Der führende Aktienindex der Eurozone EuroStoxx 50 Index begrüsst den seltenen Aufstieg eines Biotech-Unternehmens. Dies verspricht, neues Interesse an einem Sektor zu wecken, der von den Anlegerinnen und Anlegern lange ignoriert wurde.
Argenx, nach einer Rallye von rund 7200 Prozent seit der Börsennotierung in Brüssel vor mehr als 11 Jahren, wird mit 38 Milliarden Euro bewertet und somit am kommenden Montag in den EuroStoxx-50-Index aufgenommen. Es wird das erste Biotech-Unternehmen sein, das seit mindestens 2002 in den europäischen Leitindex aufgenommen wird.
Analysten zufolge hat die Aktie noch erhebliches Aufwärtspotenzial, angetrieben durch eine Blockbuster-Behandlung für eine Autoimmunerkrankung und eine Reihe anderer Krankheitsbilder. Das Rampenlicht könnte auch die längst überfällige Aufmerksamkeit auf einen Sektor lenken, der vielversprechend, aber in der Region unterbewertet ist.
«Argenx ist ein Vorbild auf globaler Ebene», sagte David Seynnaeve, Analyst bei der Bank Degroof Petercam, der die Aktie mit «Kaufen» einstuft. «Es wird dazu beitragen, das Interesse europäischer Generalisten-Investoren, die im Vergleich zu US-Investoren tendenziell risikoscheuer sind, für die Story zu wecken.»
Der Erfolg des Unternehmens ist eng mit Vyvgart verbunden, einer Behandlung, deren Umsatz sich im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt hat, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen. Das Medikament erhielt Ende 2021 in den USA die Zulassung als Mittel gegen Myasthenia gravis. Im vergangenen Jahr folgte die Zulassung für die Behandlung der chronisch inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP), einer Erkrankung, die zu Muskelschwäche und Gefühlsverlust in Armen und Beinen führt.
Für diese Krankheiten besteht ein grosser ungedeckter Patientenbedarf, sagte Charles Pitman-King, Analyst bei Barclays, der die Aktie ebenfalls mit einem äquivalenten Rating zu «Kaufen» auf dem Zettel hat. «Mit rund 15 Indikationen, die derzeit untersucht werden, entsteht ein Pipeline-in-a-Product-Asset, das eine enorme operative Hebelwirkung erzeugen kann», sagte er.
Der Fokus verlagert sich auch auf andere Bereiche der Argenx-Pipeline, einschliesslich des experimentellen Wirkstoffs ARGX-119 für angeborene myasthene Syndrome, eine Gruppe von Krankheiten, die durch Muskelschwäche gekennzeichnet sind. Für diese seltenen Erbkrankheiten sind derzeit keine Therapien von der US-amerikanischen Food and Drug Administration zugelassen.
Übergang in die kommerzielle Phase gemeistert
Biotech-Unternehmen treiben typischerweise das wissenschaftliche Verständnis auf der Suche nach Behandlungsmethoden voran - ein Unterfangen mit hohem Risiko und hoher Belohnung, das oft damit endet, dass grössere Pharmaunternehmen sie aufkaufen, sobald ihre experimentellen Medikamente vielversprechend sind. Ein solches Beispiel ist der Kauf der MorphoSys durch die Novartis für 2,7 Milliarden Euro im letzten Jahr.
Zu den weiteren börsennotierten Biotech-Unternehmen in Europa gehören die in Kopenhagen notierte Genmab mit einer Marktkapitalisierung von rund 18 Milliarden US-Dollar. BioVersys, die Anfang dieses Jahres in Zürich an die Börse ging, notiert am Freitag am späten Morgen rund 13 Prozent unter dem Ausgabepreis.
«Argenx ist ein Paradebeispiel für ein erfolgreiches Unternehmen, das den entscheidenden Übergang von der klinischen Entwicklung zur kommerziellen Biopharma-Phase gemeistert hat», meint Ailsa Craig, Portfoliomanagerin beim International Biotechnology Trust. «Es ist jetzt ein fest etablierter Akteur.»
Analysten bleiben bei Argenx überwältigend optimistisch: 14 der 16 von Bloomberg erfassten Analysten stufen das Unternehmen mit «Kaufen» oder einem äquivalenten Rating ein. Die Aktie gehört zu den Top-Picks der Bank of America für 2025, wobei erwartet wird, dass sich die Dynamik bis 2026 fortsetzt, wie deren Analysten kürzlich in einer Notiz schrieben.
Dennoch stufte die Deutsche Bank die Aktie letzte Woche – rund zwei Monate nach einer Heraufstufung – von «Kaufen» auf «Halten» herab, nachdem sie seit Anfang Juli um mehr als 30 Prozent gestiegen war. Andere Analysten sehen weiteres Aufwärtspotenzial, wobei das durchschnittliche Kursziel einen Zuwachs von mehr als 10 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau impliziert.
(Bloomberg/cash)