Im Mittelpunkt der neuen Börsenwoche stehen Spekulationen auf eine Lösung des längsten Haushaltsstreits der US-Geschichte. Sorgen über die konjunkturellen Folgen des daraus resultierenden teilweisen Behördenstillstands für die weltgrösste Volkswirtschaft belasten seit langem die Aktienmärkte. «Es gibt gewisse Hoffnungszeichen, dass sich die Politik bewegt und eine Lösung näher rückt», schreiben die Commerzbank-Ökonomen zum Schluss der alten Woche. «Immerhin ist eine politische Hürde aus dem Weg geräumt, nachdem einige Regionalwahlen stattgefunden haben. Vor diesen Abstimmungen wollte wohl keine Seite grössere Zugeständnisse machen.» So erhöhe der Wahlerfolg der Demokraten bei den Gouverneurswahlen in Virginia und New Jersey die Bereitschaft der Politiker zu einer Einigung. Für wachsenden Druck sorgten zugleich knapper werdende Mittel des US-Lebensmittelhilfsprogramms und drohende Einschränkungen im Flugverkehr.

Die Experten der Helaba zeigen sich hingegen skeptisch: «Selbst wenn in den kommenden Tagen ein Kompromiss gefunden wird, dürfte dieser nur die Form einer temporären Überbrückungsfinanzierung bis Ende Dezember annehmen.» Am Freitag in der alten Woche ging der sogenannte Shutdown in den 38. Tag. Der bisherige Rekordwert lag zum Jahreswechsel 2018/19 bei 35 Tagen und datiert aus der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump. Der nunmehr 15. Shutdown seit 1981 ist nicht nur wegen seiner Dauer bemerkenswert. Anders als früher sind bislang kaum Anstrengungen von Trumps Republikanern und den oppositionellen Demokraten unternommen worden, den jüngsten Verwaltungsstillstand zu beenden.

Der Schweizer Leitindex SMI hat nach einem gemächlichen Start in die neue Handelswoche Fahrt aufgenommen, die er bis Ende der Woche wieder abgeben musste. Am Schluss resultiert ein kleines Wochenplus von 0,52 Prozent.

Der Dow Jones Industrial schloss am Freitag mit einem Plus von 0,16 Prozent bei 46'987,10 Punkten. Daraus resultierte für den US-Leitindex ein Wochenverlust von mehr als einem Prozent. Der S&P 500 stieg am Freitag um 0,13 Prozent auf 6728,80 Zähler. Für den Nasdaq 100 ging es hingegen um 0,28 Prozent auf 25'059,81 Punkte abwärts. Damit verbuchte der technologielastige Index ein Wochenminus von gut drei Prozent.

Preisblase bei KI?

Auf die Aktienmärkte drückt zugleich seit mehreren Tagen die Furcht der Anleger vor einer Aktienpreisblase im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Bis auf Nvidia haben alle wichtigen US-Technologieunternehmen ihre Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt - inklusive ungewöhnlich hoher KI-Investitionskosten. Die Börsianer fragen sich nun, «ob 'Mr. Big Short' Michael Burry dieses Mal falsch liegt», sagt Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets. «Seine Wette gegen KI-Unternehmen wie Nvidia lässt zumindest aufhorchen. Denn er war es auch, der 2008 auf ein Platzen der Immobilienblase spekuliert hatte und gewann.» 

Auf die Stimmung drückten zudem nach wie vor Sorgen über die wirtschaftlichen Folgen des US-Zollstreits mit China. In der neuen Woche warten die Börsianer daher mit Spannung auf die für Freitag geplanten Zahlen zur Industrieproduktion und zu den Einzelhandelsumsätzen in der Volksrepublik. Commerzbank-Ökonom Tommy Wu zeigt sich vorsichtig: Das jüngste US-China-Handelsabkommen könne die chinesischen Ausfuhren und damit die Industrie trotz einer schwachen Binnennachfrage zwar kurzfristig stützen. «Auf etwas längere Sicht dürfte es den chinesischen Unternehmen allerdings schwerfallen, den weiterhin erschwerten Zugang zum US-Markt durch höhere Exporte in andere Länder auszugleichen.»

13 Firmenergebnisse und europäische Konjunktur-Daten im Fokus

Das Fehlen von US-Daten wegen des Shutdowns beschert zugleich europäischen Konjunkturzahlen eine grössere Aufmerksamkeit. Anleger blicken etwa auf das Barometer der Beratungsfirma Sentix für November. Dieses zeigt zum Wochenstart an, wie Börsianer auf die Konjunktur in der Euro-Zone blicken. Am Dienstag gibt der ZEW-Index für diesen Monat Auskunft über die Stimmung der deutschen Börsenprofis. Experten rechnen für beide Indikatoren mit einem Anstieg. Am Donnerstag folgen die Zahlen zur Industrieproduktion im Euroraum im September. Zum Wochenschluss rücken Berichte zum europäischen Arbeitsmarkt und Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal in den Mittelpunkt.

Hierzulande bleibt es kommende Woche konjunkturseitig ruhig. Dafür geht die Unternehmensberichterstattung in die nächste Runde. Den Anfang macht am Montag Lem mit ihrem zweiten Quartalsergebnis, am Dienstag folgen Klingelnberg, PSP, Sunrise und Alcon.

Mitte der Woche legen Swiss Life, Ypsomed und On ihre Bücher zu den vergangenen neun Monaten offen. Am Donnerstag folgen Montana Aerospace und Softwareone, bevor am Freitag die beiden SMI-Firmen Richemont und Swiss Re sowie Sonova mit ihren Quartalsergebnissen die Berichtswoche abschliessen.

(cash/Reuters)