Vergangenes Wochenende machte eine Nachricht die Runde, die nicht nur bei den Lesern cash.ch auf grosses Interesse stiess: Die französische Grossbank Société Générale stellte Modelle vor, nach denen der Franken deutlich unter Druck von Leerverkäufern geraten werde (mehr hier). Das würde heissen, dass der Franken zu wichtigen Währungen wie dem Euro und dem Dollar schwächer wird.

Die Prognose der St. Galler Kantonalbank ist allerdings diametral anders: "Ich sehe den Euro-Franken-Kurs in einem Jahr bei 1,06", sagt Thomas Stucki, der Anlagechef der Ostschweizer Staatsbank, im cash-Börsen-Talk. Damit würde sich das Währungspaar deutlich von der 1,10er-Linie wegbewegen, um die der Kurs in den vergangenen Wochen nervös und unstet hin- und hergesprungen ist. 

Der Grund für die erwartete Frankenstärke: Das Vertrauen der Finanzmärkte in die Eurozone sei nach wie vor gering. "Bei Schwierigkeiten wird immer wieder die Frage gestellt, ob etwa Italien oder Spanien die Schulden zurückbezahlten könnten." Dabei, gibt Stucki zu bedenken, sei die Verschuldung der USA deutlich höher. Nur zweifle man an den Finanzmärkten nicht an der Solvenz der amerikanischen Regierung.

Der Kurs Euro-Franken in den vergangenen zwölf Monaten (Grafik: cash.ch). 

Die SNB, für die Stucki früher als Leiter Asset Management tätig war, hat bei ihrer Politik der Verteidung des Frankens an Handlungsspielraum verloren. Der Schwenk der US-Notenbank Federal Reserve in Richtung Zinssenkungen haben die Hoffnungen der Währungshüter gedämpft, den Zins dieses Jahr allmählich anheben zu können.

Nachdem die Europäische Zentralbank im September ihrerseits den Negativzins für Bankengelder senkte und dazu ihr umstrittenes Anleihenkaufprogramm neu auflegte, wurde die Lage für die SNB noch schwieriger: "Die EZB macht auch keine Anzeichen, ihre expansive Geldpolitik zu ändern, was den Franken immer wieder unter Druck bringt", sagt Stucki.

«Keine Strafzinsen unter 250'000 Franken»

Weder in den USA, noch in der Eurozone und schon gar nicht in der Schweiz dürften 2020 die Zinsen verändert werden, lautet die Einschätzung der SGKB. Die zehnjährigen Obligationen der Eidgenossenschaft dürften über die nächsten zwölf Monate eine Minusrendite zwischen 0,3 und 0,5 Prozent aufweisen. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich aber noch ein anderes Problem ab: Banken, die für verwaltete Barguthaben bei der SNB Negativzinsen bezahlen müssen, wälzen diese auf Kunden ab.

Betroffen sind nicht nur relativ vermögende Menschen, die eine Privatbankbetreuung haben, sondern auch normale Sparerinnen und Sparer. "Die Entwicklung der vergangenen Jahre, in der sich Negativzinsen immer mehr verbreiteten und auf tiefere Niveaus gebracht wurden – das wird weitergehen", sagt Stucki.

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Es gebe aber eine Untergrenze, glaubt Stucki: Unter Vermögenswerten von 250'000 Franken würden die meisten Banken keine Strafzinsen erheben. Die Banken wollten Spargelder nicht verlieren, denn für ihre Refinanzierung seien diese Guthaben immer noch die stabilste Basis. Die Banken handeln wohl aus gutem Grund so: Eine Umfrage mit über 4000 Teilnehmern von cash.ch hat ergeben, das neun von zehn Bankkunden Geld vom Konto abzögen, sollte die Bank Negativzinsen erheben. 

Im cash-Börsen-Talk sagt Thomas Stucki auch, welche Kursaussichten er dem Schweizer Aktienmarkt für 2020 gibt und weswegen er bei den SMI-Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis im Moment zu begrenzten Gewinnmitnahmen rät. Er nennt zudem zwei Aktiensektoren und zwei Schweizer Aktien, die er für besonders vielversprechend hält.