Im Juli 2013 bezeichnete cash den Burckhardt-Titel als "die Aktie, die fast nur aufwärts geht." Jahrelang passte für Anleger bei Burckhardt Compression alles zusammen: Die Firma war in einem boomenden Markt aktiv und strich regelmässig satte Gewinne ein. Die Kurse zeigten nach oben, während Analysten Kaufempfehlungen mit hohen Kurszielen herausausgaben.

Alles tempi passati? Zumindest sind die Winterthurer, welche bis 2002 Sulzer angehörten, arg ins straucheln geraten. Allein ein Blick auf die Aktienkursentwicklung bestätigt dies (Grafik unten): Nachdem die Titel von September 2011 bis September 2014 um 270 Prozent zulegen konnten, änderte der Trend  danach seine Richtung. Inzwischen ist eine Aktie für knapp 300 Franken zu haben - das ist weit entfernt vom Allzeithoch vom Juli 2014 bei 487 Franken.

Kursentwicklung Burckhardt-Aktie seit Juli 2011. Quelle: cash.ch

Burckhardt-Titel wurden Opfer des generell schwierigen Börsenumfelds: China-Unsicherheiten, die Frankenstärke, der Ölpreiszerfall und der Brexit verunsicherten die Börsen und zogen den ganzen Swiss Performance Index (SPI) nach unten. Doch während die Burckhardt-Aktie in den letzten 52 Wochen ganze 16 Prozent verlor, waren es beim SPI nur 6 Prozent. 

Was setzte Burckhardt stärker als dem Rest zu? Hauptsächlich der Ölpreiszerfall. Der Kolbenkompressorenbauer hat seine Kunden im Energiegeschäft. Man hängt stark von der Öl- und Gasindustrie ab. Die vorübergehend sehr tiefen Preise waren Gift fürs Geschäft und die Kursentwicklung. Die leichte Erholung im Ölpreis ab Februar dieses Jahres zog dann prompt die Aktie wieder etwas nach oben.

Die Erholung währte aber nur kurz, am 7. Juni folgte der nächste Schocker: Mit den Zahlen für das Geschäftsjahr 2015/16 (per 31. März) verpasste man die Ziele beim Umsatz und Gewinn. Auch das neu festgelegte Zielband für die Betriebsgewinnmarge im Jahr 2016 von 11 bis 13 Prozent nahmen Anleger enttäuschend auf. In den Jahren zuvor erreichte man Werte von 15 bis 20 Prozent.

Burckhardt erobert die Welt

Aber Burckhardt-Titel deswegen zu verteufeln, wäre ein Fehler. Alleine schon wegen der hohen Dividendenrendite von 3,3 Prozent - an der weiter festgehalten wird - wird es nicht zum totalen Kurszerfall kommen. Ausserdem erhöhen die Winterthurer den Anteil am hochprofitablen Servicegeschäft, was über kurz oder der lang dem Betriebsergebnis zugute kommen sollte.

Sowieso sollten die enttäuschenden Geschäftszahlen nicht überbewertet werden. Schliesslich ist 2016 ein Übergangsjahr bei Burckhardt: Die beiden vielversprechenden Akquisitionen Arkos (USA, 40 Prozent Anteil) und Shenyang (China, 60 Prozent Anteil) müssen erst noch richtig integriert werden.

In den Folgejahren wird dann das Potential umso grösser sein: Die strategischen Weichen wurden gestellt, um weltweit tätig zu sein. Aus dem relativ überschaubaren Schweizer Unternehmen sei ein globales Konglomerat entstanden, ist in einem Analystenkommentar der Zürcher Kantonalbank (ZKB) zu lesen. 

Londoner sehen Aufholpotenzial

Risikolos ist dieser Prozess aber natürlich nicht: Akros - ein Dienstleister und Ausrüster im Bereich Gasverdichtung - weist derzeit eine tiefe Gewinnmarge von 5 Prozent auf und die Giesserei Shenyang - welche grosse Gussgehäuse für westliche Kompressoren herstellt - ist noch renovierungsbedürftig.

Wegen den vorhandenen Risken und den enttäuschenden Zahlen sind Analysten bei der Burckhard-Aktie sehr vorsichtig: Die Bank Vontobel setzt den Titel auf "Halten", Kepler und die ZKB raten gar zu "Untergewichten". Womöglich ist das gar etwas zu vorsichtig.

Mehr Potential scheint hingegen J O Hambro Capital Management zu sehen, welche die Beteiligung bei Burckhardt Mitte Juni von 3,66 auf 5,06 Prozent erhöhte. Der Londoner Value-Investor ist bekannt dafür, auf unterbewertete Aktien mit hohem Aufholpotential zu setzen