Der breite Schweizer Aktienmarkt erklomm im Oktober ein Allzeithoch - der Swiss Performance Index (SPI) stieg vorübergehend auf 17'456 Punkte. Markant ist dabei die Bewegung seit Ende September: Von unter 16'500 Punkten am letzten Donnerstag vor dem Monatswechsel ging es in der Spitze um gut 6 Prozent nach oben. Damit war auch der Rückschlag vom April überwunden, der auf den eskalierenden Zollstreit zurückgegangen war.
Nicht alle Aktien machten den Aufwärtstrend mit, beispielsweise setzten Aryzta und Komax ihre schon länger anhaltende Talfahrt fort. Hingegen: Die Valoren von Nestlé rückten um 7 Prozent auf bis zu 76 Franken vor - ein Aufatmen nach dem abrupten CEO-Wechsel im September und der von Problemen belasteten Zeit zuvor.
Inzwischen hat Philipp Navratil die Führung des Lebensmittelkonzerns übernommen. Von ihm heisst es, er sei direkt, ambitioniert und ergebnisorientiert. Das sind Qualitäten, die mit dem Blick nach vorne gefragt sind: Nun sei der Zeitpunkt für operative Disziplin und Fokus auf Schlüsselkennzahlen, auf schnelle Produktinnovationen und Kategorieführerschaft, schreibt Vontobel-Analyst Jean Philippe Bertschy in einer Notiz von Anfang Oktober. Im Schnitt trauen er und seine Berufskollegen der Aktie einen 13-prozentigen Aufstieg auf 85 Franken zu. Daran gemessen wäre es aber überraschend, wenn die Valoren in den kommenden zwölf Monaten über das Zwischenhoch von 91 Franken im vergangenen März hinauskommen.
Am Donnerstag ist Bestandesaufnahme. Das Unternehmen aus Vevey liefert Zahlen zu den ersten neun Monaten des Jahres. Für das dritte Quartal erwartet die Zürcher Kantonalbank (ZKB) ein internes Realwachstum (RIG) von 0,2 Prozent, nach 0,2 Prozent im ersten Halbjahr. Ebenso wichtig wie die Zahlen wird Navratils erster Auftritt als Nestlé-CEO sein. Die ZKB rechnet nicht mit signifikanten Ankündigungen seinerseits. Er werde wohl den von seinem Vorgänger Laurent Freixe eingeschlagenen Weg weiterverfolgen - und «mit einem höheren Tempo und neuen Ideen sowie durch eine ehrliche Kommunikation versuchen, Vertrauen zurückzugewinnen».
Richemont und Swatch von guter Stimmung getragen
Eine etwas ausgedehntere Klettertour als Nestlé haben Richemont und Swatch hinter sich. Zwischen Mitte August und den Tagen der ersten Oktoberhälfte sind die Valoren von Richemont um 22,9 und die Aktien von Swatch um 17,4 Prozent gestiegen. Seit den so erreichten Zwischenhochs sind sie aber wieder etwas zurückgefallen und bleiben unter den Hochs von Anfang Jahr.
Der jüngste Aufstieg wurde von einer positiven Stimmung um Luxusgüteraktien getragen. Etwa verbesserten sich die Titel von LVMH seit August um knapp 26 Prozent, jene von Kering rückten um fast 50 Prozent vor. Schützenhilfe hatten die Analysten von HSBC geboten. Sie schrieben, die amerikanischen Konsumenten würden sich im vierten Quartal noch zurückhalten, was ein kurzfristiger Einfluss sei. Zugleich dürften die chinesischen Konsumenten stärker in den Markt einsteigen. «Und beide Seiten sollten zu einem besseren Wachstum im nächsten Jahr beitragen», führten die HSBC-Experten aus.
Zwar stufen die meisten Analysten Richemont mit «Buy» ein. Komplett problemfrei darf man sich die nahe Zukunft der beiden Schweizer Luxusgüterunternehmen aber nicht vorstellen. Richemont stehe im Gegenwind steigender Goldpreise und der US-Zollpolitik, hiess es laut HSBC. Bei Swatch sieht die Grossbank insbesondere nicht, wie die strukturellen Probleme überwunden werden können. Die Aktien des von Nicolas Hayek geführten Unternehmen wird von Experten überwiegend zum Verkauf empfohlen.
VAT zuletzt top unter den Technologiewerten
Am Dienstag ging es zwar wieder 2 Prozent talwärts. Dennoch hat die Aktie von VAT das Zwischentief, das nach mehrwöchigem Kursverfall Anfang September erreicht wurde, überwunden. Seither hat die Aktie 36 Prozent auf 350 Franken zugelegt. Mit dieser Performance ist sie stärker als die Valoren anderer Technologiewerte wie AMS Osram (plus 17 Prozent), Comet (plus 21 Prozent) und Inficon (plus 7 Prozent) im gleichen Zeitraum.
Hintergrund ist die Entwicklung des US-Technologiesektors und die Rallye des technologielastigen Nasdaq-100-Index, der im Oktober erstmals in der Geschichte die 25'000-Punkte-Marke überquerte. Dabei haben Titel wie ASML (plus 35 Prozent), Broadcom (plus 19 Prozent), Intel (plus 53 Prozent), Micron (plus 62 Prozent) und Nvidia (plus 10 Prozent) seit Anfang September besser abgeschnitten als der Gesamtmarkt, der 6,5 Prozent zugelegt hat.
Zu VAT gab es in den vergangenen Tagen auch mehrere positive Analystenkommentare. Markant: Citigroup hat die Abdeckung mit der Einstufung «Buy» und einem Kursziel von 425 Franken aufgenommen. Und Goldman Sachs hat das Preisziel auf 392 von 308 Franken hochgezogen, bei unverändertem «Buy»-Rating.
Damit richtet sich der Fokus auf das Update vom Donnerstag zum dritten Quartal. Gestützt unter anderem auf das weiterhin zweistellige Wachstum der globalen Halbleiterumsätze dürfte der Auftragseingang im Jahresvergleich wieder gewachsen sein, schreibt der zuständige Analyst von Research Partners. Bei den neuen Bestellungen dürfte es noch keine Trendwende geben, sagt indes die ZKB. Ihrer Einschätzung nach dürfte die Aktie von VAT in den nächsten Quartalen «wohl noch eher volatil bleiben».
Kuros mit Produktnews, Neuabdeckung von Emmi
Auch eine Reihe anderer Titel des Swiss Performance Index bereiteten den Anlegern zuletzt wieder mehr Freude als auch schon. Dazu zählen der Finanzdienstleister Bellevue, dessen Aktien am Montag auf den höchsten Stand seit Ende Mai gestiegen waren, oder Kuros: Die Valoren des Biotechunternehmens wurden im Oktober erstmals seit Ende Juli wieder zu mehr als 30 Franken gehandelt. Schub gab die Meldung, das «MagnetOs MIS Delivery System» sei am Markt eingeführt. Das System wurde für minimalinvasive chirurgische Eingriffe (MIS) entwickelt.
Adecco bleibt zwar deutlich hinter den Höchstständen zurück. Ab Ende September befand sich die Aktie jedoch im Aufwind. Geholfen hat eine Hochstufung auf «Outperform» von «Market Perform» durch Bernstein. Die Titel des Personaldienstleisters bleiben auch aufgrund eines erwarteten Kurs-Gewinn-Verhältnisses von 12 und der Dividendenrendite von 4 Prozent nicht ohne Reiz.
Unterdessen erreichten die Valoren von Emmi am vergangenen Donnerstag wieder den Stand, von dem aus sie ab Anfang September zurückgefallen waren. Oddo BHF hat die Abdeckung des Milchverarbeiters mit der Einstufung «Outperform» und einem Kursziel von 930 Franken aufgenommen. Die zuständige Analystin hält die Bewertung der Aktie nach dem Kursrückgang um 18 Prozent innerhalb eines Jahres nun für attraktiver. Eine anhaltend solide Cashflow-Generierung dürfte laut der Experten zudem helfen, die Verschuldung weiter zu senken.