Gilead: Blockbuster-Hoffnung, operativ aber viel Sand im Getriebe
Als der stellvertretende WHO-Generaldirektor Bruce Aylward letzte Woche vor die Presse trat, hat er mit seinen Worten für leuchtende Augen bei den Aktionären von Gilead Sciences gesorgt . Seine Aussage, dass das Gilead-Medikament Remdesivir momentan das "einzige Mittel" sei, welches gegen das Coronavirus was anrichten könne, hat die Aktie des Pharmaunternehmens aus Kalifornien in Höhenflüge versetzt (cash berichtete). Innerhalb einer Woche stiegen die Titel um über 15 Prozent auf bis zu 74,70 Dollar. Auch am Montag legte die Aktie nun weitere 10 Prozent zu.
Damit ist die Aktie so viel Wert wie seit Oktober 2018. Remdesivir wurde ursprünglich gegen das Ebola- und Marburgvirus entwickelt. Allerdings: Der Corona-Wirkstoff ist nur ein kleiner Lichtblick in der ansonsten schwierigen Lage des Pharmaunternehmens. Bei Gilead ist operativ gesehen seit längerem Sand im Getriebe. Seit Jahren schwächelt etwa das Geschäft mit Hepatitis-C-Medikamenten. Auch die Übernahme des Konkurrenten Kite Pharma zahlt sich bislang noch nicht an.
Anleger sollten nicht blind auf den Corona-Zug aufspringen, sondern bedenken, dass der grosse Hype wohl erst einmal vorbei ist. Langfristig muss sich Gilead erst noch beweisen.
Novavax: Mehr als nur ein Corona-Hype
Bei Novavax sorgten Hoffnungen auf einen Impfstoff gegen das Virus für viel Kursphantasie bei Anlegern. Das Unternehmen verkündete, dass es derzeit sogenannte Nanopartikel-Impfstoffkandidaten an Tieren ausprobiere. Ende Frühjahr 2020 sollen Versuche am Menschen folgen. Der Kurs explodierte und schoss innerhalb einer Woche gar 100 Prozent in die Höhe.
Doch das Coronavirus ist derzeit nicht der einzige Kurstreiber der Aktie. Das Medikament Nanoflu, ein Kandidat für eine Grippeschutzimpfung, befindet sich in Phase III. Das Mittel hat in klinischen Studien den Impfstoff des Marktführers Sanofi immer wieder übertreffen können.
Novavax will die Phase-Drei-Ergebnisse bis Ende des Quartals veröffentlichen. In der Corona-Angst geht derzeit unter, dass die "normale" Influenza-Grippe laut WHO jährliche 650'000 Todesfälle fordert. Das Marktpotenzial für einen Impfstoff wird auf fünf Milliarden Dollar geschätzt. Sollte das Medikament für die kleine Novavax mit einer Marktkapitalisierung von 500 Millionen Dollar zum Erfolg werden, sind hier durchaus noch Kursgewinne drin – auch unabhängig vom Coronavirus.
Regeneron Pharmaceuticals: Profiteur von Novartis-Rückschlag
Letzte Woche wurde bekannt, dass die US-Regierung rund 2,5 Milliarden Dollar für die Erforschung und Entwicklung eines Impfstoffes bereitstellen möchte. Ein Unternehmen was davon direkt profitierte, ist Regeneron Pharmaceuticals. Die Biotech-Firma aus New York arbeitet eng mit dem US-Ministerium für Gesundheit zusammen. Das Ziel: Die Entwicklung einer Antikörperbehandlung gegen das Virus.
Das machte den Titel zuletzt zum Wochengewinner im S+P 500 (cash berichtete). Mit einem Plus von 10,3 Prozent setzte sich der Biotech-Titel mit Abstand an die Spitze des breiten US-Index. Doch auch bei Regeneron scheint der Kursanstieg nicht allein dem "Corona-Hype" zugrunde zu liegen. Die Aktie befand sich bereits vor der Aufregung um das China-Virus deutlich im Aufwind. Vor allem die Augenmedikamenten-Sparte gibt Anlegern Grund zur Hoffnung.
Das Medikament Eylea, welches zur Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (AMD) eingesetzt wird, beschert dem Konzern im vierten Quartal Milliardeneinnahmen und hat weiteres Blockbuster-Potenzial. Und: Konkurrent Novartis musste letzte Woche mit seinem Konkurrenz-Produkt Beovu einen herben Rückschlag einstecken. Das Medikament führte bei Patienten zu Nebenwirkungen, was derzeit überprüft wird (cash berichtete). Davon könnte Regeneron Pharmaceuticals weiter profitieren.
Alpha Pro Tech, Lakeland Industries & Drägerwerk: Atemschutzmasken - und sonst wenig
Die Corona-Krise macht derzeit auch viele Hersteller von Schutzbekleidungen zu grossen Gewinnern an den Börsen. Allerdings: Anders als bei Impfstoffen oder Medikamenten sind die Kursrücksetzer bei solchen Titeln relativ absehbar. Alpha Pro Tec hat die Produktion seiner Atemschutzmasken hochgefahren, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. Der Aktienkurs des kanadischen Herstellers schoss im Februar zweitweise um sage und schreibe 400 Prozent in die Höhe.
Ähnliches gilt für Lakeland Industries. Der US-amerikanische Hersteller von Schutzkleidung verzeichnetet dank explodierender Nachfrage nach Schutzleidung im Februar Kurssteigerungen von bis 80 Prozent. Bei beiden Titeln handelt es sich allerdings um reine Zockeraktien. Fundamentale Gründe, warum es auch nach der Corona-Aufregung weiter nach oben gehen sollte, finden sich kaum. Die jüngsten Kursrücksetzer dürften darauf hindeuten, dass der Zug bereits abgefahren ist. Anleger sollten hier die Finger von lassen.
Ebenso vorsichtig sollten Anleger beim jüngsten Hype um Drägerwerk sein. Der deutsche Konzern für Medizin- und Sicherheitstechnik profitiert ebenfalls von der Nachfrage nach Atemschutzmasken. Der Kurs schoss seit letzter Woche bis zu 18 Prozent in die Höhe. Allerdings hatte das Unternehmen aus Lübeck zuvor einige Verkaufsempfehlungen kassiert. Der Aktien-Kurs korrigierte Mitte Februar auch innert weniger Tage um rund 12 Prozent.