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Die Qualitäten von Nestlé lassen sich nicht von der Hand weisen: Kein grosser Nahrungsmittelhersteller wuchs in all den Jahren auch nur annähernd so stark aus eigener Kraft wie das im waadtländischen Vevey beheimatete Traditionsunternehmen. Gleichzeitig führten Anpassungen im Firmenportfolio und Verbesserungen bei der Umsatzzusammensetzung zu höheren Margen, was grosszügigere Dividenden an die Aktionäre zuliess.

Doch Qualität hat bekanntlich seinen Preis. Dementsprechend tief müssen Anleger mittlerweile für die Aktien von Nestlé in die Tasche greifen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 21 und einem Verhältnis vom Unternehmenswert zum operativen Gewinn (EBITDA) von 14 sind diese Papiere kein Schnäppchen mehr.

Damit steht das Traditionsunternehmen allerdings nicht alleine da. Berechnungen von Goldman Sachs zufolge deckt sich das Kurs-Gewinn-Verhältnis von Nestlé mit jenem anderer europäischer Nahrungsmittelhersteller. Gegenüber dem breit gefassten Stoxx 600 Index entspreche das einem Bewertungsaufschlag von 37 Prozent, so ist einer mir aus London zugespielten Branchenstudie zu entnehmen.

Stossend finden die Studienverfasser zudem den Aufschlag von 39 Prozent gegenüber dem Bewertungsdurchschnitt der Nestlé-Aktien der vergangenen 25 Jahre und die Tatsache, dass die Bewertung europäischer Nahrungsmittelaktien nur gerade 3 Prozent unter ihrem Höchststand liegt.

Im Zuge der ersten Leitzinserhöhung durch die US-Notenbank seit nahezu acht Jahren erwarten die Experten eine branchenweite Bewertungskorrektur im Umfang von rund 20 Prozent. Das 12-Monats-Kursziel für die schon seit Monaten zum Verkauf empfohlenen Aktien von Nestlé wird neu mit 63 (67) Franken angegeben. Davon lässt sich ein Rückschlagspotenzial von mehr als 15 Prozent ableiten.

Für den Schweizer Aktienmarkt wäre das verheerend, ist das Indexschwergewicht beim Swiss Market Index doch für mehr als einen Fünftel der Gesamtkapitalisierung verantwortlich. Oder anders gesagt: Jedes Prozent Kursverlust bei Nestlé würde das viel beachtete Börsenbarometer um die 20 Indexpunkte kosten.

Auf den ersten Blick liegt der heute vor Handelsbeginn veröffentlichte Zahlenkranz sowohl beim Umsatz als auch auf den Stufen operativer Gewinn (EBIT) und Reingewinn unter den jeweiligen Markterwartungen. Allen Unkenrufen zum Trotz konnte das organische Wachstum im zweiten Quartal sogar leicht gesteigert werden - umfangreichen Preiserhöhungen sei Dank.

Der von Goldman Sachs vorausgesagte Rückschlag scheint fürs erste abgewendet. Von der überraschenden Wachstumsbelebung beflügelt, gewinnen die Aktien von Nestlé zur Stunde 3,1 Prozent auf 74,40 Franken. Eigentlich müsste die mächtige amerikanische Grossbank jetzt im grossen Stil als Abgeber in Erscheinung treten. Wie mir aus dem Berufshandel berichtet wird, ist dies jedoch nicht der Fall.

Dennoch darf man sich am Hauptsitz von Nestlé jetzt nicht auf den Lorbeeren vergangener Tage ausruhen. Denn was die Bewertung anbetrifft, stösst das eigene Unternehmen ganz klar an seine Grenzen. Ich plädiere deshalb einmal mehr für naheliegende Massnahmen wie eine weitere Straffung des Firmenportfolios oder aber für ein fremdfinanziertes Aktienrückkaufprogramm nach dem Vorbild des hiesigen Pioniers Adecco (siehe auch Kolumne vom 11. August).

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Die amerikanische Leitbörse legte vergangene Nacht einen beeindruckenden Endspurt hin. Nachdem der viel beachtete Dow Jones Industrial Index im frühen Handel um 1,6 Prozent auf 17126 Punkte getaucht war, holte er die Verluste nahezu vollständig wieder auf.

Charttechnisch betrachtet hat der in den letzten Wochen beobachtete Rücksetzer dennoch Schaden angerichtet. Das lässt zumindest das bei den gleitenden Durchschnitten entstandene "Kreuz des Todes" erahnen. Von dieser Trendumkehrformation spricht man, wenn der gleitende Durchschnitt auf 50 Tage jenen auf 200 Tage von oben nach unten durchschreitet.

Das letzte "Kreuz des Todes" reicht beim Dow Jones Industrial Index vier Jahre zurück und legte den Grundstein für eine 172 Handelstage andauernde Börsenflaute. Allerdings warteten die Baissiers vergebens auf einen grösseren Rückschlag.

Für gewöhnlich wird die Aussagekraft dieser Trendumkehrformation überschätzt. Noch ist deshalb nichts verloren, sofern sich das Börsenbarometer in den kommenden Tagen wieder über den gleitenden Durchschnitt auf 200 Tage retten kann. Aktuell verläuft letzterer in der Nähe von 17820 Punkten.

Ungemütlich wird es meines Erachtens dann, wenn der Dow Jones Industrial Index unter die zwischen 17000 und 17020 Zählern verlaufende Unterstützungszone fällt. In diesem Fall stünde einem Rücksetzer auf unter 16000 Punkten nichts mehr im Wege. Noch will ich den Teufel jedoch nicht an die Wand malen.

 

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