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Mit dem "grossen Hexensabbat" von heute Freitag dürfte der Schweizer Aktienmarkt in die ruhigste Zeit des ganzen Jahres übergehen. Grossinvestoren nehmen den letzten Derivat-Verfall des Jahres als Grund, ihre Handelsbücher zu schliessen und sich auf den Weg in die Berge zu machen. Meine Vermutung: Das Handelsgeschehen dürfte nun langsam aber sicher einschlafen. Bis Mitte Januar ist wohl nicht mehr viel zu erwarten.

Ich bin jetzt schon neugierig, ob auch in den kommenden zwei Wochen im Kurs zurückgebliebene Aktien kurzerhand noch nachgezogen werden. Schon seit Tagen kann nämlich eine Jagd auf vernachlässigte Aktien beobachtet werden. Gefragt sind etwa Versicherungswerte wie Zurich Insurance oder Swiss Re. Aber auch die Valoren der Swatch Group stossen auf eine gute Nachfrage – wobei die Uhrenexportstatistiken von gestern Donnerstag geholfen haben dürften.

Für mich ist diese Jagd auf zurückgebliebene Aktien eine weitere Beobachtung, die darauf schliessen lässt, dass die Mitte März begonnene Erholungsbewegung an den Aktienmärkten weit fortgeschritten ist.

Kommen wir nun aber zu einem anderen Thema: Seit Wochen pfeifen es die Spatzen in Washington von den Dächern. Nun ist es endlich offiziell. Das amerikanische Schatzamt prangert die Schweiz als Währungsmanipulatorin an. Das Dementi der Schweizerischen Nationalbank (SNB) liess am Mittwochnachmittag jedenfalls nicht lange auf sich warten. Meine Vermutung: Die Pressestelle der SNB hatte die entsprechende Medienmitteilung schon aufgesetzt und brauchte diese nur noch aus der Schublade zu zaubern.

Meines Erachtens grenzen die Vorwürfe aus Übersee an Schwachsinn. Nun gut, die 880 Milliarden Franken an Fremdwährungsreserven, die sich in der Bilanz der SNB auftürmen, lassen sich nicht einfach so weg reden. Auch nicht die Tatsache, dass diese bei so manchem amerikanischen Unternehmen zu den Grossaktionären zählt – Tendenz steigend.

Aber jetzt mal ganz ehrlich: Einerseits intervenierte die amerikanische Notenbank schon an den Devisenmärkten, als sowas hierzulande noch gar kein Thema war. Und andererseits gibt es nichts, worüber sich Washington beklagen müsste. Mit gut 88 Rappen kostet ein Dollar so wenig wie seit Januar 2015 nicht mehr, als die SNB kurz zuvor in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Euro-Mindestkurs kippte.

Wenn der Franken gegen den Dollar nahe einem langjährigen Tief stünde, würde ich den Vorwurf aus Washington wohl oder übel gelten lassen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Es ist der Dollar, der alleine seit Jahresbeginn gegenüber dem Franken fast neun Prozent verloren hat. Und es ist die Schweizer Exportwirtschaft, die unter der Last des schwachen Dollars ächzt. Oder zeugen die Anschuldigungen einfach nur von der Angst dortiger Politiker, dass unsere SNB halb "Corporate America" aufkauft?

So unbegründet die Vorwürfe aus Übersee auch sind, so sehr schränken sie unsere Währungshüter bei ihrer täglichen Arbeit ein. Bleibt mir nur zu hoffen, dass es der Schweiz gelingt, die Wogen auf diplomatischem Weg zu glätten. Schliesslich wird die Schweiz für ihre diplomatischen Fähigkeiten überall auf der Welt geschätzt.

Zum Thema Geldpolitik schrieb ich gestern Donnerstag:

Doch nicht nur in Sachen Geldpolitik, auch auf Unternehmensebene war diese Woche ganz schön was los. Nichts mit besinnlicher Adventszeit. Wir Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten konnten uns nicht gerade darüber beklagen, dass wir unterbeschäftigt seien.

Am Mittwoch lud die Credit Suisse – wie immer in den letzten Jahren – zum diesjährigen Investorentag. Es sei erfreulich, dass Firmenchef Thomas Gottstein die Tradition seines Vorgängers Tidjane Thiam fortführe, so verlautete aus Analystenkreisen. Einziger Unterschied: In diesem Jahr hielt die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken ihren Investorentag virtuell ab. Ein Zeichen der Zeit halt eben.

So üppig die Informationen, die an diesem Tag serviert wurden, so sehr geizte die Credit Suisse mit Neuigkeiten. Sie verkaufe den Aktionären alten Wein in neuen Schläuchen, so wurde die Grossbank vereinzelt kritisiert.

Dass dennoch Umtauschaktionen aus den Aktien der Erzrivalin UBS in jene der Credit Suisse zu beobachten sind, dürfte einen anderen Grund haben. Irgendwann im nächsten Jahr kommt es im Steuerstreit mit Frankreich vor einem Pariser Berufungsgericht nämlich zum lange erwarteten "Show-down". Dabei geht es für die UBS nicht bloss um Millionen, sondern um Milliarden von Franken – sowie um die Frage, ob die Dividendenpolitik in der heutigen Form überhaupt beibehalten werden kann.

Hatten im laufenden Jahr die Valoren der UBS die Nase vorn, könnten in den nächsten Monaten jene der Credit Suisse Boden gutmachen.

Einen schweren Stand haben die Aktien von AMS. Mittlerweile wurde mir bestätigt, dass Merrill Lynch die Papiere des Sensorenherstellers in einer Studie zur europäischen Halbleiterindustrie mit einem Kursziel von 22 (zuvor 30) Franken von "Buy" auf "Neutral" herunterstuft. Einerseits rät die mächtige amerikanische Investmentbank dazu, in diesem ziemlich launischen Titelsegment die Risiken zu reduzieren. Andererseits deutet auch sie an, dass sich der Grosskunde Apple nach einer neuen, günstigeren Lösung für die 3D-Gesichtserkennung umschauen könnte.

Zur Erinnerung: Es war der für Merrill Lynch tätige Technologieanalyst Adithya Metuku, der die Aktien von AMS in den letzten Wochen immer wieder lauthals mit einem Kursziel von bis zu 30 Franken zum Kauf anpries und diesen über die nächsten Jahre gar eine Verdreifachung nachsagte. Nun soll plötzlich alles anders sein.

Die AMS-Aktien bekunden seit rund zwei Wochen sichtlich Mühe (Quelle: www.cash.ch)

Der Analyst entschuldigt sich in der Branchenstudie denn auch in aller Form für die überraschende Herunterstufung. Angesichts der neuen Nachrichtenlage könne er die Papiere aber nicht mehr länger guten Gewissens empfehlen.

Noch überraschender als die besagte Herunterstufung war einzig die Beteiligungsreduktion von Veraison beim Backwarenhersteller Aryzta. Der für seine aktive Einflussnahme bei Unternehmen berüchtigte Vermögensverwalter nutzte die Kursstärke rund um das Übernahmeangebot durch Elliott und halbierte sein Aktienpaket auf 4,46 (zuvor 9,81) Prozent. Weshalb der Grossaktionär die Aktien zu Kursen um 70 Rappen über den offenen Markt veräussert und sie nicht einfach den Amerikanern andient, ist mir allerdings schleierhaft. Einmal mehr zeigt sich: Finanzinvestoren vom Schlag von Veraison interessiert bloss das schnelle Geld. Die Interessen der übrigen Aktionäre und des Unternehmens selber mit all seinen Anspruchsgruppen bleiben da nicht selten auf der Strecke.

Veraison kann sich bei Aryzta jetzt übrigens so lange unter dem Radar der Öffentlichkeit bewegen, wie der Stimmenanteil den nächsten meldepflichtigen Schwellenwert von 3 Prozent nicht verletzt. Vielleicht wissen wir diesbezüglich ja schon nächste Woche mehr.

 

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