"Grüne" Aktien? Anleger hatten in der Vergangenheit nicht nur Freude an solchen Investments. Die Titel dümpelten jahrelang vor sich hin, wie sich an der Performance des Exchange Traded Fund "iShares Global Clean Energy ETF" herauslesen lässt (siehe unten). Doch 2020 kam die Trendwende mit 138 Prozent Kursgewinn. Im neuen Jahr hat der ETF mit einem Plus von 6 Prozent vorerst eine Pause eingelegt. Ist dies eine gute Gelegenheit, um noch auf das Rally aufzuspringen?

Kursentwicklung des "iShares Global Clean Energy ETF" seit fünf Jahren (Quelle: Boomberg).

Nach vier Jahren Donald Trump haben die erneuerbaren Energien mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden einen mächtigen Unterstützer erhalten. Dieser plant, in den nächsten vier Jahren 2 Billionen Dollar in Initiativen für saubere Energie zu investieren. Das langfristige Ziel ist es, die USA bis 2050 zu einem emissionsfreien Land zu machen.

Die grösste Hürde für dieses ehrgeizige Programm bleibt der Kongress. Doch dank der demokratischen Mehrheit in beiden Kammern sind die Aussichten für das Vorhaben gut. Da Biden schon von Anfang an klargemacht hat, dass hauptsächlich US-Unternehmen von solchen Programmen profitieren sollen, wird jedoch der Rückenwind für Unternehmen wie Meyer Burger oder Vestas gering ausfallen.

Daher sind hier fünf US-Unternehmen im Fokus, die mittelbar oder unmittelbar von einem grüneren Amerika profitieren werden:

TPI Composites - der unbekannte Windenergiegigant

TPI Composites ist ein führender Hersteller von Windblättern aus Verbundwerkstoff. Das Unternehmen liefert diese weltweit an Windkraftanlagenhersteller. Im Jahr 2019 erzielte TPI Composites mit 9500 verkauften Windblättern für Onshore-Windanlagen einen Umsatz von 1,4 Milliarden Dollar. 

Trotz der wirtschaftlichen Umwälzungen durch Corona erwarten Analysten, dass das Unternehmen 2020 mit einem Umsatzwachstum von 15 Prozent auf 1,65 Milliarden Dollar abschliessen wird. Dies ist nicht erstaunlich: Die Onshore-Neuinstallationen sind letztes Jahr weltweit um elf Prozent gestiegen, über 70 Gigawatt an Windkapazität könnten laut der Internationale Energieagentur AIE im laufenden Jahr dazukommen.

Das starke Wachstum schlägt sich auch im Aktienkurs nieder: Der Märzeinbruch von letztem Jahr erscheint in der Kursgrafik als kleiner Rumpler. Die Kursrendite für das 2020 beläuft sich schlussendlich auf 185 Prozent. Und im neuen Jahr geht es sogar mit einer Beschleunigung weiter: Plus 47 Prozent.

Kursentwicklung der TPI-Aktien seit Januar 2020 (Quelle: cash.ch).

Der Windblätter-Hersteller, der auch ein Standbein in der Herstellung von Fahrzeugstrukturen aus Verbundwerkstoffen hat, könnte einerseits vom Biden-Programm profitieren, das explizit auch auf Windenergie setzt. Andererseits gibt es immer mehr Windturbinenbauer, welche die Herstellung von Windblättern in externe Hände geben. Trotzdem sollten Anleger für einen Kauf noch zuwarten. Die heissgelaufenen Aktien sind reif für eine Korrektur.

NextEra Energy - Grundversorger mit Potenzial

NextEra Energy bietet nachhaltige Energieerzeugung und Verteilungsdienstleistungen an. Das Unternehmen erzeugt Elektrizität durch Wind, Sonnenenergie und Erdgas. NextEra Energy bezeichnet sich selbst als der weltweit grösste Produzent für Wind- und Solarenergie.

Morningstar-Analyst Andrew Bischof ist voll des Lobes für das Unternehmen. Ihm gefällt die Kombination aus grossem Grundversorger in Florida und dem schnell wachsende Bereich für erneuerbare Energien. NextEra Energy biete "das Beste aus beiden Welten: eine sichere Dividende und ein Wachstumspotenzial bei den erneuerbaren Energien".

Die Aktien von NextEra Energy hatten Ende Januar ein Allzeithoch erreicht und sind seither zurückgekommen. Analyst Andrew Weisel von der kanadischen Scotiabank hat die Aktien letzte Woche mit dem Rating "Sector Outperform" und einem Kursziel von 101 Dollar versehen - ein Aufwärtspotenzial von 24 Prozent. Der kürzliche Rücksetzer bietet daher einen guten Zeitpunkt, um noch auf den fahrenden Zug aufzuspringen.

Ormat Technologies - Geothermie und Energiespeicherung

Ormat Technologies entwickelt und betreibt erneuerbare Energieprojekte. Das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Nevada bietet Lösungen für Geothermie, Energierückgewinnung, Energiemanagement und Energiespeicherung. Nach dem Absturz im März 2020 waren die Ormat-Aktien bis Ende September kaum vom Fleck gekommen. Danach folgte jedoch ein raketenhafter Aufstieg, der sich im neuen Jahr noch intensiviert hat.

Kursentwicklung der Ormat-Aktien seit Januar 2020 (Quelle: cash.ch).

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis befindet sich mit einem Wert von 75 zwar auf hohem Niveau, doch die langfristigen Wachstumsaussichten sind enorm. Insbesondere verfügt Ormat über eine fortgeschrittene Entwicklungspipeline und viel Liquidität, um im stark wachsenden Batteriespeichermarkt präsent zu sein.

Analysten sind bei Ormat in den letzten Monaten jedoch vorsichtiger geworden, wie Bloomberg ausweist. Das langfristige Ertragspotenzial liegt im Durchschnitt bei minus 22 Prozent. Daher eignet sich dieser Titel nur für mutige Anleger, die auch bei einer stärkeren Korrektur die Nerven behalten.

GM - der kommende Big-Player bei den Elektroautos?

General Motors? Das Unternehmen aus Detroit ist vermutlich nicht das erste Unternehmen, das bei einer Diskussion über "grüne" Aktien aufpoppt. Doch der Autohersteller hat sein Geschäftsmodell komplett neu ausgerichtet. GM, einer der weltweit grössten Autohersteller, investiert in den nächsten fünf Jahren 27 Milliarden Dollar in die Entwicklung von Elektroautos. 30 neue Elektroautos sollen im selben Zeitraum auf den Markt gebracht werden. 

Obwohl sich die Aktien seit dem Märztief vervierfacht haben, steht das KGV bei 11 - Tesla, dies als Vergleich, hat eines von 1076. Die von Bloomberg geführten Analysten sind trotz der Kursrallye fast schon beängstigend bullish auf GM und sehen ein durchschnittliches Renditepotenzial von 18 Prozent. Fazit: Kaufen.

Enphase Energy - eine lukrative Nische im Solarmarkt

Solarzellen sind ein Massenprodukt, das Geschäft spielt sich inzwischen vor allem in China ab. Unter den Top fünf der weltweiten Hersteller sind gleich vier "Chinesen". Zu den lukrativen Nischen zählt die Elektronik im Umfeld der Solarzellen, etwa Wechselrichter zur Einspeisung des erzeugten Gleichstroms ins Netz. Hier ist das US-Unternehmen Enphase Energy beheimatet.

Mit seinen Speicherlösungen und Wechselrichtern konnte Enphase Energy in den vergangenen Jahren ein starkes Wachstum hinlegen. Und im vierten Quartal hat das Unternehmen beim Umsatz und dem Ergebnis die Erwartungen an den Märkten übertroffen. Der Umsatz stieg gegenüber der Vorjahresperiode um 26 Prozent auf 264 Millionen Dollar an.

Die im Nasdaq gelisteten Aktien weisen für das letzte Jahr einen beeindruckenden Kursanstieg von 572 Prozent auf. In diesem Jahr haben die Papiere erneut 10 Prozent gewonnen. Das KGV ist wegen des fulminanten Anstiegs auch in die Höhe geschossen und steht im Moment bei 152.

Kursentwicklung der Enphase-Aktien seit Januar 2020 (Quelle: cash.ch).

Trotz des hohen KGV sehen die von Bloomberg befragten Analysten im Durchschnitt ein weiteres Aufwärtspotenzial von 17 Prozent. Anleger, die im Bereich Solarenergie ein Investment tätigen wollen, sind beim Nischenplayer Enphase Energy an der richtigen Adresse.

ManuelBoeck
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