Als er die Deutsche Bank leitete, war Josef Ackermann gegen eine Fusion mit der Commerzbank. Zehn Jahre nach der durch Lehman Brothers ausgelösten Krise sagt er nun, dass eine Fusion, bei der europäische Grossbanken involviert sind, den Banken-Champion schaffen könnte, den Europa in einer Ära von Donald Trumps "America First" braucht.

Im Investment Banking "übernehmen die USA absolut die Macht. Ist das gut? In einem Klima von America First, sollten die Europäer nicht versuchen, das zu ändern?" fragte Ackermann, der die Deutsche Bank in den zehn Jahren bis 2012 leitete, in einem Interview mit Bloomberg Television.

Ein Jahrzehnt nach Lehman und der TARP-Rekapitalisierung, die nach allgemeiner Auffassung die US-Banken auf eine solide Grundlage gestellt hat, befinden sich die europäischen Banken in einer unterlegenen Position und haben keine andere Wahl, als grenzüberschreitende Fusionen zu verfolgen, sagte er. Die Regulierung muss stärker unterstützend sein, europaweite Transaktionen zu fördern, und politische Hindernisse könnten die Konsolidierung in dem durch zu viele Banken geprägten deutschen Markt erleichtern, so Ackermann.

Die Deutsche Bank habe sich eine mögliche Fusion mit der Commerzbank "viele, viele Male" angeschaut, aber "wir sind immer zu einem negativen Ergebnis gekommen", sagte er angesichts der politischen Schwierigkeiten, die sich aus dem Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland ergeben hätten, als die Arbeitslosigkeit höher war. "Vielleicht haben sich die Dinge geändert. Ich bin mir sicher, dass die Bereitschaft der Menschen, Umstrukturierungen auf dem deutschen Markt zu akzeptieren, höher ist als damals, als ich dort war."

Ackermann, ein 70-jähriger Schweizer, leitete den Investmentbanking-Bereich der Deutschen Bank, bevor er 2002 als erster Nicht-Deutscher Chef der grössten deutschen Bank wurde. Mit der Integration des in den USA erworbenen Bankers Trust-Geschäfts wurde die Deutsche Bank ein Global Powerhouse im Investment Banking, insbesondere bei Derivaten. Sie war die grösste europäische Bank gemessen an der Bilanzsumme.

Sinkender Aktienkurs

Aber in den sechs Jahren seit seinem Ausscheiden ist die Deutsche Bank zu einem Schatten ihres Boom-Zeiten-Selbst geworden: Strengere Kapitalvorschriften nach der Krise hemmten die Rentabilität ihrer früheren Stärken im Handel und die jahrelangen Niedrigzinsen lasteten auf den Erträgen aus der Kreditgeschäft. Hinzu kamen Geldstrafen von 18 Milliarden Dollar für vergangenes Fehlverhalten, vieles davon aus Ackermanns Zeit. Die Aktie fiel im Juni im Gefolge der Absetzung von CEO John Cryan auf ein Rekordtief und sein Nachfolger hat den vierten Turnaround-Plan der Bank in ebenso vielen Jahren enthüllt. Der Börsenwert der Deutschen Bank ist unter 20 Milliarden Euro gesunken, ein Bruchteil der Marktkapitalisierung von JPMorgan oder Citigroup.

Im zweiten Quartal steigerten US-Banken ihre gesamten Handelserträge um 9,5 Prozent, wobei die M&A-Provisionen um 7 Prozent stiegen. Indes verzeichnete die Deutsche Bank ihr schwächstes zweites Quartal im Festverzinslichen-Handel seit der globalen Krise.

In Europa sind die Leute "weniger pragmatisch", sagte Ackermann. "Wir sprechen immer noch über Altlasten. In den USA blicken alle in die Zukunft. "

Um die Situation umzukehren, schliesst sich Ackermann dem Chor der Stimmen an, die Führungskräfte im Finanzsektor auffordern, nach grenzüberschreitenden Konsolidierungen zu suchen, um die Landkarte in Europas Finanzsektor neu zu zeichnen. Letzten Monat hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz beklagt, dass deutsche Banken nach der Finanzkrise hinter den globalen Wettbewerbern zurückgefallen seien, was Spekulationen aufkommen liess, dass Zusammenschlüsse unter den zahlreichen Kreditinstituten des Landes in der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel an Beliebtheit gewinnen.

"Wir müssen alles tun, um einen einheitlichen Markt und einen europäischen Markt mit den gleichen regulatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen, so dass wir in Zukunft mehr grenzüberschreitende Konsolidierungsschritte haben können", sagte Ackermann.

Ausserhalb Deutschlands haben Medien in diesem Jahr über Gespräche zwischen UniCredit, dem grössten italienischen Kreditinstitut, und Frankreichs Société Générale berichtet angesichts der Tatsache, dass der Chef von UniCredit führende Positionen bei beiden Institutionen inne hatte. Im Vereinigten Königreich wurde über eine Verbindung zwischen Barclays und Standard Chartered spekuliert.

(Bloomberg)