Die Aktionärinnen und Aktionäre des Nahrungsmittelherstellers Orior sind in diesem Börsenjahr mit einem Kursverlust von 70 Prozent nicht zu beneiden. In der letzten vollen Börsenwoche 2025 konnte sich der Valor immerhin positiv in Szene setzen: Der Titel belegt die Spitzenposition im Swiss Performance Index (SPI) mit einem Plus von 15 Prozent.
Zuletzt zeigt sich Orior-CEO Maria Walliser im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin Bilanz zuversichtlich, die Guidance für das laufende Jahr halten zu können. Orior teilte hierzu am 1. Juli mit, für 2025 eine adjustierte Marge beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 5,9 bis 6,4 Prozent anzustreben. Die von Bloomberg befragten Analysten erwarten einen Umsatz von 633 Millionen Franken für das gesamte Geschäftsjahr 2025, womit der Ebitda auf 37,4 bis 40,5 Millionen Franken zu stehen kommen sollte.
Zur Verbesserung der operativen Profitabilität wird der Hebel primär beim Fleischverarbeiter Albert Spiess AG angesetzt. Das Unternehmen war unter den gegebenen Marktdynamiken nicht mehr zukunftsfähig. Die Herstellung aller Albert-Spiess-Produkte, die keinen direkten Bezug zum Bündnerland haben, wird deshalb bis im Sommer 2026 zu Rapelli nach Stabio im Tessin transferiert.
Erdrückende Schuldenlast
Am gewichtigsten drückt der Schuh bei der Verschuldung. Diese stehen im Verhältnis zum Ebitda im ersten Halbjahr 2025 auf den Multiplikator 5,2 im Vergleich zu 3,4 im ersten Halbjahr 2024. Gleichzeitig ist die Eigenkapitalquote von 19 auf unter 10 Prozent gesunken. Deshalb wird mit Nachdruck daran gearbeitet, die Verschuldung bis Ende 2026 mit Resultatverbesserungen und ausserordentlichen Erträgen um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag zu reduzieren. Die Gesamtschulden beliefen sich per Ende Juni auf 186,2 Millionen Franken, wobei 83,7 Millionen Franken auf kurzfristige und 102,8 Millionen Franken langfristige Schulden entfielen.
In diesem Punkt scheint das Unternehmen beim Verkauf der nicht-betriebsnotwendigen Liegenschaften voranzukommen. Auf der anderen Seite ist der Verkauf der belgischen Tochter Culinor mit einem geschätzten Preis von 70 Millionen Franken weiter in Schwebe. Der Abschluss dieser Transaktionen würde es der Gruppe ermöglichen, für den Moment kurz durchzuschnaufen, da die wohl relativ teuren, kurzfristigen Schulden vollständig abgebaut werden könnten.
Da beim Schuldenabbau noch keine konkreten Resultate vorliegen, dürfte der jüngste Kursanstieg an der Börse wohl auf Spekulanten und Händler zurückzuführen sein, welche bei ihren Short-Positionen Gewinne mitgenommen haben. Diese Leerverkäufer dürften bei Orior auch in Zukunft die Aktienkursentwicklung mitbestimmen. Denn selbst wenn der Schuldenabbau wie prognostiziert gelingt, wartet weiter viel Arbeit auf das Managementteam um CEO Walliser.
Eine Restrukturierung ist immer mit hohen, kurzfristigen Kosten und Unsicherheiten verbunden. Insofern braucht es Zeit, ehe sich abzeichnet, ob die Gruppe in der heutigen Form längerfristig überlebensfähig ist. Denn am Ende zählt nur, ob für die Aktionäre Mehrwert geschaffen werden kann. Deshalb kann auch festgehalten werden: Um über eine Wiederaufnahme der Dividendenzahlungen nach dem jüngsten Kurshüpfer zu spekulieren, ist es definitiv viel zu früh.
Wieso Orior im Konkurrenzvergleich einen schweren Stand hat und wie sich der Nahrungsmittelhersteller mittelfristig neu erfinden kann, lesen Sie hier.

