Viele sehnen sich angesichts der endlich nachlassenden Pandemie-Massnahmen nach unbeschwerten Sommerferien. Ein Wermutstropfen könnten die Kosten für Mietwagen werden - wenn man denn einen bekommt.
Hohe Preise sind derzeit besonders akut in Italien und Spanien. Am ausgeprägtesten ist das Phänomen auf Mallorca und Ibiza, wohin es normalerweise jeden Sommer Millionen sonnenhungrige Briten, Deutsche und auch viele Schweizerinnen zieht.
Dreimal höhere Preise
Vermieter haben Mühe, ihre im letzten Jahr drastisch geschrumpften Flotten wieder aufzufüllen, da die Förderbänder bei Volkswagen und Renault wegen weltweit knapper Halbleiter langsamer laufen als sonst.
Ende Mai, als touristische Reisen erstmals wieder in eine begrenzte Zahl von Ländern möglich wurden, lagen die Preise für Mietwagen in Spanien um 143 Prozent über 2019, in Italien waren es 84 Prozent. Auf Sizilien, Mallorca und Ibiza verdreifachten sich die Preise, wie Daten von der Preisvergleichs-Plattform Check24 zeigen.
Während der Hauptferienzeit bietet Europcar derzeit einen VW Polo für die letzte Juliwoche am Flughafen von Palma de Mallorca für 880 Euro an.
Frühbuchen lohnt sich
"Für Juli und August ist es am besten, so schnell wie möglich zu buchen", sagt Ramon Reus, Präsident von AEVAB, einem Zusammenschluss lokaler Autovermieter auf den Balearen. "Wenn sie bis zur letzten Minute warten, bleibt vielleicht nicht mehr viel übrig."
Die Preise resultieren aus der schlechten Verfügbarkeit von Neuwagen. Die Vermieter hatten im vergangenen Jahr ihre Flotten um bis zu 40 Prozent reduziert aufgrund von Lockdowns und Reisebeschränkungen. Europcar und Hertz schlitterten in die Insolvenz.
Normale Standards wiederherzustellen erweist sich als schwierig, da derzeit Halbleiter knapp sind. Die Beratungsfirma AlixPartners schätzt, dass in diesem Jahr 3,9 Millionen Fahrzeuge weltweit weniger produziert werden aufgrund der fehlenden Bauteile.
Erschwerte Bedingungen
Der Nummer eins in der Region, Europcar, macht die angelaufene Saison jetzt schon das Leben schwer. Kunden reservieren in letzter Minute, weil sie ihre Reisepläne den ständig wechselnden Pandemie-Beschränkungen anpassen müssen.
Gleichzeitig ist der Zulauf neuer Fahrzeuge schlecht vorhersehbar wegen der knappen Chips, sagte Chefin Caroline Parot. Sie rechnet zwischen Mitte Juli und Mitte August mancherorts mit schlechter Verfügbarkeit von Mietautos.
Taxis dürften dann bisweilen die billigere Option sein.
Europcar weiss sich selber zu helfen
Um Abhilfe zu schaffen, transportiert Europcar auf eigene Faust Fahrzeuge aus nördlicheren Ländern an die Mittelmeerküste. Ein Mietwagen in Italien oder Südfrankreich könnte also diesen Sommer durchaus mit deutschem Kennzeichen daherkommen.
In den USA leiden Hawaii-Urlauber unter demselben Phänomen. Für die Aktien von Europcar, Hertz und Avis ist die Situation dagegen ein Segen.
Entspannung in Sicht
Die Sonderkonjunktur für die Vermieter ist jedoch womöglich nicht von Dauer, so Morgan Stanley-Analyst Adam Jonas. Die höheren Preise locken etwa Stellantis , Europas zweitgrösster Autohersteller, an (PSA und FiatChrysler).
Dessen Carsharing-Tochter Free2Move, die bis zu 300'000 Mietfahrzeuge in Europa anbietet, hat bereits angekündigt, mehr Autos in Orte mit steigenden Preisen zu bringen.
"Jeden Sommer gibt es irgendwo eine kleine Krise", sagte Parot von Europcar. Dieses Jahr seien die Preise allerdings jetzt schon höher und in einigen Urlaubsregionen dürfte es «signifikante Anstiege» geben.
Dieser Artikel erschien zuerst bei handelszeitung.ch mit dem Titel: "Ein Mietauto für die Sommerferien? Das wird dieses Jahr teuer".