Die neue Börsenwoche wird zeigen, ob die bislang stockende Jahresendrally in Schwung kommen wird. Neue Impulse erhoffen sich Anleger vor allem von der Zinsentscheidung der US-Notenbank und der anschliessenden Pressekonferenz mit Fed-Chef Jerome Powell.

«Die Fed wird den Leitzins wohl erneut senken», sagte Christian Henke, Analyst vom Broker IG. Aber die Frage sei, wie die zinspolitischen Aussichten für 2026 seien. Der Zinsoptimismus der Anleger nach schwachen US-Konjunkturdaten beflügelte in der alten Woche die Aktienmärkte dies- und jenseits des Atlantiks.

Die wichtigsten US-Indizes machten einen weiteren, wenn auch kleinen Schritt auf ihrem Weg zurück zu ihren Rekordständen, die einige Wochen alt sind. 

Der Dow Jones Industrial festigte sein Dreiwochenhoch, indem er sich um bis zu 133 Punkte über die Marke von 48'000 Punkten vorwagte. Halten konnte er diese jedoch nicht, denn über die Ziellinie ging er mit 47'955 Zählern, was ein Plus von 0,22 Prozent bedeutete. Das Rekordhoch vom November bei etwas über 48'430 Punkten kommt damit wieder in greifbare Nähe. Im Wochenverlauf legte der Leitindex ein halbes Prozent zu.

Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Freitag um 0,19 Prozent auf 6870 Zähler nach oben, während der technologielastige Nasdaq 100 mit 25'692 Punkten auf ein Plus von 0,43 Prozent kam. Für Bestmarken müssten diese beiden Indizes über 6920 beziehungsweise 26'182 Punkte steigen.

Auch am Schweizer Aktienmarkt ist der Aufschwung zum Wochenschluss weitergegangen. Der Leitindex SMI hat in den vergangenen 13 Tagen zwölf Mal zugelegt.

Der Swiss Market Index stieg um 0,33 Prozent auf 12'936 Punkte. Damit rückt die mehr psychologisch als technisch wichtige Schallmauer von 13'000 Punkten wieder in Griffweite, unter die er im Zuge des «Tags der Befreiung» von US-Präsident Donald Trump im April gefallen war. Auf Wochenfrist hat der SMI damit ein Plus von 0,8 Prozent erzielt. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, kletterte um 0,35 Prozent auf 2095 und der breite SPI um 0,21 Prozent auf 17'777 Zähler. Im SLI kamen 17 Gewinner auf 13 Verlierer.

Zinssenkungen in den USA erwartet

Nach Daten der CME Group gehen die Marktteilnehmer derzeit von drei Zinssenkungen im kommenden Jahr aus. «Einerseits schaut die Fed derzeit mehr auf den sich abschwächenden Arbeitsmarkt als auf den Inflationstrend, andererseits wird mit Kevin Hassetts voraussichtlicher Ernennung zum künftigen Fed-Chef Donald Trumps Einfluss auf die US-Notenbank noch grösser als bisher», erläutert Robert Greil, Chefstratege bei der Privatbank Merck Finck, mit Blick auf den Wirtschaftsberater im US-Präsidialamt.

Nähere Hinweise für den geldpolitischen Kurs der Federal Reserve im ersten Halbjahr 2026 erhoffen sich Börsianer aus Powells Aussagen am Mittwochabend. Ob die Weihnachtsrally danach Fahrt aufnimmt, bleibe jedoch abzuwarten. «Saisonal ist der Dezember nicht der beste Monat im Schlussquartal», warnt IG-Analyst Henke.

Am Donnerstag wird auch Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren letzten Zinsentscheid des Jahres 2025 treffen. «Wir erwarten, dass die SNB ihren Leitzins an ihrem Dezember-Meeting bei 0 Prozent belässt», schreiben Ökonomen der UBS. Das Übereinkommen mit den USA habe die Abwärtsrisiken für das Wachstum der Schweizer Wirtschaft reduziert, und die Frankenstärke habe zuletzt nachgelassen, führen sie aus.

Adobe und Oracle berichten über Geschäftsgang

Auf der Unternehmensseite stehen nur wenige grössere Termine auf der Agenda. In den USA stehen die Geschäftsberichte der Baumarktkette Home Depot, der Softwarekonzerne Adobe und Oracle sowie des Einzelhändlers Costco an. In der Schweiz führt das Industrieunternehmen Phoenix Mecano seinen Kapitalmarkttag durch.

Im Weiteren verunsichere die Anleger die Tatsache, dass der teilweise Stillstand der US-Verwaltung die Veröffentlichung mehrerer US-Konjunkturdaten verzögert hat, sagt Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. «Es ist heute bereits der dritte erste Freitag im Monat, an dem keine US-Arbeitsmarktdaten veröffentlicht werden.»

Die Zahlen für September wurden zwar nachveröffentlicht, der Bericht für Oktober fällt jedoch voraussichtlich aus. «Für die November-Werte müssen sich Anlegerinnen und Anleger noch bis zum 16. Dezember gedulden», sagt Altmann.

Am Dienstag blicken Anleger auf die chinesischen Aussenhandelsdaten für November. Im Fokus bei den weiteren Konjunkturdaten steht unter anderem die Veröffentlichung von Zahlen zur deutschen Industrie für Oktober am Montag. Die Produktion in der Bundesrepublik dürfte Experten zufolge langsamer als im Vormonat steigen. Das Barometer der Beratungsfirma Sentix dürfte hingegen zeigen, dass sich die Konjunkturerwartungen der Börsianer im Dezember verbessert haben. Zur Wochenmitte rücken die chinesischen Inflationsdaten in den Mittelpunkt.

Im Fokus der neuen Konjunkturdaten sind unter anderem die am Dienstag anstehenden Zahlen für die deutschen Warenexporte im Oktober. Von Reuters befragte Experten erwarten einen Rückgang um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat, nachdem die Kennzahl im September noch um 1,4 Prozent gestiegen war.

«Die Exporte in den früheren Boommarkt China fallen und fallen, weil die Chinesen in vielen Bereichen nach Autarkie streben, und dies ihnen auch immer besser gelingt», erläutert Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Dies verschlechtere die bereits durch die US-Zölle eingetrübte Lage.

(Reuters)