Über einen Börsengang von Stadler Rail wird schon länger spekuliert. Peter Spuhler, Eigentümer und Verwaltungsratspräsident des Ostschweizer Zugbauers, sagte erst kürzlich, die Vorbereitungen für eine Börsenkotierung seien gestartet worden. Er schränkte gleichzeitig ein: Ein Entscheid sei noch nicht gefallen.

Nun wird aber klar: Stadler treibt die Börsenpläne intensiver voran als angegeben. Wie cash.ch von gut informierten Personen erfahren hat, ist Stadler derzeit in intensiven Gesprächen mit möglichen Investoren. Dieses sogenannte "Pilot Fishing" gilt als einer der letzten Schritte vor der Ankündigung eines Initial Public Offering (IPO).

Ein Börsengang von Stadler Rail müsste bis und mit Mai durchgeführt werden, sagen die informierten Kreise. Das hat auch mit dem Umfeld an den Börsen zu tun. Das Segment der mittelgrossen Schweizer Aktien gilt als saisonal. Das heisst, ihre Performance ist im historischen Durchschnitt während den ersten fünf Monaten besser als in den Folgemonaten. Stadler-Mediensprecherin Marina Windler bleibt beim bisherigen "Wording": Ein IPO sei eine von mehreren Optionen für Stadler. "Es gibt dazu keinen Entscheid", schreibt Windler auf Anfrage von cash.

Beim oben erwähnten "Pilot Fishing" prüft der IPO-Kandidat im geheimen Rahmen, ob Investoren oder Anlagefonds an einem Engagement interessiert sind. Ist das der Fall, werden auch Bankanalysten hinzugezogen. Bei Stadler sollen die beiden Schweizer Grossbanken den Börsengang orchestrieren. Die Feedbackrunde gibt dem Unternehmen Anhaltspunkte zur Nachfrage nach einer möglichen Aktie und zur Börsenbewertung. Verläuft das "Pilot Fishing" erfolgreich, ist ein erster Test bestanden.

Schweizer Fondsmanager signalisieren Interesse

Dass Stadler hier durchfallen könnte, ist unwahrscheinlich. Wie man hört, signalisieren Schweizer Fondsmanager Interesse an Stadler-Aktien. Zumal ein Bahnhersteller an der Schweizer Börse Seltenheitswert hat und Stadler finanziell als gut aufgestellt gilt. Was den Investoren ebenfalls gefällt, ist die Innovationskraft und die hohen Eintrittshürden in den Zugmarkt.

Stadler stellt unter anderem Hochgeschwindigkeitszüge, U-Bahnen, Trams und Zahnradbahnen her. 2017 erwirtschaftete das Unternehmen mit 7600 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,4 Milliarden Franken. Bis 2020 rechnet die Firma mit Erlösen von 3,9 Milliarden Franken. Damit spielt Stadler in einer ähnlichen Liga wie Bucher, Sulzer oder Georg Fischer. Diese weisen eine Börsenkapitalisierung zwischen 3,1 Milliarden (Bucher) und 3,7 Milliarden Franken (Georg Fischer) auf.

Dennoch könnte Stadler das eingesammelte Geld aus einem Börsengang gut gebrauchen. Zum Beispiel für Zukäufe. Peter Spuhler sagte kürzlich gegenüber Radio SRF1, er wäre interessiert gewesen an gewissen Unternehmensteilen, die bei einer Fusion zwischen Alstom und Siemens angefallen wären. Schliesslich geht es im Zuggeschäft auch darum, sich gegen die Konkurrenz aus China zu wehren. Der chinesische Hersteller CRRC ist bereits heute der grösste Bahnkonzern der Welt. Wegen  Wettbewerbsbedenken verbot die EU-Kommission die Alstom-Siemens-Fusion jedoch.

Wie viele Anteile behält Spuhler?

In der "Handelszeitung" sagte Spuhler im letzten September aber auch, dass ein IPO ihm die Möglichkeit eines schrittweisen Rückzugs böte: Sein Anteil würde in einem solchen Fall von aktuell 80 Prozent auf unter 50 Prozent fallen. Im Interview mit cash sagte Spuhler bereits im September 2016, der Familienanteil könnte gar auf 35 bis 40 Prozent sinken.

1989 kaufte Spuhler Stadler für fünf Millionen Franken und entwickelte die Firma zu einem der führenden Zughersteller weltweit. Insofern wäre ein Börsengang der nächste Entwicklungsschritt.

Überhaupt wird schlussendlich die Stimmung an den Börsen über eine definitive Ankündigung entscheiden. Theoretisch kann auch ein IPO bis kurz vor dem Listing abgesagt werden.

Derzeit sind die Anleger zwar wieder in äusserst guter Stimmung. Es gibt aber auch zahlreiche Stimmen, die momentan bloss eine technische Gegenbewegung erkennen. Die fundamentale Situation sei aber schwierig geworden (cash berichtete). Alleine eine Eskalation im Handelsstreit zwischen China und den USA könnte die Börsen einbrechen lassen und das Umfeld für Börsengänge unsicherer machen.