Nach dem verlorenen Jahr 2022 sind die Technologie-Werte in diesem Jahr ihrem Ruf als Outperformer wieder gerecht geworden. Während der S&P 500 Index seit Jahresbeginn 8 Prozent zugelegt hat, erzielte die Hedgefonds-VIP-Liste der beliebtesten Long-Positionen von Goldman Sachs im gleichen Zeitraum eine Rendite von 14 Prozent. 

Die Strategen von Goldman Sachs erklärten gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg, dass Microsoft, Amazon, Meta und Alphabet weiterhin die vier am häufigsten vorkommenden Aktien in der 50 Titel umfassenden VIP-Liste der Hedgefonds sind. Diese Positionen sind jüngst auf ein Rekordhoch gestiegen und machen nun 9 Prozent des Hedgefonds-Long-Portfolios aus. Goldman Sachs analysierte dabei die Portfolios von 740 Hedgefonds mit Bruttoaktienpositionen in der Höhe von 2,2 Billionen Dollar zu Beginn des zweiten Quartals 2023. 

Ein Blick auf die Auswertung der Performance des Nasdaq 100 Index zeigt, wie stark diese Mega-Cap-Techaktien dank dem Stichwort Künstliche Intelligenz (KI) zugelegt haben. Nvidia führt die Liste bei den Kursgewinnern mit einem Plus von 109,99 Prozent seit Jahresbeginn an, dicht gefolgt von Meta mit 105,05 Prozent. Unter den Top Ten finden sich auch die Technologieunternehmen Advanced Micro Devices und Alphabet, wenn auch deutlich abgeschlagen gegenüber dem Spitzenduo. 

Die besten und schlechtesten Aktien an der Nasdaq seit Jahresbeginn (2023).

Die besten und schlechtesten Aktien an der Nasdaq seit Jahresbeginn 2023.

Quelle: Bloomberg

Ein Blick auf die Ratings dieser Mega-Cap-Techaktien zeigt, dass das Kurspotenzial noch nicht ausgereizt sein könnte. Das Stichwort Künstliche Intelligenz beflügelt die Fantasien. Neben dem von der stark steigenden Chipnachfrage profitierenden Unternehmen Nvidia ist Microsoft sehr früh mit der KI-Anwendung ChatGPT an den Start gegangen. 

Google und Amazon haben erst jüngst damit begonnen, ihre KI-Initiativen konkret umzusetzen. Dabei sind es gemäss Finanzanalysten nicht die Apps, welche in Zukunft für höhere Gewinne sorgen sollen. Es sind die Speicher- respektive sogenannten Cloud-Dienstleistungen, welche ein noch grösseres Wachstumspotenzial haben, da KI-Anwendungen den Speicherbedarf enorm in die Höhe treiben dürften. Die Analysten gehen davon aus, dass Amazon, Google und Microsoft überdurchschnittlich von diesem Trend profitieren werden. 

Weiterhin attraktive Kursziele der Big-Tech-Aktien

Die Investmentbank Mizuho hat jüngst das Kursziel für die Amazon-Aktie von 145 auf 160 Dollar angehoben. Dies ergibt gegenüber dem aktuellen Kurs ein Potenzial von 41 Prozent. Mizuho Securities nannte das E-Commerce- und Cloud-Computing-Unternehmen auch seine Top-Wahl für die zweite Jahreshälfte und deren Analyst James Lee sieht grosses Potenzial für das Cloud-Computing-Geschäft Amazon Web Services des Unternehmens angesichts der Hinzufügung von Diensten für künstliche Intelligenz. Untersuchungen zeigen, dass die Gen-AI-Nachfrage von AWS aufgrund der einfachen Umstellung und Produktdifferenzierung zugenommen hat.

"Gen-AI ist preislich deutlich höher als herkömmliches Computing einzustufen, sodass es sowohl Umsatz als auch Marge steigert“, erklärt der Analyst und bewertet die Aktie weiterhin mit Kaufen. Bloomberg Intelligence schreibt, dass Amazon auf bestem Weg sei, das Allzeithoch bei Umsatz und Ebitda zu erreichen. Dies habe zudem den positiven Effekt, dass es erhebliche Unterstützung für seine stabile A1/AA-Kreditwürdigkeit gebe. Aktuell weisst Amazon ein Kurs-/Gewinn-Verhältnis (KGV) von 74 aus. 

Die beiden Mitstreiter im KI-Wettbewerb und Cloud-Computing, Google und Microsoft, weisen gegenüber Amazon ein KGV von 25 und 33 aus. Jefferies-Analyst Brent Thill hat am Dienstag das Kursziel für Google respektive Alphabet von 130 auf 150 Dollar erhöht und sein Kaufen-Rating bestätigt. Das neue Kursziel ergibt ein Aufwärtspotenzial von 20 Prozent. 

Bei Microsoft erhöht der Mizuho-Analyst Gregg Moskowitz das Kursziel von 325 auf 340 Dollar und behält die Kaufempfehlung bei. Der Analyst ist zuversichtlich, dass die Wachstumschancen des Unternehmens mittelfristig und darüber hinaus grösser als erwartet sind. Das eröffne ein "erhebliches“ Potenzial zur Monetarisierung generativer KI. Aktuell ergibt sich basierend auf dem Kursziel ein Potenzial von 11 Prozent. Dies ist deutlich geringer als bei Amazon oder Google. Allerdings hat die Börsenrally bei den Microsoft-Titeln auch deutlich früher eingesetzt. 

Thomas Champion, Analyst bei Piper Sandler, bekräftigt die Bewertung mit "Übergewichten" für den Überflieger Meta mit einem Kursziel von 270 Dollar, nachdem er sich eingehend mit den Fähigkeiten des Unternehmens im Bereich der künstlichen Intelligenz befasst hat. Der Analyst beurteilte in einer Kundennotiz am Dienstag die Positionierung von Meta im Bereich digitale Werbung und KI positiver.

Dabei nutzt Meta KI, um ein höheres Nutzerengagement zu fördern, bessere, stärker automatisierte Tools für Werbetreibende zu entwickeln und ein Open-Source-KI-Ökosystem zu schaffen. Die Investition von Meta mag vom Metaverse in den Schatten gestellt worden sein, aber seine KI-Initiativen "könnten bald Umsatzbeteiligungsgewinne auslösen“ in den Jahren 2023 und 2024 und damit den nach der App-Tracking-Transparenz an Apple verlorenen Boden wieder aufholen. Meta bleibt Pipers erste Wahl im Bereich der digitalen Werbung. 

Im Vergleich zu den drei anderen Titel hat Meta bloss ein 20er-KGV. Das Aufwärtspotenzial beträgt bis zum Kursziel des Sandler-Analysten 8 Prozent. 

Finanzwerte nicht mehr unter den Top-Aktien

Die nicht technologielastigen Hedge-Fonds positionierten sich gemäss der Strategiemitteilung von Goldman Sachs im ersten Quartal aufgrund von Faktoren wie KI-Optimismus mit Tech-Long-Positionen, während die Fonds ihr Engagement in Finanz- und Telekommunikationswerten reduzierten. Diese Reduktionen hängen primär mit der verringerten Marktbreite in diesen Sektoren zusammen.

Das Universum der breiter aufgestellten Hedge Fonds hat seit Jahresbeginn nur eine Rendite von 3 Prozent erzielt.

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren