Mit den Kurszielen ist es so eine Sache. Sie werden mit komplexen Modellen auf zwölf Monate hinaus errechnet und basieren ganz wesentlich auf der Bewertung. Aber wie man eine Aktie, oder besser: deren Aussichten bewertet - dazu existieren unterschiedliche Ansätze.

Es gibt aber immer Unternehmen, deren Aktienkurs dem durchschnittlichen Kurszielniveau hinterherhinkt - das heisst: Alle beteiligten Analysten erwarten deutliche Kurssteigerungen. 

Unter anderem folgenden Aktien an der Schweizer Börse wird ein solches Aufwärtspotenzial attestiert. Lohnt es sich also, auf sie zu setzen?

Zur Rose (Kurs: 88  Franken, durchschnittl. Kursziel: 149 Franken, Potenzial: 71 Prozent)

Die Versandapotheke findet zweifellos Anklang bei jenen Analysten, die sich eingehend mit diesem Unternehmen befassen. Es sind allerdings nicht sehr viele. Somit erklärt sich schon einmal zu einem guten Stück, weswegen die Kursziele für Zur Rose so hoch sind.

Zur Rose erwirtschaftet den Umsatz je zur Hälfte in der Schweiz und in Deutschland. In Deutschland winkt im Onlinehandel mit Medikamenten hohes Potential. Dieses geht Zur Rose auch an. Nur: Auch die Politik ist auf den Plan getreten, und es bestehen geschäftsverzögernde regulatorische Aspekte wie etwa die Einführung eines elektronischen Rezepts.

Finanziell ist Zur Rose noch verwundbar. Wachstum will finanziert sein, und vor wenigen Wochen musste eine Kapitalerhöhung durchgeführt werden. Der Kursrückgang von 35 Prozent seit dem vergangenen August dürfte Zur Rose nicht so schnell aufholen, auch wenn das Geschäftsmodell zu recht – nicht nur bei Analysten – viel Zuspruch auslöst.

Basilea (Kurs: 52 Franken, durchschnittl. Kursziel: 84,50 Franken, Potenzial: 64 Prozent)

Bei einigen Schweizer Biotechfirmen sind die Kursziele sehr hoch. Im Gegensatz zu etablierten Unternehmen muss aber darauf gewettet werden, dass diese forschenden Industrien überhaupt einmal operativ abheben. Das Roche-Spinoff Basilea, auch schon als «nächstes Actelion» bezeichnet, macht da keine Ausnahme. Schon vor vielen Jahren hatte das Basler Unternehmen baldige Profitabilität in Aussicht gestellt, geworden ist daraus bislang nichts.

Immerhin: Basilea-Entwicklungen wie das Antipilzmittel Cresemba und das Antibiotikum Zevtera werden am Markt ernstgenommen. Bei Unternehmen wie Basilea reichen indessen publizierte Forschungsergebnisse und Angaben über die Unternehmensfinanzierung, um den Aktienpreis zu bewegen. Innerhalb der vergangenen zwölf Monate schwankte der Kurs zwischen maximal 74 Franken und mindestes 38,60 Franken.

Die Forschungserfolge rechtfertigen bei Basilea einen gewissen Optimismus. Bei einem an der Börse derart volatilen und nicht leicht einschätzbaren Unternehmen ist das Kursziel nur bedingt eine Orientierungshilfe für Anleger.

Ascom (Kurs: 12,50 Franken, durchschnittl. Kursziel: 18,30 Franken, Potenzial: 46 Prozent)

Der Spezialist für Kommunikationstechnologie in Spitälern hat an der Börse innerhalb eines Jahres 50 Prozent an Wert verloren. Auf diese Weise erklärt sich ein so grosser Abstand zum Kursziel, denn während der generellen Kursrally seit Anfang Jahr hat Ascom nochmal verloren.

Wobei die Analysten Anpassungen vornehmen: So senkte die Bank Vontobel vor einem Monat das Kursziel von 18 Franken auf 15,50 Franken. Damit ist schon einiges gesagt, obwohl niemand bestreitet, dass die Strategie des Unternehmens richtig gewählt ist. Die Konzentration auf das Gesundheitswesen und das Abstossen des Bereichs Network Testing nahmen die Experten positiv auf.

Der Kursverfall hat das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf 18 gedrückt. Aber im Moment fehlt Ascom etwas der Schub, der einen Anstieg des Kurses um fast die Hälfte in Aussicht stellen könnte. Im nächsten Jahr ein EBITDA-Margenziel von 20 Prozent (letzter Stand: 12,5 Prozent) zu erreichen, wird als unrealistisch gesehen.

Conzzeta (Kurs: 864 Franken, durchschnittl. Kursziel: 1195 Franken, Potenzial: 40 Prozent)

Einen Teil des Kursverfalls, mit denen viele Schweizer  industrielle Unternehmen konfrontiert waren, hat Conzzeta seit Anfang Jahr wieder aufgeholt. Das Einjahres-Tief lag Ende 2018 bei 731 Franken. Trotzdem bleibt zum Rekordhoch vom vergangenen Mai bei heute 864 Franken ein Abstand von 33 Prozent.

Zum Industriekonglomerat Conzzeta gehören Firmen in der Blech- und Glasbearbeitung, Schaumstoffe, grafische Beschichtungen sowie die Outdoorbekleidungsmarke Mammut. Das zeitweise Sorgenkind Mammut – es wurde über einen Verkauf spekuliert – scheint auf die Erfolgsspur zurückgefunden zu haben.

Auch wenn Conzzeta wegen den fehlenden Synergien zwischen den Geschäftsbereichen laufend kritisiert wird: Die Strategie läuft im Moment gut. Bei der mit einem moderaten KGV von 16 bewerteten, gut finanzierten Firma ist ein Kursanstieg realistisch.

Georg Fischer (Kurs: 903 Franken, durchschnittl. Kursziel: 1160 Franken, Potenzial: 29 Prozent)

Auch Georg Fischer hat nach einem 40-Prozent-Kursrückgang im vergangenen Jahr wieder aufgeholt. Seit Anfang Januar ist der Kurs wieder um 14 Prozent nach oben gekommen.

Dem geschichtsträchtigen Schaffhauser Giessereikonzern mit Spezialisierung auf Rohrleitungssysteme, Werkzeugmaschinen und Metallteilen für Autos und Flugzeuge geht es prinzipiell gut. Bei nicht wenigen Vermögenverwaltern und Analysten ist die Aktie momentan eine der meistgenannten, wenn es um Schweizer Titel mit Aufholpotenzial geht.

Dank der Rohrleitungssparte, die 40 Prozent des Konzernumsatzes einbringt, ist Georg Fischer weniger empfindlich bezüglich einer möglichen weiteren Eintrübung der Weltkonjunktur. Dazu ist das KGV mit 13 recht tief. Wenn die Jahrespräsentation nächste Woche keine herben Enttäuschungen bringt, liegt ein weiterer Kursanstieg drin.

Siegfried (Kurs: 361 Franken, durchschnittl. Kursziel: 453 Franken, Potenzial: 26 Prozent)

Mit der Auftragsherstellung für die Pharmaindustrie erwirtschaftete Siegfried zuletzt knapp 780 Millionen Franken Umsatz. Das Ziel ist klar, ein Milliardenkonzern zu werden. Gründe, dass dies dem Unternehmen mit Sitz in Zofingen AG nicht gelingen sollte, gibt es vordergründig keine.

Schon heute ist Siegfried eines der grössten Unternehmen auf der Welt, das für Pharma- und Chemieunternehmen Wirkstoffe herstellt. Ihr Allzeithoch hatte die Aktie im vergangenen September bei 470 Franken. Der deutliche Abschwung hat sich Ende 2018 gebremst. Seitdem bewegt sich der Kurs in einem Zick-Zack-Muster, offenbar spielen auch Gewinnmitnahmen eine Rolle.

Ansonsten herrscht aber die Meinung vor, dass der Fall der Aktie unverdient sei. Auch wenn die Bewertung mit einem KGV von 31 eindeutig hoch ist, hat der Titel noch Potenzial.

(Kurszielangaben: Bloomberg)