Gold steuert mit aktuell minus 6,8 Prozent auf den grössten monatlichen Rückgang in mehr als vier Jahren zu, wie aus Daten der Nachrichtenagentur Bloomberg hervorgeht. Der Goldpreis liegt nur noch knapp 2 Prozent über dem diesjährigen März-Niveau. Der Wert von Gold war vor drei Monaten wegen der starken konjunkturellen Erholung und der damit ansteigenden Anleiherenditen für kurze Zeit sogar unter die Marke von 1700 Dollar gesunken.

Entwicklung des Goldpreis seit Anfang Jahr (Quelle: cash.ch).

Der neuste Einbruch erfolgte, nachdem US-Notenbank Fed Mitte Juni eine geldpolitische Verschärfung in Aussicht gestellt hatte. Wie aus der neuen Zinsprognose der Notenbanker hervorging, könnten die Leitzinsen im Jahr 2023 zweimal um insgesamt einen halben Prozentpunkt steigen. Und das Herunterfahren der Anleihenkäufe rückt zunehmend in das Zentrum der Diskussion. Marktteilnehmer erwarten eine Reduktion spätestens per Anfang 2022.

Sinkende Anleiherenditen helfen aktuell nicht

Zwar ist die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen seit Anfang Juni von 1,61 auf 1,48 Prozent zurückgekommen, was den Goldpreis grundsätzlich antreiben sollte. Denn Anleihen mit geringem Risiko - im Normalfall Staatsanleihen - sind traditionellerweise die Alternative zur Krisenwährung Gold. Anleihen werfen im Gegensatz zu Gold Zinsen ab. Steigt die Rendite der Anleihen, verringert sich daher für Anleger die Attraktivität von Gold als Investment. Umgekehrt ist dies genauso der Fall.

Der fast spiegelbildliche Verlauf zwischen Anleihenrenditen (blau) und Goldpreis (rot). (Grafik: Federal Reserve Bank of St. Louis).

Doch der für den Goldpreis ausschlaggebende Realzins hat sich in derselben Periode nicht bewegt und liegt bei minus 0,84 Prozent. Der Realzins wird üblicherweise definiert, in dem von den Renditen der US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit die Inflationsrate abgezogen wird. Das bedeutet, dass die Inflationserwartung am Markt infolge der Fed-Ankündigung gegen unten korrigiert wurde. Dies hat schlussendlich den Goldpreis stark belastet.

Vermutlich ist die Fed nicht allein für das Eintrüben der Inflationserwartung verantwortlich. Neue Reisebeschränkungen in Europa im Angesicht der Delta-Variante des Coronavirus, schwebt als Unsicherheitsfaktor über allen Wirtschaftsprognosen. Die Inflation könnte auch deshalb weniger stark ausfallen als mit einer heisslaufenden Wirtschaft. Und das Wirtschaftswachstum selbst könnte sich in den kommenden Monaten auf einem hohen Niveau stabilisieren. 

Bleibt die Inflation hoch?

Der Ausblick auf steigende US-Leitzinsen hat auch den Dollar nach oben getrieben. Der US-Dollar Index, der den Wert des Dollars mittels eines Währungskorbs aus sechs Währungen vergleicht, hat innerhalb eines Monats 2,4 Prozent hinzugewonnen. Eine Dollarstärke belastet den Goldpreis: Da Rohstoffe, zu denen auch Edelmetalle wie Gold gehören, in Dollar gehandelt werden, muss man bei einem starken Dollar weniger Geld für die gleiche Menge Rohstoff ausgeben und umgekehrt.

Zudem setzen Anlegerinnen und Anleger weiterhin auf Aktien und lassen Gold tendenziell links liegen. Der US-Technologieindex Nasdaq 100 steigt trotz angekündigter Fed-Straffung weiterhin von Rekord zu Rekord.

Ist dies Schwächephase ein guter Einstiegszeitpunkt? Denn der Goldpreis scheint sich aktuell bei 1775 Dollar zu stabilisieren und eine Unterstützung zu finden. John Feeney, vom Edelmetallhändler Guardian Gold Australia sagte zu Bloomberg: "Wir beginnen zu sehen, dass Investoren bei diesen Preisen wieder in Metalle investieren. Die geldpolitische Verschärfung der Fed scheint eingepreist zu sein."

Doch schlussendlich muss jede Anlegerin und jeder Anleger für sich einschätzen, ob die nach unten korrigierte Inflationserwartung berechtigt ist. Denn die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen könnte mit der Aussicht auf ein Nachlassen der Anleihenkäufe der Fed und dem Fortschreiten der Wirtschaftserholung wieder ansteigen. Mit einem jetzigen Goldkauf setzt man darauf, dass die Inflation trotz gegenteiliger Behauptung der Notenbanken nicht vorübergehend sein wird.

ManuelBoeck
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