S&P 500 .
Der Index der Handelsunternehmen verlor rund vier Prozent, wozu auch der sechseinhalbprozentige Kurseinbruch des Schwergewichts H&M beitrug. Zwar zog das Umsatzwachstum weiter an und lag laut Analyst Richard Chamberlain von der kanadischen Investmentbank RBC etwas über dem Marktkonsens. H&M erlebe aber einen "perfekten Sturm an Kostendruck", so der Experte. Im Fokus der Bekleidungsbranche stehen derzeit die hohe Inflation und deren Folgen für das Kaufverhalten der Kunden. Hinzu kommen hohe Beschaffungskosten, die auf die Gewinnmargen drücken, wenn sie nicht vollständig auf die Verkaufspreise aufgeschlagen werden können.
Die Anteilsscheine des Luxuswarenkonzerns Kering rutschten nach einer skeptischen Studie um gut fünfeinhalb Prozent ab. Analystin Chiara Battistini von JPMorgan sieht pessimistisch auf die Jahresbilanz der Franzosen im Februar und verlieh den Aktien daher den Status "Negative Catalyst Watch"./gl/jha/
(AWP)