Der cash Insider berichtet im Insider Briefing börsentäglich von brandaktuellen Beobachtungen rund um den Schweizer Aktienmarkt und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

+++

Als der amerikanische Vermögensverwalter Invesco Mitte Oktober seine Beteiligung an der Versandapotheke Zur Rose trimmte, dachte ich zuerst an einen Einzelfall. Ich vermutete firmenspezifische Beweggründe, waren die Aktien des diesjährigen Börsenüberfliegers zu diesem Zeitpunkt doch bereits ziemlich gut gelaufen.

Doch nun ziehen die Amerikaner bei zwei weiteren Unternehmen aus der Schweiz Gelder ab. Beim Stellenvermittler Adecco fällt der Stimmenanteil von 3,03 auf unter 3 Prozent, beim Rheintaler Halbleiterzulieferer VAT Group gar von 4,79 auf unter 3 Prozent.

Und Invesco ist nicht einfach irgendwer. Mit Kundengeldern in Höhe von 1100 Milliarden Dollar zählen die Amerikaner zu den weltweit führenden Vermögensverwaltern.

Aktienkursentwicklung von Adecco (rot) und der VAT Group (grün) über die letzten drei Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne dürften nun erwidern, dass mächtige ausländische Grossinvestoren seit rund zwei Wochen aggressivst aus Wachstums- in Substanzaktien umschichten und die beiden Offenlegungsmeldungen in diesem Zusammenhang entstanden sein könnten. Da die Valoren der VAT Group zu den Wachstums- und jene von Adecco zu den Substanzwerten zählen, fällt auch diese Erklärung weg.

Ich will nicht so recht an einen Zufall glauben und vermute vielmehr, dass gezielt Gelder aus Schweizer Aktien abgezogen werden. Ähnliches lässt sich schon seit Wochen auch bei anderen Unternehmen wie etwa bei Temenos oder Alcon beobachten.

Wichtige Erkenntnisse erhoffe ich mir in den nächsten Tagen. Ich bin jetzt schon neugierig, ob es bei diesen Beteiligungsreduktionen bleibt oder ob weitere Grossinvestoren nachziehen werden.

+++

Björn Rosengren werde ABB wieder zu alter Blüte verhelfen, so hiess es schon Monate vor seinem Debüt an der Spitze des schweizerisch-schwedischen Industriekonzerns. Das kommt nicht von ungefähr, gilt Rosengren doch nicht nur als profunder Branchenkenner, sondern auch als ein erfahrener Turnaround-Manager. Darüber hinaus stösst er mit einem geradezu beeindruckenden Leistungsausweis bei seinem früheren Arbeitgeber Sandvik zu ABB.

Am vergangenen Donnerstag nun hätte Rosengren die Möglichkeit gehabt, die Aktionäre anlässlich des diesjährigen Investorentags für seine Zukunftsvision zu begeistern. Rückblickend wollte der Funke allerdings nicht so richtig überspringen: Die Aktien gingen an diesem Tag um gut 3 Prozent tiefer aus dem Handel. Und auch noch am Tag danach machte sich Katerstimmung bemerkbar.

In einem mir zugespielten Kommentar aus dem Hause Jefferies geht Autor Simon Toennessen ziemlich hart mit Rosengren ins Gericht. Dass sich der neue Firmenchef gegen die Übernahme eines grösseren Softwareanbieters sträubt, ist dem bekannten Analysten offenbar ein Dorn im Auge. Er befürchtet, dass ABB in Sachen Digitalisierung endgültig den Anschluss an die wichtigsten Rivalen verliert.

Die Schlüsselbotschaft Toennessens ist unmissverständlich: Selbst unter Rosengren finden die strategischen Fehltritte der letzten Jahre ihre Fortsetzung.

Kursentwicklung der Aktien von ABB seit der Verpflichtung von Björn Rosengren als Firmenchef im August 2019 (Quelle: www.cash.ch)

Erst vor wenigen Tagen erhöhte der Jefferies-Analyst das Kursziel für die Aktien von ABB auf 19 (zuvor 17) Franken. An der "Underperform" lautenden Verkaufsempfehlung hält er auch nach dem diesjährigen Investorentag fest.

Zur Erinnerung: Als im August letzten Jahres bekannt wurde, dass Rosengren an die Spitze des schweizerisch-schwedischen Industriekonzerns wechselt, kosteten die Aktien bloss 17,50 Franken. Ich wäre jedenfalls nicht überrascht, ginge spätestens nach Vollzug des milliardenschweren Aktienrückkaufprogramms ein Teil dieser Vorschusslorbeeren wieder verloren.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.