Rivian will mit dem Börsengang bis zu 10 Milliarden Dollar einnehmen. Das Listing könnte die Bewertung des E-Truck-Bauers auf 70 Milliarden Dollar hieven. Wenn die Aktien am obersten Ende der Bewertungsspanne verkauft werden, steuert Rivian laut Bloomberg auf das siebent-grösste IPO zu, das je an der US-Börse stattgefunden hat. Die Bewertung des Unternehmens könnte, nachdem der Handel unter dem Tickersymbol "RIVN" in den USA beginnt, jene von jahrzehntealten Autobauern wie Honda oder Renault übertreffen. 

Solche hohen Bewertungen bei IPOs sind allerdings keine Seltenheit. Der Hersteller einer E-Limousine Lucid, der im Juli über einen Spac an die Börse ging, ist nun 74 Milliarden Dollar wert und damit mehr als die US-Autogiganten Ford und General Motors

Rivian schreibt allerdings noch gar keinen Gewinn. In den ersten sechs Monaten des Jahres verbuchte das Unternehmen einen Nettoverlust von 994 Millionen Dollar. Im Jahr davor betrug das Minus 377 Millionen Dollar. Des Weiteren erwartet Rivian einen Nettoverlust von 1,28 Milliarden Dollar, der durch das Hochfahren der Produktion bedingt ist. 

Das IPO wird begleitet durch Morgan Stanley, Goldman Sachs und JPMorgan, den drei gleichen Banken, die Tesla vor elf Jahren an die Börse brachten. Investoren in Rivian setzen wie bei vielen hoch bewerteten Start-ups auf ehrgeizige Wachstumspläne. Mit grossen, schweren Pickups, in den USA als "Trucks" bezeichnet, lanciert Rivian fast schon eine neue Klasse von E-Vehikeln. Diese bilden einen Kontrast zu den Tesla-Modellen mit ihren geschwungenen Formen. 

Das Rivian-Modell R1T soll in der Basisversion 67'500 Dollar kosten. Ein SUV für rund 70'000 Dollar soll folgen. In diesen Preis- und Fahrzeugklassen dürfte Rivian eine "natürliche Decke" von 300'000 bis 400'000 Fahrzeugen im Jahr antreffen, sagt Analyst Pierre Ferragu von New Street Research. "Über 70'000 Dollar ist der global ansprechbare Markt für Rivian-SUVs und -Pickups unter 1,5 Millionen Einheiten gross, und es wird ein dicht gedrängter Raum sein."

 

 

Bei E-Pickups hat Rivian den Vorteil, einer der ersten Anbieter in diesem Segment zu sein. Allerdings hat Ford den Pickup F-150 Lighting vorgestellt, denn es schon ab 40'000 Dollar geben soll. Verkauft werden soll das Fahrzeug ab nächstem Frühling. Tesla wiederum will mit der Produktion des futuristisch gestylten Cypbertruck nächstes Jahr anfangen. Auch voll batteriebetriebene SUVs sind noch relativ selten. Viele Autohersteller werden allerdings auf diesen Markt stossen. 

Analyst Ferragu rechnet aber auch mit einer Nachfrage nach Rivian-Gefährten, die zunächst höher sein wird als die lieferbaren Mengen. Rivian hat erst vor einigen Monaten angefangen, Fahrzeuge auszuliefern und wird bis zum Jahresende nur rund 1200 Einheiten in der Fabrik in Normal im Staat Illinois fertigen. Bis Ende 2023 will das Unternehmen in der Lage sein, 150'000 Fahrzeuge im Jahr herstellen zu können. 

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Das Unternehmen hat seine Ursprünge im Jahr 2009. Gründer und CEO R.J. Scaringe gründete damals das Vorläuferunternehmen von Rivian in Florida. Ein früher Investor überzeugte ihn dann, statt eines Sportwagens einen Pickup zu planen. Das Unternehmen segelte allerdings während rund zehn Jahren fast vollständig unter dem Radar der Auto- und E-Fahrzeugbranche. Gleichzeitig fand der Siegeszug von Tesla statt. 

Rivian will den Erlös aus dem Börsengang für Wachstum verwenden und den Nachschub an Materialen sicherstellen können. Der Bau einer zweiten Fabrik in Forth Worth in Texas ist ebenfalls geplant. Im Januar berichtete Bloomberg, dass auch eine Fertigung in Europa ein Thema sei. 

(Bloomberg/cash)