Allerdings fallen die Verluste dank Kursgewinnen bei den drei Schwergewichten moderater aus als an den meisten Börsenplätzen Europas. Händler sprechen von einem "bitteren Nachrichtencocktail". So liessen die Kriegsverbrechen in der Ukraine die Eskalationsspirale schneller drehen. "Der Westen reagiert mit Ausweisung russischer Diplomaten und weiteren Waffenlieferungen, während die Europäische Union sogar einen Importstopp von russischer Kohle erwägt", fasst ein Händler zusammen.

Ordentlich Gegenwind liefere aber auch die US-Notenbank Fed für die Finanzmärkte. So würden die Stimmen lauter, die eine straffere Geld- und Zinspolitik befürworten. Experten rechnen auf der nächsten FOMC-Sitzung Anfang Mai mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Zudem steht eine drastische Reduzierung der Fed-Bilanz zur Diskussion. Dieser Schritt würde den Börsen spürbar Liquidität entziehen. Entsprechend wichtig werde der Abend, wenn das Protokoll der letzten FOMC-Sitzung veröffentlicht wird. "Und zu allem Übel hat sich Covid-19 zurückgemeldet: Die stark steigenden Infektionszahlen und der Lockdown in der Metropole Shanghai lassen Sorgen aufkommen, dass die Wirtschaft im Reich der Mitte in Mitleidenschaft gerade könnte, mit fatalen Folgen für die weltweite Konjunktur," ergänzte ein Börsianer.

Der SMI notiert gegen 10.55 Uhr um 0,23 Prozent tiefer bei 12'347,89 Punkten. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind und die Schwergewichte ein geringeres Gewicht haben, fällt mit -0,69 Prozent etwas stärker auf 1924,66 Zähler und der breite SPI um 0,39 Prozent auf 15'728,26 Zähler. Im SLI stehen 23 Verlierern nur fünf Gewinner gegenüber, zwei (Swiss Life und Alcon) sind unverändert.

Dass sich der SMI vergleichsweise besser hält als etwa der deutsche Dax oder der französische Cac-40, die beide um mehr als 1 Prozent nachgeben, verdankt er den drei Schwergewichten Novartis, Roche (beide +0,6%) und Nestlé (+0,2%). Sie erweisen sich damit einmal als Stütze. Bereits am Vortag hatten sie den Markt leicht ins Plus gehievt.

Mit Swisscom (+0,7%) und Givaudan (+0,3%) stehen noch zwei weitere Defensive auf der damit schon abgehandelten Gewinnerliste.

Die übrigen Blue Chips geben nämlich allesamt nach. Besonders stark kommen erneut die Aktien vom Sensorenhersteller AMS Osram (-6,2%) unter die Räder. Nach dem gestrigen Investorentag, in dessen Zusammenhang die Papiere bereits abgestraft wurden (-8,4%), hagelt es nun Kurszielsenkungen.

Mit einigem Abstand folgen dann die Anteilsscheine des Logistikers Kühne+Nagel (-3,6%) auf der Verliererliste. Gerade die Corona-Null-Toleranz-Strategie in China stelle auch die Logistikunternehmen vor Herausforderungen, auch wenn die damit steigenden Frachtraten grundsätzlich gut fürs Geschäft seien, heisst es im Markt.

Neben AMS Osram gehören auch die übrigen Technologie-Vertreter VAT, Temenos und Logitech mit Abgaben zwischen 2,7 und 1,9 Prozent zu den grösseren Verlierern. Die Aussicht auf eine schneller Straffung der US-Zinsen hatte am Vortag bereits die US-Börse Nasdaq verstärkt unter Druck gesetzt und damit für schwache Vorgaben gesorgt.

Mittlerweile geben auch die meisten Vertreter der Finanzbranche überdurchschnittlich stark nach. Im frühen Handel hatten sie noch überwiegend im Plus notiert. Partners Group etwa geben um 2,0 Prozent nach. Es folgen Julius Bär, UBS und CS mit Verlusten von jeweils mindestens 1 Prozent. Nicht ganz so stark geben die Versicherer Swiss Re (-0,6%), Zurich (-0,1%) und Swiss Life (unv.) nach. Die Branche ist derzeit hin- und hergerissen zwischen der Aussicht auf steigende Zinsen und Konjunkturängsten.

In den hinteren Reihen stechen unterdessen Huber+Suhner (+6,7%) nach einer neu ausgesprochenen Kaufempfehlung der UBS hervor. Bei Sulzer (+0,2%) schmelzen die Gewinne nach den Quartalszahlen etwas zusammen.

Dem stehen Abgaben von 6,4 Prozent bei Montana Aerospace gegenüber, nachdem die Titel in den vergangenen zwei Tagen knapp 20 Prozent gewonnen haben.

(AWP)