Die grössten Verlierer der letzten Dekade auf dem europäischen Aktienmarkt befinden sich plötzlich auf der Überholspur. Nach einer halben Dekade mit einer unterdurchschnittlichen Kursentwicklung legen Telekommunikations-Aktien das beste Quartal seit 2015 hin. Und: Laut dem Analysten-Konsensus ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. 

Im Zuge des gestiegenen Interesses an Value-Aktien, also Substanzwerten, stieg der europäische Stoxx Telecom Index in den ersten drei Monaten dieses Jahres um rund 12 Prozent. Der Eurostoxx 600 konnte gleichzeitig lediglich um 7 Prozent zulegen. Daten von Bloomberg zeigen, dass Analysten für dieses Jahr von einem weiteren Wachstum von durchschnittlichen 22 Prozent ausgehen. Ein so hohes Ertragsziel wird keinem anderen Sektor vorhergesagt. 

Kursentwicklung des europäischen Stoxx Telecom Index seit Anfang Jahr, Quelle: stoxx.com.

"Die europäischen Telekommunikations-Konzerne geben endlich mal wieder ein Lebenszeichen", schreibt Citi-Analyst Georgios Ierodiaconou in einer aktuellen Note. Der Rückgang des Sektors um 40 Prozent in den letzten fünf Jahren macht Telekommunikationswerte zu einem "erstklassigen Kandidaten" für Value- oder Contrarian-Investoren, schreibt er.

BT Group und Vodafone unterbewertet 

Andrew Garthwaite, Stratege bei der Credit Suisse, empfiehlt, "defensive zyklische Werte" wie eben Telekommunikationsunternehmen zu kaufen, die günstig bewertet sind. Insbesondere BT Group und Vodafone würden sich dazu eignen, schreibt Garthwaite. Der Sektor werde mit einem Abschlag von etwa 12 Prozent gegenüber dem Stoxx 600 gehandelt und sei damit preiswert, während die Dividendenrendite um etwa 50 Prozent höher liege.

Laut Garthwaite befinden sich die Kurs-Gewinn-Verhältnisse (KGV) in der Nähe des Tiefpunkts, während das regulatorische Umfeld für die Telekommunikation "günstiger zu werden scheint, da die Regierungen die Bedeutung von superschnellen Glasfasern und 5G erkannt haben."

Thomas Coudry, Analyst bei Bryan Garnier, sagt, dass die Gewinne des Sektors im ersten Quartal "nur eine leichte Korrektur gegenüber den starken Abschlägen im Jahr 2020 und dem niedrigen Bewertungsniveau des Sektors waren." Zudem merkt er an, dass die Investitionsaussichten immer noch unsicher sind, da der Wettbewerb bei 5G zunimmt.

Nach einem starken Start ins Jahr haben die Telekommunikationsunternehmen im April eine Atempause eingelegt. Die wenigen bisher veröffentlichten Ergebnisberichte für das erste Quartal haben den Puls nicht gerade in die Höhe getrieben, wenn gleich es noch früh ist und die Updates von Telenor, der Deutschen Telekom, BT und Telefonica im nächsten Monat sicher mehr enthüllen werden.

(Bloomberg/cash)