Die Meldung über die Corona-Infektion kam von Trump selbst über Twitter in der Nacht auf Freitag. "Wir werden unsere Quarantäne und Erholung sofort beginnen. Wir werden das GEMEINSAM durchstehen", schrieb Trump.

Die weltweiten Märkte reagierten negativ auf die News. Die Futures auf die US-Indizes gaben bei der Bekanntgabe stark nach. Aktuell sind die Dow-Futures 1,2 Prozent, die S&P-500-Futures 1,1 Prozent und die Nasdaq-100-Futures 1,4 Prozent im Minus.

Der positive Corona-Test von US-Präsident Donald Trump hat auch die Aktienkurse in Asien auf Talfahrt geschickt. In Tokio sackte der Nikkei ab und notiert aktuell 0,7 Prozent schwächer bei 23'029 Punkten, nachdem er im Handelsverlauf noch ein Plus von 0,8 Prozent geschafft hatte.

Die europäischen Börsen bilden in der aktuellen Marktlage keine Ausnahme. Der schwedische OMX Stockholm 30 verliert 1,4 Prozent und der deutsche Leitindex DAX 0,8 Prozent. Der Swiss Market Index hält sich mit einem Verlust von 0,6 Prozent noch relativ gut.

Performance der weltweit wichtigsten Indizes (Quelle: Bloomberg).

Und auch an den Rohstoffmärkten wird die News eingepreist: 2,8 Prozent büsst die Ölsorte WTI ein und handelt knapp bei 37,6 Dollar pro Barrel. Der Ölpreis für die Sorte Brent schlitterte unter die 40-Dollar-Marke. Der sichere Hafen Gold verteuerte sich hingegen auf 1912 Dollar pro Unze.

Analysten sagen, was das für Finanzmärkte und Konjunktur bedeuten könnte:

Julian Wee, Anlagestratege, Credit Suisse: "Die erste Reaktion des Marktes war negativ, aber ich bin mir nicht sicher, ob sich das als nachhaltig erweist. Letztendlich wird sich der Markt, wenn die anfängliche reflexartige Reaktion vorbei ist, wahrscheinlich darauf konzentrieren, was das für die Wahlen bedeuten könnte. Wir gehen von einer Wende zugunsten der Demokratie aus, was so ziemlich mit den jüngsten Umfragen übereinstimmt."

Jörg Krämer, Commerzbank-Chefökonom: "Mit Trumps Ansteckung mitten in der heissen Phase des US-Wahlkampfs hat sich eine neue Quelle der Unsicherheit aufgetan. Die Finanzmärkte haben zurecht nervös reagiert. Denn der Verlauf von Trumps Erkrankung könnte den Ausschlag dafür geben, wer nächster US-Präsident wird. Dabei geht es um wichtige Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik – etwa um die Frage, ob Biden die Unternehmenssteuern wieder erhöht oder Trump seine Steuersenkungen dauerhaft macht. Wenn Trump keine ernsthaften Symptome entwickelt, könnte er sich erst recht als starker Mann präsentieren und davon wie der brasilianische Präsident Bolsonaro profitieren. Wenn er dagegen ernsthaft erkrankt, dürfte es für ihn schwierig werden, seinen Rückstand gegen Joe Biden aufzuholen. Zum einen fiele er im Wahlkampf aus. Zum anderen würden ihm seine Gegner noch mehr vorwerfen, dass er das Virus verharmlost habe."

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank: "Die Corona-Erkrankung kommt für den US-Präsidenten zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Gerade im Schlussspurt ist die volle Energie des Kandidaten gefordert. Welche Konsequenzen die Erkrankung für den Wahlausgang haben wird, hängt entscheidend von deren Verlauf ab. Sollte Donald Trump einen schwierigen Krankheitsverlauf erleiden, ist die Glaubwürdigkeit des Präsidenten endgültig beschädigt. Trump hat das Virus oftmals in seinen Auswirkungen heruntergespielt. Ein schwerer Krankheitsverlauf wäre also unter einer nüchternen Analyse gut für Joe Biden. An den Finanzmärkten könnte die Viruserkrankung des Präsidenten für Unruhe sorgen, wenn es zu einer schwierigen Krankheitsverlauf käme. Die ohnehin bestehenden Unsicherheiten würden dann nochmals zunehmen. Soviel steht fest, die Wochen vor den Wahlen werden turbulent."

Thomas Altmann, QC Partners: "Die Börsen haben in einer ersten Reaktion geschockt auf den positiven Covid-19 Test von Donald Trump reagiert. Damit begibt sich einer der wichtigsten Politiker weltweit in Quarantäne und in den Krankenstand. Von Trumps Krankheitsverlauf wird jetzt abhängen, inwieweit er in die Amtsgeschäfte in den kommenden Wochen wahrnehmen kann. Die Auswirkungen sowohl auf die US-Politik, insbesondere bei der Verhandlung des nächsten Hilfspaketes als auch auf den US-Wahlkampf, können immens sein."

Yako Sera, Marktstratege Sumitomo Mitsui Trust Bank: "Wenn Trumps Symptome mild sind und er sich schnell erholt, könnte seine Unterstützung zunehmen. So ähnlich geschah dies beim brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro. Allerdings schadet dies Trumps Fähigkeit, einen Wahlkampf zu führen, und die Zeit bis zur Wahl wird knapp. Ob es Trump oder Biden ist, das grösste Problem ist die Unsicherheit. Solange wir unsicher sind, wer die Wahl gewinnen wird, ist es für die Märkte schwierig, sich wirklich zu positionieren."

Naoya Oshikubo, Ökonom Sumitomo Mitsui Trust: "Trump ist in den Umfragen hinter Biden zurückgeblieben. Es ist ihm eindeutig nicht gelungen, den Abstand nach der ersten Fernsehdebatte zu verringern. Ich vermute, dass die Märkte zu der Ansicht neigen werden, dass Biden die Wahl wahrscheinlich gewinnen wird. Was mich beunruhigt, ist, dass er noch aggressiver gegenüber China wird, nachdem er sich den Virus selbst eingefangen hat. Denn ich hatte den Eindruck, dass der britische Premierminister Boris Johnson nach seinem Covid-19-Virus noch anti-chinesischer geworden ist. Vorläufig wird es für die Finanzmärkte schwierig sein und im Risikomodus zu sein."

Was könnte bei einer schweren Erkrankung geschehen?

Falls Donald Trump ernsthaft krank werden sollte, gebe der 25. Verfassungszusatz der USA das weitere Vorgehen vor. Dazu müsste sich Trump selbst aber als "unfähig zur Erfüllung der Pflichten und Befugnisse der Präsidentschaft" erklären. In diesem Fall würde der Vizepräsident Mike Pence temporär das Amt übernehmen.

Doch auch der Vizepräsident Pence und die Mehrheit des Kabinetts können diesen Schritt einleiten. In beiden Fällen bliebe Pence Präsident bis Donald Trump eine schriftliche Erklärung abgibt, dass er die Präsidentschaft wieder übernehmen kann.

(Reuters/cash)