Angesichts der steigenden Anleiherenditen, die durch die straffere Haltung der US-Notenbank Fed angeheizt werden, leidet nicht nur der US-Technologieindex Nasdaq. Auch die europäische Technologiebranche scheint anfällig für weitere Kursverluste zu sein. 

Der Stoxx 600 Technology Index ist in diesem Jahr nach dem Einzelhandel die zweitschlechteste Branchengruppe in Europa. Der Rückgang von gut 24 Prozent fällt deutlich stärker aus als beim Nasdaq 100 mit minus 15 Prozent. Unterdessen liegt die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen bei 2,9 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit Dezember 2018.

Nachdem die Technologiebranche zu Beginn des Jahres 2022 im Vergleich zum Gesamtmarkt hoch bewertet gewesen war, hat sie seither deutlich an Wert verloren. Anleger und Anlegerinnen gaben vielmehr defensiven Branchen wie dem Gesundheitswesen sowie billigen Rohstoffsektoren den Vorzug, die eine Inflationsabsicherung bieten. 

Die Strategen der Deutschen Bank, Bankim Chadha und Parag Thatte, sind der Ansicht, dass die historische Outperformance des Technologiesektors während der vergangenen Zinserhöhungszyklen der Fed aufgrund seiner Stärke während der Pandemie aus dem Gleichgewicht geraten ist. 

Und da die Gewinndynamik des Sektors vor den Zahlen für das erste Quartal nachlässt, ist der europäische Technologiesektor nach Ansicht vieler Strategen anfällig für weitere Abwärtsbewegungen. Die Analysten von Bloomberg Intelligence heben als Beispiel hierzu die halbierten Aktienrendite-Schätzungen für den Chipausrüster ASML hervor. Das Unternehmen hat am Mittwoch mit den Zahlen zum ersten Quartal die Erwartungen der Analysten verfehlt.

Technologiesektor weiterhin teuer

Härtere Vergleiche auf Jahressicht seien auch "ein Problem für den breiteren Tech-Bereich", sagen die Strategen von JPMorgan unter der Leitung von Mislav Matejka. "Die Performance ist den zugrundeliegenden Erträgen vorausgelaufen und wir denken, dass es ein gewisses relatives Abwärtsrisiko für den Sektor gibt", fügen sie hinzu und bleiben bei einer neutralen Einschätzung für die europäischen Technologiewerte.

Die Technologieanalysten von JPMorgan bevorzugen ASML und ASMI im Halbleitersektor. Sie sind auch der Meinung, dass der 30-prozentige Anteil von STMicro am Markt für Mikrocontroller, wo die Preise in diesem Jahr aufgrund von Chipknappheit in die Höhe geschossen sind, das Unternehmen in die Lage versetzt, die Schätzungen gegenüber Infineon zu übertreffen. Mittelfristig bevorzugen sie jedoch immer noch Infineon.

Die Barclays-Strategen stufen den Sektor mit "Marktgewichtung" ein und sind der Meinung, dass der Technologiesektor trotz der jüngsten Underperformance weiterhin teuer sei. Darüber hinaus profitiere der Sektor immer noch von einer hohen Allokation in den Portfolios der Fondsmanager, was die Aktien aus Sicht der Positionierung anfällig mache. 

Die Strategen sind aber der Meinung , dass ohne grosse negative Überraschungen in der kommenden Ertragssaison die jüngsten negativen Kursbewegungen "zu deutlich" gewesen seien, da die Halbleiterindustrie immer noch von der anhaltenden Chipknappheit profitiere.

(Bloomberg/cash)