Der aus dem oberösterreichischen Linz stammende Geschäftsmann behauptet seit Jahren, bei dem deutschen Wohnungskonzern nur vom Spielfeldrand zuzuschauen. Die Sonderprüfung des Wirtschaftsprüfers KPMG, mit der Adler eigentlich Angriffe kontern wollte, förderte stattdessen zahlreiche Beispiele zutage, die ihn eher wie eine graue Eminenz aussehen lassen.

Caner ist der Elefant im Raum, seit der Leerverkäufer Fraser Perring ihn über seine Firma Viceroy Research im Oktober beschuldigte, die zentrale Figur eines Kreises von Investoren zu sein, die von komplexen Transaktionen auf Kosten der anderen Adler-Aktionäre und -Anleihegläubiger profitierten. Ein anonymer ehemaliger Mitarbeiter von Caner schickte auch Warnungen an Adlers Banken, über die Bloomberg zuerst berichtete.

Ein Anwalt von Caner reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Vermeidet das Rampenlicht

Die Bewertung einer dieser Transaktionen, an der Caners Schwager beteiligt war, wird nun von der Frankfurter Staatsanwaltschaft untersucht, nachdem die Finanzaufsichtsbehörde Bafin Strafanzeige erstattet hat, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person am Dienstag. KPMG hatte die Bewertung des Geschäfts aus dem Jahr 2019 in Frage gestellt, das letztlich nicht zustande kam, weil die erforderlichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren.

Während Adler versuchte, die Vorwürfe zu entkräften, mied Caner weiter das Rampenlicht. Er hatte jahrelang gegen strafrechtliche Vorwürfe im Zusammenhang mit der Pleite seines vorherigen Unternehmens gekämpft und war 2020 in Österreich freigesprochen worden. Zu Adler sagte Caner, dass er bei einzelnen Geschäften beratend tätig gewesen sei, aber keine Rolle im Unternehmen spiele und selbst kein Aktionär gewesen sei - obwohl seine Familie investiert habe.

Jacht für jegliche Anlässe

Der neue Verwaltungsratschef Stefan Kirsten vermeidet es, ihn namentlich zu erwähnen, und spricht nur allgemein von der Notwendigkeit, Adler von unangebrachten “externem Einfluss” zu befreien. Adler weigerte sich laut KPMG, über 800'000 E-Mails und Dokumente für die Sonderprüfung zur Verfügung zu stellen, darunter auch solche, in denen es um Caner ging. Als Grund führte Adler an, dass diese sonst auch in möglichen Gerichtsverfahren verwendet werden könnten.

In der Version des “forensischen” KPMG-Berichts, die Adler im April veröffentlichte, wurden Teile durch Adler geschwärzt und die Namen der Hauptakteure durch Platzhalter ersetzt, wobei die meisten von ihnen anhand ihrer Funktionen und Beziehungen identifiziert werden können.

Über Caner, der als “Extern7” firmiert, berichtet KPMG, dass er in unregelmässigen Abständen Treffen mit Managern von Adler abhielt, Strategiesitzungen mit dem Management arrangierte und auf “Personalentscheidungen, Vorbereitung von strategischen Entscheidungen, sowie Einzelthemen aus Transaktionen Einfluss genommen hat”. Bei mehreren Anlässen trafen sich Führungskräfte auf Caners Jacht oder nutzten sein Flugzeug für geschäftliche oder private Reisen.

Wert künstlich übertrieben

Dabei ging es zum Beispiel um die Dreifach-Fusion, aus der 2020 die Adler Group hervorging. Die Minderheitsaktionäre eines der drei Unternehmen - Ado Properties - widersetzten sich seinerzeit der Transaktion, weil sie befürchteten, mit Unternehmen fusioniert zu werden, die schlechtere Vermögenswerte und höhere Schulden hatten. 

Diese Skepsis bezog sich auch auf die Consus Real Estate, einen Bauträger, dessen Hauptaktionär ein Investmentvehikel namens Aggregate Holdings war, das wiederum Caners altem Geschäftspartner Günther Walcher gehört, und das Caner in der Vergangenheit ebenfalls beraten hat. Perring behauptet, dass der Wert von Consus vor der Fusion künstlich übertrieben wurde. KPMG stellt in seiner Untersuchung fest, dass es diese Behauptung nicht widerlegen kann.

Walcher erhielt durch die Fusion im Tausch für Consus einen grossen Anteil an der neuen Adler Group. Im Zuge der KPMG-Prüfung musste Adler allerdings Consus komplett abschreiben - eine Wertberichtigung von 1,1 Milliarden Euro für die Gruppe. 

Keine Funktion

Obwohl Caner offiziell keine Funktion bei der Fusion hatte, geht aus dem KPMG-Bericht hervor, dass die beteiligten Manager sein Privatflugzeug benutzten, um am Vorabend der Transaktion zwischen Berlin und Köln zu pendeln, darunter der heutige CEO von Adler, Thierry Beaudemoulin. Der Bericht zitiert auch eine Reihe von E-Mails, die Caner an Führungskräfte wie Beaudemoulin im Umfeld des Deals schrieb. Darin warnte er vor Problemen im Zusammenhang mit dem Deal und tadelte den CEO für fehlenden Fortschritt und mangelhafte Kommunikation.

Caner erhielt zudem mehr als 10,6 Millionen Euro für die Beratung der Adler Real Estate, dem dritten Unternehmen in der Dreierfusion, bei einer Übernahme, die dieser unmittelbar vorausging. Die Zahlungen wurden in 10 separate Tranchen aufgeteilt, von denen nur eine direkt an Caner gezahlt worden zu sein scheint. Mindestens zwei gingen laut KPMG-Bericht an seine Ehefrau Gerda, die damals eine Grossaktionärin von Adler Real Estate war und heute noch zu den grössten Investoren der Adler Group gehört.

Mehrere Rücktritt eingereicht

Zwar konnte die KPMG viele der von Perring gegen Adler und Caner erhobenen Vorwürfe weder widerlegen noch bestätigen, doch die in dem Bericht dargelegten tiefen und komplexen Verflechtungen haben Anleger verschreckt. Seit der Veröffentlichung am 22. April haben die Aktien der Gruppe rund zwei Drittel an Wert verloren.

Caner seinerseits gab nach der Veröffentlichung eine kurze Erklärung ab, in der er die Ergebnisse begrüsste und sagte, er werde sich nun wieder “auf die erfolgreiche Umsetzung der verschiedenen Projekte konzentrieren, an denen ich arbeite, sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Immobiliensektors”.

Mehrere Mitglieder des Verwaltungsrats und des Managements von Adler haben inzwischen ihren Rücktritt eingereicht, darunter einige mit den offenkundigsten Verbindungen zu Caner. Diejenigen, die übrig geblieben sind, versuchen das Thema zu vermeiden, aber es ist alles andere als klar, dass sie frei von Caners Einfluss sind. Zwei der drei grössten Aktionäre stehen weiterhin mit dem Österreicher in Verbindung und halten zusammen mehr als 13 Prozent.

(Bloomberg)