Gibt man "September Börsenmonat" in der Google-Suchmaschine ein, stösst man schnell auf Aussagen wie: "Taucht im Kalender der September auf, geht die Angst unter Börsianern um". Ist dies berechtigt? Fakt ist, seitdem der amerikanische Leitindex Dow Jones im späten 19. Jahrhundert institutionalisiert wurde, fiel dieser im September durchschnittlich um 1 Prozent – in allen anderen Monaten gewann der Index im Durchschnitt 0,7 Prozent.

Und der breite S&P 500 schliesst sich dieser miserablen September-Performance an – seit 1937 ergibt sich durchschnittlich eine Rendite von minus 1 Prozent. Weniger schlimm steht es um den Technologieindex Nasdaq. Dieser verliert im September in der gleichen Zeitperiode im Durchschnitt lediglich 0,5 Prozent.

Kann diese Beobachtung des amerikanischen Börsengeschehens eins zu eins auf die Schweiz übertragen werden? Tatsächlich schneiden Schweizer Aktien im September während der Zeitperiode 1991 bis 2019 nicht gut ab. Im Durchschnitt gab der Schweizer Leitindex SMI 0,4 Prozent nach. Dabei fällt auf, dass insbesondere die negativen Ausreisser überdurchschnittlich hoch sind - 1998 mit minus 13,8 Prozent, 2000 mit minus 6,2 Prozent, 2001 und 2002 mit jeweils minus 8,6 Prozent und 2008 mit minus 8,1 Prozent.

Standortbestimmung, Gewinnmitnahmen und Psychologie

Für dieses September-Phänomen gibt es jedoch keine eindeutige Erklärung. Matthias Geissbühler, Anlagechef von Raiffeisen, sieht jedoch drei Punkte als "plausibel" an: Erstens fehlten den Märkten im September nach den Halbjahreszahlen klare Impulse. Zudem seien die Volumen vor allem im August wegen der Ferienzeit sehr dünn. Es gebe auch eine Art "Standortbestimmung", was oft zu einer Konsolidierung oder auch Gewinnmitnahmen führe, so der Anlageexperte.

Zweitens seien Institutionelle Anleger zu Jahresbeginn oft "bullish" - setzen auf Kursgewinne -, damit ein Hinterherhinken in den ersten Wochen und Monaten des Jahres gegenüber der Benchmark verhindert werde. Wenn dann bis Mitte Jahr eine solide, positive Rendite vorhanden sei, neigen diese Investoren dazu ihre Gewinne ins Trockene zu bringen.

Drittens spielt gemäss Geissbühler eine psychologische Komponente eine Rolle: Anleger verhielten sich gemäss dem saisonalen Muster und verstärken dieses dementsprechend.

Zeitreihenanalyse mit Durchschnittswerten?

Doch es erstaunt aufgrund der obern aufgezählten Ausreisser nicht, dass der SMI lediglich in elf der 29 gezählten September seit 1991 im Minus abschliesst. Betrachtet man zudem allein die jüngste Zeitperiode ab 2009, zeigt sich zudem erstaunliches: In den Jahren nach der grossen Finanzkrise 2008 betrug die durchschnittliche Performance im September plus 1,1 Prozent.

Und auch für den Dow Jones zeigt sich dieselbe Entwicklung: Seit 2009 schliessen vier von elf Septembermonaten im Minus ab – die durchschnittliche September-Performance für diese Zeitperiode beträgt plus 1 Prozent.

Die viel zitierte Börsianer-Angst vor dem September als negativer Horrormonat ist daher vermutlich längst überholt. Denn die statistische Handhabung der Zeitreihendaten mit Durchschnittswerten ist problematisch: Ausreisser erhalten eine grosse Beachtung und Trendveränderungen über die Zeit sind nicht sichtbar - was früher gegolten hat, muss nicht heute mit derselben Eindeutigkeit gelten.

Raum für Korrekturen

Trotzdem: Es gibt plausible Erklärungen, dass die Monate August und September gegenüber den übrigen Monaten saisonbedingt underperformen.

Doch was bedeutet dies für den kommenden September? Sicherlich wird der Aktienmarkt nicht einfach schlecht performen, weil es der neunte Monat im Jahr ist. Doch mit fünf hintereinander liegenden Monaten mit Kursgewinnen besteht für den Dow Jones sicherlich die Möglichkeit für eine Verschnaufpause.

Kommt hinzu, dass die hohen Bewertungen und die grosse Diskrepanz zwischen den Fundamentaldaten und der Entwicklung an den Finanzmärkten Raum für Korrekturen lässt. Hoffnung bietet für die Anleger aber die Tatsache, dass dieses Jahr die US-Präsidentschaftswahlen sind: Denn in diesen Wahl-Jahren performt der Dow Jones seit seiner Gründung durchschnittlich im Plus – mit der Betonung auf "durchschnittlich".

Mit Material der Finanzplattform marketwatch.com.

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