"Ich hatte wer weiss wie viele Dinner mit ihm in Peking, und er ist absolut das Aushängeschild für das, was wir tun wollen", sagte Tidjane Thiam auf einer Konferenz im letzten Jahr, als er noch Chef der Bank war. Er lobte Lus Beziehung zur Credit suisse, die von Private Banking bis zu Aktienemissionen reichten: "Er ist ein Traumkunde." 

Luckins dramatischer Absturz in diesem Monat hat einige der Top-Namen im globalen Finanzwesen auf dem falschen Fuss erwischt, aber für nur wenige sind die Auswirkungen so stark wie für Credit Suisse. Die Grossbank verlor nach dem Skandal einen hochkarätigen Börsengang in Hongkong und meldete eine Verfünffachung der Risikovorsorge im asiatisch-pazifischen Raum, hauptsächlich aufgrund eines Zahlungsausfalls von Lu.

Die Bank führt eine interne Überprüfung des Falls durch, und die Prüfung von Krediten an chinesische Unternehmen hat zugenommen, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen berichteten.

Risiko von China-Geschäften

Leitende Angestellte von Luckin Coffee haben möglicherweise 310 Millionen Dollar an Umsatz erfunden. Auch wenn Lu selbst kein Fehlverhalten zur Last gelegt wird, unterstreicht Luckins Enthüllung das Risiko für China-Geschäfte von Investmentbanken. Die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt ist das Kernstück der Strategie der Credit Suisse, Geschäfte mit wohlhabenden Unternehmern in ganz Asien an Land zu ziehen.

"Luckin ist ein Mikrokosmos dessen, was passieren kann, wenn schwache Underwriting-Standards im Streben nach schnellem Wachstum zugelassen werden", sagte Mark Williams, Professor an der Boston University und ehemaliger Bankprüfer der US-Notenbank. "Bei Luckin gab es viele Anzeichen für ein wachstumsstarkes und risikoreiches Geschäft."

Keine Änderung

CS-Chef Thomas Gottstein, der im Februar die Nachfolge von Thiam angetreten hatte, wollte sich in einem Interview mit Bloomberg Television in der vergangenen Woche zu Luckin nicht äussern. Das Kreditinstitut befinde sich noch am Anfang der Ermittlungen, an denen Wirtschaftsprüfer und Anwälte beteiligt seien, sagte er. Es seien "zu viele Beteiligte, um frühzeitig eine Schlussfolgerung zu ziehen".

Gottstein signalisierte, dass der Absturz der Luckin-Aktie keine strategischen Kurswechsel auslösen und die Bank weiterhin wohlhabende Unternehmer in China ins Visier nehmen werde.

"Es ist eine Strategie, an die unser Unternehmen glaubt, weil sie unsere Stärke im Private Banking und im Investment Banking vereint und wir weltweit so viele Erfolge verzeichnen konnten", sagte Gottstein.

Illustre Investoren

Die Credit Suisse war nicht das einzige Unternehmen, das vom Skandal bei Luckin betroffen war, dessen Büros diese Woche von chinesischen Aufsichtsbehörden durchsucht wurden. Zu den ersten Investoren von Luckin gehörten globale Giganten wie GIC, der Staatsfonds von Singapur.

Morgan Stanley war Teil der IPO-Gruppe und stellte Lu einen Teil der Margenkredite zur Verfügung, ebenso wie Barclays. Morgan Stanley, Credit Suisse und die anderen IPO-Banken sehen sich nach dem 91-Prozent-Absturz seit Luckins Hoch im Januar mit einer Anlegerklage konfrontiert.

Die engsten Beziehungen zu dem Unternehmen hatte jedoch die Credit Suisse. Beim Börsengang von Luckin im vergangenen Jahr in New York und beim Sekundärverkauf im Januar war sie der Lead Underwriter, der 60 Prozent der Bankgebühren einnahm. Diese beliefen sich auf rund 30 Millionen Dollar für zwei Deals, die nach Angaben von Bloomberg mehr als 1,2 Milliarden Dollar für die Kaffeekette und einen Aktionär einbrachten.

Die Bank leitete im Januar auch den Verkauf einer Wandelanleihe in Höhe von 460 Millionen Dollar und ist für einen Teil der 518 Millionen Dollar an Margenkrediten an Lu am Haken, die jetzt in Verzug sind. Die Firma arbeitet mit dem Gründer zusammen, seit er vor sechs Jahren seine Autovermietungsfirma an die Börse brachte.

Weitreichende Verbindungen

Abgesehen von den Geschäften hat die Bank auch andere Verbindungen zum Einzelhändler. Der Finanzvorstand von Luckin, Reinout Hendrik Schakel, arbeitete bis 2016 acht Jahre als Analyst und Investmentbanker für die Credit Suisse in Hongkong. Und Lus Tochter Nancy arbeitet für die Credit Suisse in Hongkong in einer Rolle, die nicht mit den Luckin-Verbindungen zusammenhängt. Sie antwortete nicht auf Anrufe und Textnachrichten, während die Bank sich weigerte, Kommentare abzugeben.

Angesichts dieser Verbindungen hat Luckins Sturz die Credit Suisse stärker getroffen als andere. Aufgrund des Skandals wurde die Bank nach Angaben informierter Personen von einem Börsengang in Höhe von 500 Millionen Dollar in Hongkong für WeDoctor, dem von Tencent Holdings Ltd. unterstützten Startup im Gesundheitswesen, ausgeschlossen.

Modell-Kunde

Helman Sitohang, der bei der Credit Suisse das Asia-Pacific-Geschäft leitet, sagte, seine Konkurrenten hätten zwar "grössere Muskeln und Bilanzen", doch die Konzentration auf die 1000 Milliardäre in ganz Asien zahle sich aus. "Wir wollen nicht die Grössten sein", sagte er auf einem Investorentag im Dezember. "Wir wollen die profitabelsten sein."

Sitohang lobte Lu als eine der Erfolgsgeschichten der Bank. Lu gründete 2007 die Car Inc. und baute sie zu Chinas grösstem Auto-Vermietungsunternehmen aus. Die Credit Suisse war von Anfang an dabei, brachte sie 2014 zusammen mit Morgan Stanley in Hongkong an die Börse und leitete drei Verkäufe von US-Anleihen im Gesamtwert von fast 1,2 Milliarden Dollar.

Starbucks-Konkurrent

Lu machte sich dann daran, Starbucks in China herauszufordern und baute Luckin in nur zwei Jahren auf 4500 Geschäfte aus. Eine Zeit lang war Luckin ein Liebling der US-Investoren, die Aktie verdreifachte sich in den ersten acht Handelsmonaten.

Die Aktie bleibt an der Nasdaq bis zur Überprüfung ausgesetzt, wobei der letzte Handel am 6. April bei 4,39 Dollar lag, nach einem Januar-Hoch von 51,38 Dollar. Die Wandelanleihen des Unternehmens werden inzwischen zu nur 24 Cent je Dollar gehandelt, ein klares Signal der Not.

Am Ende wird die Credit Suisse den Fall Luckin hinter sich lassen, auch wenn es zu kurzfristigen Verlusten führt, sagte Ismail Ertürk, Dozent für Bankwesen an der Alliance Manchester Business School in Grossbritannien. Die Bank wird es als "Kosten der Geschäftstätigkeit" verbuchen.

(Bloomberg/cash)