cash.ch: Herr Hartmann, Sie sind Inhaber eines Krypto-Hedgefonds. Wie nervös machen Sie die Twitter-Eskapaden von Elon Musk? 

Felix Hartmann: Gar nicht. 

Wirklich nicht? Der Tesla-Chef sorgt seit einiger Zeit mit seinen Tweets für ordentliche Verwerfungen am Kryptomarkt

Bitcoin hat es viele Jahre auch ohne Elon gegeben. Selbst wenn er all seine Bitcoin verkaufen sollte, mag das zwar den einen oder anderen institutionellen Investor kurzfristig beunruhigen, aber langfristig hat es keinen Einfluss auf den Wert. Hinzu kommt: Er hat in seinen Tweets zwar ein paar valide Punkte gemacht, wie etwa das Umweltthema. Doch tatsächlich verkaufen will er ja nicht. Ich halte mich da an das Sprichwort: Achte darauf, was Leute tun, nicht was sie sagen. Elon Musk war ja schon immer ein fleissiger Twitterer. Man sollte seine Tweets nicht zu ernst nehmen. 

Sie sprechen das Umweltthema an. Kritik am «Energiefresser» Bitcoin gibt es schon länger. Doch seit Musks Tweet sprechen alle darüber. Hat er denn Recht? 

Zur Einordnung: 76 Prozent aller Bitcoin-Schürfer benutzen Erneuerbare Energien. 39 Prozent der Rechenleistung für das Bitcoin-Netzwerk wird durch Erneuerbare Energien betrieben. Andererseits benutzt der Bankensektor mehr als doppelt soviel Energie wie der Krypto-Bereich. Ganz so schmutzig, wie aktuell oft behauptet, ist Bitcoin also gar nicht. Zum Vergleich: Die Amerikaner verbrauchen knapp 33 Prozent des jährlichen Bitcoin-Energiebedarfs mit ihrer Weihnachtsbeleuchtung in einem einzigen Monat. Man muss das alles relativ sehen. Übrigens gab es 1999 eine ähnliche Diskussion über den Energieverbrauch, als das Internet gross wurde. 

China will gegen das Schürfen von Bitcoin vorgehen. Wie gefährlich ist das für Bitcoin? 

Wir haben fast jedes Jahr einen Crash, weil China verkündet, gegen Kryptowährungen vorgehen zu wollen. Doch insgesamt hat sich Krypto wenig darum geschert, was China sagt oder macht. Im Gegenteil: In China gibt es heute mehr Nutzer von Bitcoin als 2017, als China das erste Mal ein Bitcoin-Verbot ausgesprochen hatte. Das beweist, wie stark und antifragil Krypto ist. Auch wenn eines der grössten Länder der Welt Bitcoin verbietet, sind wir immer noch nahe den Höchstständen. 

Die Bitcoin-Rally von Anfang Jahr wurde auch damit begründet, dass erstmals Grossinvestoren langfristig eingestiegen sind. Hat der massive Abverkauf im Mai nicht gezeigt, dass sich noch immer ein grosse Zahl von spekulativen Kleinzockern im Bitcoin-Markt tummelt? 

Ja und nein. Der Abverkauf war ja extrem kurzlebig. Bitcoin ist kurz bis auf 30'000 Dollar gefallen, inzwischen steht er wieder bei knapp 40'000 Dollar. Der Grund warum wir bei Bitcoin und Kryptowährungen allgemein so grosse Korrekturen haben ist, dass in Krypto extrem viel gehebelt wird. Kryptobörsen wie Binance erlauben Hebel von bis zu 100. Das heisst, bewegt sich der Kurs um einen Prozent, ist man raus. Bei grösseren Korrekturen werden entsprechend mehr Leute liquidiert. Doch das hat alles nichts mit der Gesundheit des Kryptomarktes zu tun. Im Gegenteil: Wir haben ja gesehen, dass diese Dips gekauft wurden. Das zeigt, dass die die institutionelle Investoren da sind und die Korrekturen kaufen. 

Eine häufige Kritik ist, dass Bitcoin keinen inneren Wert habe. Was entgegen Sie? Worin liegt der Wert von Bitcoin? 

Ich möchte diese Frage mit ein paar Gegenfragen beantworten. Wenn Sie tief im Ozean tauchen, hat Luft einen Wert? Wenn Sie in einer trockenen Wüste sind, hat Wasser einen Wert? 

Ich würde sagen, zwei Mal ja. Worauf wollen Sie hinaus? 

Wenn Sie in einem Land leben, in dem die Währung pro Tag 20 oder 30 Prozent an Wert verliert, hat Bitcoin einen Wert? Wenn Sie in einem Land leben, wo die Regierung jede Ihrer finanziellen Transaktionen trackt oder gar blockieren kann, hat Bitcoin einen Wert? Wenn Sie in einem Land wie der Schweiz oder Deutschland leben mit Negativzinsen, hat Bitcoin einen Wert? 

Alles klar, verstanden. Wahrscheinlich kommt jetzt noch der Punkt: Bitcoin als Inflationsschutz. 

Ganz genau. Es gibt noch ganz viele andere Thematiken, die Bitcoin einen Wert beimessen. Für viele Leute bedeutet Bitcoin Freiheit und die Möglichkeit, Kontrolle über ihre eigenes Finanzleben zu haben. Es gibt den sogenannten Index of Economic Freedom. Die USA, Deutschland und die Schweiz stehen da natürlich eher in den vorderen Rängen. Das heisst, wir sehen oft nicht den Nutzen, den Bitcoin ermöglicht, weil wir ohnehin schon viel mehr Freiheiten geniessen als viele andere Länder und Regionen auf der Welt. Die Nicht-Rückverfolgbarkeit von Transaktionen, also die Sicherung der Privatsphäre, ist da nur ein Vorteil. 

Hier setzt jedoch ein zweiter häufig genannter Kritikpunkt an: Bitcoin wird wegen der Wahrung der Anonymität als Mittel für Geldwäsche und Finanzierung krimineller Machenschaften genutzt.  

Diese Kritik wurde ja bereits vielfach entlarvt. Denn es wird in solchen Kreisen viel mehr Fiat-Geld benutzt. Das United Nations Drugs and Crime Office fand heraus, dass auf jeden Dollar in Bitcoin mit dem im Darknet bezahlt wird, etwa 800 Dollar in Cash kommen. Als El Chapo [Anm. der Red.: El Chapo ist der Kopf eines mexikanischen Drogenkartells] aufgespürt wurde, hat die Polizei kein Hardware-Wallet mit Bitcoin gefunden, sondern einen Haufen von Fiat-Geld. Um Geld zu waschen, werden viel mehr Fiat-Gelder oder teilweise sogar mehr Kunstgegenstände benutzt als Bitcoin. Der Punkt ist: Das Problem ist nicht Bitcoin, sondern kriminelle Machenschaften wie Geldwäsche an sich. Diese Leute werden immer ein Medium finden, ob nun es Fiat-Geld, Bitcoin, Kunst oder eine Rolex ist. 

Eine weitere Kritik: Bitcoin ist reine Spekulation und eignet sich weder als Zahlungsmittel noch als Geldanlage.

Wenn es um Bitcoin als tatsächliche Währung geht, stimme ich zu. Ich bin auch ein Fan von stabilen Währungen. Bitcoin ist derzeit noch zu volatil, um als Währung zu funktionieren. Aber als Anlage ist Bitcoin definitiv geeignet. Klar ist eine hohe Volatilität auch bei der Geldanlage nicht unbedingt entspannend. Doch Sie können nicht die beste Assetklasse der letzten zwölf Jahre besitzen, ohne auch eine entsprechende Downside-Volatilität zu haben. Das gehört dazu. Bitcoin ist für mich eher digitales Gold, ein 'reserve asset', also eine Art Reserveguthaben. Doch für den täglichen Gebrauch gibt es bessere Methoden. 

Zum Beispiel Ether? Welche Kryptowährung sehen Sie vorne? 

Bitcoin und Ether sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Bitcoin ist digitales Gold, also primär Wertaufbewahrung. Ether ist mehr oder weniger digitales Öl

Digitales Öl, was heisst das genau? 

Das Crypto-Asset Ether wird gebraucht, um das Ethereum-Netzwerk nutzen zu können. So wie Benzin benutzt wird, um mit dem Auto von A nach B zu kommen, muss man Ether nutzen, um in der digitalen Welt von A nach B zu kommen. Das heisst, jedes Mal, wenn ich eine Transaktion auf dem Ethereum-Netzwerk tätige, gebe ich Ether aus. Und: In Zukunft werden Teile dieser Gebühren verbrannt. Sprich, genauso wie Benzin verbraucht wird, wird auch Ether verbraucht werden. In Zukunft kann Ether daher sogar deflationär sein. 

Läuft Ether Bitcoin den Rang ab? 

Ich mache hier keine finanzielle Beratung, doch für mich ist klar: Ether ist schon jetzt vom Nutzen her grösser als Bitcoin. In den kommenden Jahren wird Ether, gemessen an der Marktkapitalisierung, Bitcoin übertreffen. Die Kritik des fehlenden inneren Werts, die Bitcoin immer wieder anhaftet, wird es bei Ether gar nicht geben. Mit dem kommenden Update "Ethereum 2.0" werden die Gebühren nicht mehr an die Schürfer ausgezahlt, sondern an die Besitzer von Ether-Token. Es wird also quasi eine Dividende gezahlt. Ether wird so zu einem produktiven Asset. 

Was macht für Sie ein gutes Smart-Contract-Netzwerk wie Ethereum und dessen Krypto-Token Ether aus? 

Zum einen ist natürlich als Basis eine gute Technologie zwingend. Doch es müssen auch gute Produkte obendrauf gebaut werden. Polkadot oder Avalanche zum Beispiel haben zwar eine gute Basis-Technologie, doch es werden leider grösstenteils Schrott und Kopien von Ethereum-Produkten darauf gebaut. Zudem braucht es eine starke Community mit einem inspirierendem Leader. 

So wie Vitalik Buterin bei Ethereum? 

Der ist ja quasi ein Semi-Gott in der Ethereum-Community. Ähnliches beobachtet man auch bei Solana und Sam Bankman-Fried, 29 Jahre alt und inzwischen reichster Krypto-Milliardär der Welt. Zudem hat er vor zwei Jahren eine der grössten Kryptobörsen FTX gegründet sowie mit Alameda Research einen der grössten Kryptofonds aufgesetzt. Dass so jemand hinter einem Netzwerk und seinem Token steht, ist – zumindest in den Anfangsjahren – genauso wichtig wie die Technologie selbst. Ethereum ist der Gradmesser, Solana hat Chancen diesen zu erreichen, ebenso übrigens das Terra Netzwerk.  

Sollte man also in Solana und Terra investieren? 

Nun ja, die beiden Assets haben vielleicht ein Fünfzigstel der Marktkapitalisierung von Ether. Also würde es sicher Sinn machen, einen kleinen Betrag in Solana und Terra zu stecken. Am stärksten 'long' bin ich aber weiterhin klar bei Ether.  

Zuletzt hat sich eine Kryptowährung namens Cardano zur viertgrössten Cyber-Devise gemausert. Ihre Meinung? 

Ich halte absolut nichts von Cardano. Mein Problem ist folgendes: Der Zweck von Cardano ist eine Smart-Contract-Plattform wie Ethereum, soweit so gut. Doch bis heute haben sie es noch immer nicht fertig gebracht, Smart Contracts einzuführen. Es soll jetzt offenbar im August 2021 soweit sein. Ihr Hauptprodukt ist also noch nicht live und trotzdem hat der Token zuletzt eine Marktkapitalisierung von 70 Milliarden Dollar erreicht. Wie soll das Sinn machen? 

Wie ist die hohe Marktkapitalisierung von Kryptowährungen zu erklären, hinter denen kaum ein Use Case steckt? Stichwort Dogecoin. 

Viele Krypto-Netzwerke haben sehr grosse Marketingabteilungen. Cardano wird extrem über Netzwerk-Marketing gepusht. Alle möglichen "Pump Groups" und Influencer, die eigentlich keine Ahnung von dem Token haben, treiben Cardano in die Höhe. Das beste Beispiel ist hier die Rally des Dogecoin, einem Token, hinter dem keinerlei Produkt steckt. Getrieben werden die Rallys dieser Coins von Retail-Händlern, nicht von Institutionellen. Ich glaube, je erwachsener der Markt wird, desto mehr wird das Fundamentale zählen. Je mehr Wall-Street-Geld in den wirklich werthaltigen Bereich von Decentraliced Finance (DeFi) fliesst, werden die Preise in DeFi auch mehr steigen als es Dogecoin jemals könnte. 

Es heisst, Sie glauben an eine Marktkapitalisierung des Kryptowährungsmarktes bis 2025 von 25 Billionen Dollar. Wie kommen Sie auf diese Zahl? Momentan stehen wir bei etwas unter 2 Billionen Dollar. 

Ich würde mich hier nicht auf die Zahl aufhängen lassen, sondern es geht eher um Folgendes: Ich glaube, dass bis 2025 der Kryptomarkt grösser sein wird als der Nasdaq. Die Marktkapitalisierung des Nasdaq liegt derzeit eben bei etwa 25 Billionen Dollar. 

Das klingt nach einer sehr steilen These. Der Kryptomarkt müsste einiges in sehr kurzer Zeit aufholen. 

Krypto ist die Evolution der Technologie-Aktien. Anfang der 2000er-Jahre haben Retail-Giganten noch überlegt, ob sie Amazon kaufen sollen, und grosse Filmverleih-Ketten grübelten darüber, Netflix zu übernehmen. Zehn Jahre später wissen wir, beide Unternehmen haben ihre Branchen komplett disruptiert und die alten Player überflüssig gemacht. Dasselbe passiert heute. Viele Nasdaq-Firmen sind Fintechs und Technologiefirmen, die schon heute von Krypto ersetzt werden. Ich sage dabei nicht, dass die Marktkapitalisierung von Krypto zwingend auf 25 Billionen Dollar gehen muss, sondern dass der Wert der Nasdaq-Firmen runtergehen wird. Das Verhältnis kehrt sich also. 

So wie Sie das sagen, klingt das nach einem Mega-Nasdaq-Short. Interpretiere ich das richtig?

Ein Beispiel: Im Zuge von Decentralized Finance wird die gesamte Finanzwelt von Grund auf neu gebaut. Das alleine birgt einen Multi-Billionenwert. Auch Branchen wie die Gaming-Industrie werden voll auf dezentrale Projekte setzen. Sie müssen sehen: Die meisten Projekte und Unternehmen, die im Bereich Defi tätig sind, haben Cashflows, sie haben Anteilseigner mit Stimmrechten, es sind sozusagen "Pseudo-Aktien". Der Unterschied ist, dass diese "Pseudo-Aktien" global in dezentralen Netzwerken gelistet sind und rund um die Uhr, 24/7, gehandelt werden. Dementsprechend wird der Kryptomarkt die meisten Aktienmärkte früher oder später ersetzen. 

Und was passiert mit den traditionellen Aktien? 

Traditionelle Aktien werden in Form von Security Tokens den Kryptomärkten eines Tages beitreten. Trotzdem sollte man schon heute über eines nachdenken: Die neuen Firmen von morgen und übermorgen werden nicht als Firmen gegründet, sondern als dezentrale Netzwerke. Coinbase wurde vor neun Jahren noch als Firma gegründet. Uniswap, eine dezentrale Kryptobörse, die schon heute mehr Volumen als Coinbase hat, ist ein dezentrales Netzwerk. Da gibt es keine Firma mehr. 

Noch mal, um es klar zu machen: Sie glauben also, dass in zehn oder zwanzig Jahren Aktien nicht mehr an der Börse gehandelt werden, so wie man es heute kennt. 

Genau. Es wird auf dezentralen Börsen gehandelt. Man wird seine Aktien als Token in seiner Wallet haben. 

Wenn sie von den neuen Firmen von Morgen oder Übermorgen sprechen: Ist Amazon in Ihren Augen also schon eine alte Firma? Quasi die neue Old Economy? 

Für mich ist es relativ vorhersehbar, dass zumindest beim Thema Onlinehandel in zehn bis 20 Jahren das neue Amazon kommen wird, das komplett dezentral aufgesetzt wird. In einem solchen dezentralen Marktplatz kann sich dann keiner mehr 20 Prozent herausnehmen. Amazon wird also zumindest in seiner Sparte "Marketplace" ersetzt werden. Aber auch andere Amazon-Sparten wie der Cloud-Service AWS sind nicht sicher vor Crypto. Hier gibt es mehrere Projekte, die daran arbeiten, dezentrales Hosting zu betreiben. Was ich sagen will: Es wird in viele dieser profitablen Geschäfte von grossen Firmen reingebissen werden. Auch dass Apple in seinem zentralen App-Store 30 Prozent Gebühren einstreicht, wird in dezentralen Projekten besser gelöst werden. 

Etwas überspitzt ausgedrückt sagen Sie doch, die Amazons und Apples dieser Welt sind früher oder später dem Untergang geweiht. Das widerspricht massiv der aktuellen Marktmeinung. 

Ich besitze selbst Amazon-Aktien. 

Wie lange noch? 

Ich sage nicht, dass man jetzt alles verkaufen und gegen Amazon wetten soll. Ich empfehle nur, ein gewisses Exposure in digitalen Assets zu haben. Denn es fängt immer mit David gegen Goliath an. Früher war Amazon David. Heute ist es Goliath und es gibt viele Davids mit neuen Produkten, die viele Services, die Amazon anbietet, günstiger und besser strukturieren können. Wenn man sich gegen dieses Risiko absichern will, sollte man mit einem gewisses Teil seines Anlagevermögens auch in digitalen Werten investiert sein. 

Und zu was raten Sie konkret? 

In Ethereum zu investieren, wäre hier eine relativ einfache Möglichkeit. Der Amazon-Wettbewerber, der bald gebaut wird, dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Ethereum laufen. Und jede Transaktion, die hier getätigt wird, generiert Wert für Ethereum. 

Sie sind fast ausschliesslich in Krypto investiert. Was macht Sie so sicher, praktisch alles auf diesen Bereich zu setzen?  

Effizienz gewinnt immer. Nehmen Sie Netflix. 2009 hat das Unternehmen den Leuten DVDs nach Hause geschickt, was damals ein grosses Ding war. Vorher musste man immer in die Videothek gehen, um neue Filme schauen zu können. Netflix hat einfach jede Woche eine neue DVD geschickt. Damals dachte ich, hey das ist effizient, ich kaufe Aktien von denen. Wie es danach mit Netflix weiterging, ist bekannt. 

Welcher traditionelle Bereich ist in Ihren Augen besonders durch DeFi und Krypto gefährdet. 

Wenn ich die Möglichkeiten von DeFi mit den traditionellen Banken vergleiche, denke ich, oh mein Gott. Da liegen einfach Welten dazwischen. Mit Krypto mache ich grössere Transaktionen an einem Sonntag um 4 Uhr morgens und das Geld ist in zehn Sekunden da, egal wo auf der Welt. Das ist bei traditionellen Banken undenkbar. Und damit spreche ich nur die Spitze des Eisbergs an von dem, was möglich ist. Es gäbe noch vieles anderes: Handel, Leihgeschäfte, Versicherungen, Derivate. Jedes Finanzinstrument, was es auf der Welt gibt, existiert bereits auf DeFi. 

Trauen Sie den Banken nicht zu, sich DeFi anzunehmen und deren Vorteile in ihr Geschäftsmodell zu integrieren? 

Das Problem ist einerseits, dass die aktuellen Player die neue Technologie zwar sehen und durchaus zu nutzen bereit sind, doch sie tun dies nur halbherzig. Doch viel wichtiger ist, sie wollen ja weiter Gebühren daran verdienen. Jeder Bank hat seinen eigenen Coin, und will man untereinander Geld verschicken, werden sie Geld verlangen. Dieses Problem haben Sie nicht bei dezentralen Netzwerken wie Ethereum. Dort gibt es kein Rentseeking. Deine Wallet gehört niemandem ausser dir. Die grosse Innovation von Defi ist, dass es die Kapitalisierung deines Kapitals komplett an dich zurück gibt. Das heisst, wenn ich Cash auf der Bank habe, dann leiht es die Bank jemand anderen aus, ich bekomme nichts davon. Wenn ich Cash auf meiner Ethereum-Wallet habe, kann ich es ausleihen und ich bekomme 100 Prozent davon. 

Wie lange werden die Banken noch überleben? 

Das kann ich nicht genau sagen. Aber ich kann Ihnen sagen, dass ich heute noch long Amazon bin, aber bereits grössere Short-Positionen auf den Bankensektor habe. Banken in 2021 shorten ist wie den herkömmlichen Einzelhandel in 2005 oder 2010 shorten. Wer damals Firmen wie die Handelskette Sears geshortet hat, den kann man nur beglückwünschen. 

Zum Schluss die Frage: Müssen wir jetzt alles in Krypto stecken und tatsächlich unsere Aktien verkaufen?

Ich glaube, dass es 2030 mehr dezentrale autonome Organisationen (DAO) geben wird als "normale" Firmen. Es wird immer mehr dazu kommen, dass sich neue Startups überlegen werden, ob sie als zentrale Firma anfangen wollen oder gleich dezentral loslegen. Die grossen Firmen von morgen werden keinen Börsengang machen. Sie werden einen Token launchen, durch den man sich an der Firma beteiligen kann. Aktien wird es von denen nicht geben.

Felix Hartmann ist Gründer und Managing Partner von Hartmann Capital, einem der ersten Hedgefonds für Krypto-Anlagen. 2018 gründete er das Unternehmen in Los Angeles, welches mittlerweile im aufstrebendem US-Krypto-Hotspot Miami angesiedelt ist. Hartmann ist seit 2012 im Handel mit Kryptowährungen tätig. Er ist gebürtiger Deutscher, lebt aber seit 13 Jahren in den USA.