Die grosse Nervosität an den Börsen im zweiten Quartal führte an den Aktienmärkten zu hohen Handelsvolumen, was auch die Manager von Schweizer Aktienfonds zu Umschichtungen in ihrem Anlagevehikeln veranlasste. cash.ch hat in einer Umfrage Fondsmanager zu Käufen oder Verkäufen von Schweizer Aktien in ihren Fonds befragt.
Carla Bänziger, Senior Portfolio Managerin Schweizer Aktien bei Vontobel:
Carla Bänziger hat die Kursbaisse beim Warenprüfkonzern SGS infolge der Schätzungsreduktionen nach dem Erstquartal für Zukäufe ausgenutzt. Unter der neuen CEO Géraldine Picaud werde das Unternehmen deutlich effizienter aufgestellt sein, was sich mittelfristig in den Zahlen und folglich auch in der Bewertung niederschlagen sollte. Ebenfalls nach den Erstquartalszahlen hat die Fondsmanagerin die Sandoz gekauft - mit der Überzeugung, dass die Firma ihre Ziele für 2025 erfüllen werde. Dieselben Erwartungen hat Bänziger bei Cembra, wo bei Kurzrücksetzern aufgestockt wurde. «Zudem ist Cembra einer der Finanztitel, der von Zinssenkungen profitieren dürfte», schreibt Bänziger.
Kursgewinne wurden dagegen bei Sulzer realisiert. Der Rückenwind der letzten Jahre könnte vor allem bei erneuerbarer Energie etwas schwächer werden und die Aktie anfällig für Enttäuschungen machen, so Bänziger. Beim Getränkekartonhersteller SIG, wo ebenfalls Aktien abgebaut wurden, besteht die Befürchtung, dass das zweite Quartal schwächer ausfallen könnte als erwartet - mit der Folge, dass das Management den Ausblick für 2025 senken müsste.
Das globale Umfeld bleibt laut Bänziger angespannt, was Anleger verunsichere. In Europa könnten staatliche Investitionen die Nachfrage ankurbeln, wovon insbesondere Schweizer Mid- und Smallcaps mit hohem Europa-Anteil profitieren könnten. Die Schweizerische Nationalbank hatte im Juni die Leitzinsen auf 0,00 Prozent gesenkt, was den Franken schwächen und exportorientierten Firmen sowie der Inlandsnachfrage zugutekommen könnte. «Mittelfristig stimmen Gewinnwachstum und attraktive Bewertungen bei Schweizer Nebenwerten zuversichtlich», so Bänziger.
Marc Strub, Leiter Portfolio Management, Reichmuth & Co Privatbankiers
Marc Strub hat die Kurstaucher bei der UBS und bei DKSH zu Aktienkäufen genutzt. Die Grossbank habe ein attraktives Margenprofil und bleibe für die Schweiz zu wichtig, «dass man sie übermässig bestraft», so Strub. Mit mehr Klarheit erwartet der Portfolio Manager eine Höherbewertung der UBS und über Zeit höhere Dividenden oder Aktienrückkaufprogramme. Die Valoren von DKSH, Anbieter von Markterweiterungsdienstleistungen, hatten rund um den «Liberation Day» von Donald Trump Anfang April massiv gelitten. Strub sieht dagegen wenig Zollrisiken im Titel, da der Fokus auf dem asiatischen Binnenmarkt liege.
Überdies hat der Fondsmanager den Aktienbestand von Holcim vor dem Spin-off von Amrize ausgebaut. Nach der Transaktion, mit korrigierenden Kursen bei Amrize und weiter steigenden Holcim-Notierungen, wurde Holcim dann zulasten von Amrize weiter ausgebaut. Amrize sei zwar in einem attraktiven Endmarkt positioniert mit ansprechenden Margen und handle zu einem starken Discount zu seinen US-Konkurrenten. «Kurzfristig könnten Schweizer Investoren dem Titel den Rücken zuwenden wie so oft bei Spin-offs», schreibt Strub.
Bei Swisscom und Nestlé standen dagegen Gewinnmitnahmen im Vordergrund. Strub äussert sich besonders zu Nestlé skeptisch: Ob dem neuen CEO Laurent Freixe der Turnaround gelinge, sei bis dato ungewiss. Der Titel sei zwar gegenüber seinen ausländischen Konkurrenten nicht mehr teuer, aber die Wachstumsaussichten seien bescheiden. Der starke Schweizer Franken bedeute zudem Gegenwind, «und die Bilanz hat mehr Schulden als auch schon», meint Strub.
Auf geopolitische News in einem weiterhin volatilen Markt sollte man nicht überreagieren, rät Marc Strub den Investoren mit Blick auf den Rest des Jahres. «Wir versuchen, stark exponierte Unternehmen in der Zollthematik weitgehend zu meiden und fokussieren auf Unternehmen, welche mehrheitlich regional produzieren. Schweizer Dividendenaktien sehen wir als besonders attraktiv aufgestellt in diesem anspruchsvollen Umfeld».
Birgitte Olsen, Portfolio Managerin Bellevue Entrepreneur Switzerland / Bellevue Entreprenuer Swiss Small & Mid, Bellevue Asset Management
Birgitte Olsen kaufte zuletzt Aktien, die im zweiten Quartal bereits gut gelaufen sind: Der Flugzeugbauzulieferer Montana Aerospace werde im kommenden Jahr erheblich von der Produktionssteigerung bei Boeing und Airbus profitieren, was zu einer höheren Rentabilität und Kapitalrendite beitragen werde, schreibt Olsen. Bei Belimo - Spezialist für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik mit Kühlsystemen für grosse Rechenzentren im Angebot - sieht Olsen grosses Potenzial beim Ausbau des US-Geschäftes mit Datenzentren. Accelleron, Spezialisten für Turboloader für die Schifffahrt und den Energiesektor, erfreue sich weiterhin einer starken Nachfrage in den beiden Endmärkten Energie und Marine.
Zu ihren wichtigsten Aktienverkäufen im zweiten Quartal zählt Olsen den Zahnimplantatespezialisten Straumann und das Dermatologieunternehmen Galderma - beide wegen zu hoher Bewertung. Für den Rest des Jahres erwartet Olsen die Fortsetzung von Börsen-Trends, wie sie im zweiten Quartal zu beobachten waren: Eine Outperformance der Small & Mid Caps sowohl in der Schweiz wie auch in Europa. «Diese Firmen sind bezüglich der drohenden Zöllen teilweise weniger anfällig, da sie tendenziell weniger exportlastig sind», so Olsen.
Johan Utterman, Leiter Schweizer Aktien, Lombard Odier Investment Managers
Wie Birgitte Olsen setzt John Utterman vermehrt auf Accelleron. «In einem unsicheren Umfeld schätzen wir die Tatsache, dass drei Viertel der Umsätze von Accellon Industries wiederkehrender Natur sind, da sie aus Dienstleistungsaktivitäten stammen», schreibt Utterman. Wegen der Dollarschwäche schätzt er es zudem, dass das Unternehmen in Dollar berichtet. Die Nachfrage nach Turboladern von Accelleron könnte zudem durch eine Reihe neuer Vorschriften der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation angekurbelt werden. Aufgestockt - und diesmal konträr zu Olsen - hat Utterman auch bei Aktien von Galderma und Huber+Suhner. Letztere wurden sogar wieder aufgenommen.
In Ungnade fielen dagegen die Titel von Barry Callebaut (wegen der hohen Kakaopreise) und Swatch («Unsicherheit hinsichtlich der Zölle führt zu geringerer Nachfrage nach Luxusgütern»). Beide Positionen wurden gleich gänzlich verkauft. DKSH wurde reduziert, da das Umsatzwachstum durch die Zoll-Unsicherheit beeinträchtigt werden könnte.
Patrick Hasler, Fondsmanager Aktien, Migros Bank
Patrick Hasler hat gleich SMI-Aktien abgebaut. Zurich Insurance und ABB sind ihm zu teuer geworden, bei Novartis besteht Unsicherheit, ob die «Patentklippe so einfach umschiffbar» sei. Auch Holcim wurde verkauft. Die Diskrepanz zwischen Amrize und Holcim wurde dem Fondsmanager zu gross.
Aus dem SMI-Bereich hat Hasler hingegen die Aktien der UBS gekauft. Grund: «Die Debatte ist eröffnet, und wie oft ausgeführt hat die UBS durchaus Möglichkeiten». Hinzu kam Richemont, ein Luxustitel, den der Fondsmanager auch in einem Zollkrieg halten würde - und Richemont preise das womöglich schon ein. Auf dem Einkaufzettel standen auch das Messtechnikunternehmen Inficon («Überzeugungstitel») und der Gesundheitskonzern Galenica. Der Einstieg in das Diagnostik-Geschäft mit der Übernahme von Labor Team findet Hasler spannende Neuigkeiten, die Galenica-Aktie ist für ihn aber «in erster Linie mein defensiver Rückzugsort».
Die Börsen-Einschätzung für den Rest des Jahres scheint laut Hasler von der Stimmung «einer einzelnen Person abzuhängen - und wenn ich auch glaube, dass diese Person durchaus Sachzwänge hat, so sind wir an den Märkten dennoch relativ schnell in die alten Verhaltensmuster zurückgefallen». Daher geht Hasler davon aus, dass ein zyklischer Rücksetzer wahrscheinlich ist, zudem werde die vorgezogene Lagerbildung in den USA wohl für einen Dämpfer sorgen. «Ich neige mittlerweile zu einer neutralen Positionierung».
Marc Possa, CEO VV Vermögensverwaltung, Fondsmanager «SaraSelect»:
Bei Marc Possa Fonds ergaben sich im zweiten Quartal nur wenige Veränderungen. «Adjustierungen» im Sinne von Verkäufen fanden bei Burkhalter und bei Huber+Suhner statt. Bei beiden Titeln - die Firmen sind laut Possa sehr gut positioniert und geführt - habe die «kurzfristig agierende Finanzindustrie» zu Kursübertreibungen geneigt - bei der Elektroinstallationsgruppe Burkhalter, die an der Börse ein Acht-Jahres-Hoch erreicht hat, wegen der Unabhängigkeit gegenüber US-Zöllen. Und bei Huber+Suhner wegen des «Exposures» zu Datenzentren und Rüstungsaktivitäten.
Possa bleibt vorsichtig optimistisch für die Aktienmärkte im Jahr 2025. Die völlig vernachlässigten oder sogar leerverkauften europäischen Märkte, einschliesslich der Schweizer Small- und Mid-Caps, böten kurzfristig mehr Wert oder Aufholpotential, insbesondere vor dem Hintergrund des 500-Milliarden-Euro-Konjunkturpakets in Deutschland, das vielen Industrieunternehmen Auftrieb geben dürfte. Hilfreich werde auch sein, dass die Zinsen in den letzten Monaten nicht merklich gestiegen sind.
Allerdings dürften viele Marktteilnehmer nervös bleiben, meint Possa. Donald Trumps «berechtigte Absicht, den Aufsteiger der letzten zwei Dekaden China zurückzubinden und deshalb die Hegemonialmacht der USA durch einige politische Konstellationen weiter aufrecht zu erhalten», habe zu einer erhöhten Unsicherheit geführt. Die unberechenbaren Entscheidungen, insbesondere aus den USA und all die verschiedenen militärischen Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten, verzögerten jede Normalisierung, die notwendig wäre, um wieder zu investieren. Die Megatrends wie Urbanisierung, Kommunikation, Alterung, Digitalisierung, Mobilität und viele andere bleiben laut Fondsmanager Possa aber auf die eine oder andere Weise bestehen.