Die Börsen haben im neuen Jahr einen ganz ordentlichen Start hingelegt. Besonders das Abschneiden der Schweizer Börse sticht ins Auge. Die Performance von 2,8 Prozent des Swiss Market Index ist in Europa die beste Leistung unter den bedeutenderen Börsen, und auch im weltweiten Vergleich kann sich das sehen lassen. Hier weisen der grosse Hang Seng Index (4,2 Prozent) aus Hongkong oder die Börse in Indien (3,4 Prozent) eine bessere Kurssteigerung auf als der SMI. Der US-Leitindex Dow Jones liegt 0,5 Prozent im positiven Bereich.

Anleger dürfen sich laut dem deutschen Börsenexperten Dirk Müller vorderhand auf weiter steigende Aktienmärkte freuen. "Wir werden ein starkes erste Halbjahr sehen", sagt Müller im cash-Börsen-Talk. Die versprochenen Massnahmen von US-Präsident Donald Trump wie Steuersenkungen, Investitionen in die Infrastruktur oder Repatriierung von Auslandgeldern würden zu grossen Wachstumserwartungen bei US-Unternehmen führen und damit die US-Börsen weiter steigen lassen.

Dennoch befürchtet "Mr. Dax", wie Müller in Deutschland auch genannt wird, dass der MSCI World Index, der als Benchmark für weltweit anlegende Aktienfonds gilt, Ende 2017 tiefer stehen wird als zu Jahresbeginn. "Wir befinden uns in einem sehr reifen Konjunkturzyklus, der 2009 begonnen hat. Dieser Zyklus wird im Bereich Spätsommer 2017 bis im Sommer 2018 vermutlich enden", orakelt Müller, der am Mittwoch am Alpensymposium in Interlaken zu Gast war. Die gestiegenen Zinsen und die wachsenden Inflationserwartungen seien schliesslich der Einstieg in die nächste Rezession. 

Dirk Müller ist, oder war, Deutschlands bekanntester Börsenhändler. Der ehemalige Aktien- und Obligationenhändler ist nicht mehr in seinem ursprünglichen Beruf tätig, er ist mittlerweile Buchautor, Kommentator des Wirtschafts- und Politikgeschehens in TV-Talk-Shows, Betreiber einer eigenen Finanz-Website und seit März letzten Jahres auch Manager eines eigenen Anlagefonds (mehr im Börsen-Talk). Seinen Namen "Mr. Dax" verdankt Müller seinem ehemaligen Arbeitsdesk direkt unter der Fieberkurven-Tafel des Dax an der Frankfurter Börse. Und so wurde Müller und seine Mimik zum beliebten Sujet für Fotografen - und Händler Müller zu "Mr. Dax" in den Medien. 

China als "Schwarzer Schwan"

Ob höheres Wachstum, höhere Inflation und steigende Zinsen so schnell in eine Rezession führen, bleibt abzuwarten. Tatsache ist: Der US-Zyklus befindet sich derzeit im neunten Jahr und somit in der "Verlängerung". Und sicher ist: Die Gefahr einer Rezession in den USA steigt, falls sich die US-Notenbank zu einer rapiden Verschärfung der Geldpolitik gezwungen sieht. Was angesichts der lange hinausgezögerten Zinserhöhungen in den letzten zwei Jahren nicht auszuschliessen ist.

Mit seiner Schätzung, dass die erste Hälfte des Jahres für die Börsen eine gute sein wird und die zweite eine eher schlechte, steht Müller nicht alleine da. Die US-Bank Goldman Sachs etwa sieht den US-Leitindex Dow Jones bis Mitte 2017 bei 21'000 Punkten, also etwa 5 Prozent höher als heute. Die Experten von Kepler Cheuvreux sehen die europäischen Börsen bis Mitte nächstes Jahr weiter steigen, dann sehen die Analysten die Zinsentwicklung zu einer Belastung für die Aktienkurse werden. Kritisch soll es für die Börsen werden, wenn die Rendite von US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren 3 Prozent erreicht.

Laut Müller könnten auch andere Ereignisse wie die US-Rezession oder die Wahlen in der Europäischen Union - besonders diejenigen in Frankreich oder Deutschland - den Anlegern die Suppe versalzen. Er nennt als "Schwarze Schwäne" (so genannte von der Allgemeinheit unerwartete Ereignisse) einen möglicherweise noch tieferen Ölpreis, der ölfördernde Staaten wie Saudiarabien in Schwierigkeiten bringt, militärische Konflikte von der Ukraine bis Syrien, und nicht zu vergessen China, "wo sich in den letzten 20 Jahren eine riesige Blase gebildet hat, die nie korrigiert hat." Die steigenden US-Zinsen förderten die Kapitalflucht aus China, die schon seit einiger Zeit eingesetzt hat." Das werde in China grosse Probleme auslösen.

Was Probleme in China auslösen können, davon bekamen Investoren weltweit vor Jahresfrist eine Ahnung. In der ersten Handelswoche 2016 verlor der SMI fast 7 Prozent, in der Spitze waren es im ganzen Jaunar des letzten Jahres 15 Prozent. Der Hauptgrund für den Absturz waren die Turbulenzen an der chinesischen Börse und die Sorgen über die Entwicklung der Konjunktur in China. 

Im cash-Börsen-Talk äussert sich Dirk Müller auch zu seinem 2015 gestarteten Anlagefonds für Aktien.