Dass Analysten grundsätzlich eher ein Volk von Optimisten denn von Pessimisten sind, dürfte den meisten Börsenbeobachtern bereits bekannt sein. Denn Kaufempfehlungen für Aktien sieht man weitaus häufiger als Verkaufstipps.

Nun werden sie diesem Ruf einmal mehr gerecht: Gemäss FactSet - ein US-amerikanisches Unternehmen, welches (legal) Finanzdaten sammelt - decken derzeit weltweit 45 Analysten die Facebook-Aktie ab, wovon ganze 41 zum Einstieg raten. In Prozenten ausgedrückt empfehlen 91 Prozent aller abdeckenden Analysten zum Kauf.

Diese Kaufempfehlungen kommen zu einem Zeitpunkt, wo die Facebook-Titel wegen eines Datenlecks massiv unter Druck geraten sind, wie folgende Kursgrafik verdeutlicht:

Entwicklung der Facebook-Aktie in den letzten 52 Wochen (Aktienkurs in Dollar), Quelle: cash.ch

Alleine seit dem 16. März ist der Facebook-Kurs um 18 Prozent eingebrochen. Über 90 Millarden Dollar an Börsenwert haben sich in diesem kurzen Zeitraum in Luft aufgelöst. Zum Vergleich: Die Grossbank Credit Suisse (CS) ist nicht mal halb so viel wert wie dieser in sieben Handelstagen vernichtete Börsenbetrag (CS-Marktkapitalisierung ca. 40 Milliarden Franken).

Turbulenzen nur vorübergehender Natur?

Die Analysten sind trotz des jüngsten Ausverkaufs zuversichtlich, dass der derzeitige Gegenwind nur kurzfristiger Natur ist. Die langfristigen Erwartungen bleiben positiv: "Viele Negativszenarien sind bereits eingepreist, die Facebook-Aktie ist nun attraktiv", schreibt etwa ein Analyst des Finanzinformationsunternehmens Morningstar in einem Kommentar.

Wie das US-Newsportal Quartz ausrechnet, liegt das durchschnittliche Kursziel der Analysten für den Facebook-Titel bei 220 Dollar. Das entspricht beim heutigen Kurs von 152 Dollar einem Aufwärtspotenzial von 45 Prozent. Im Schnitt wird von Facebook 2018 ein Umsatz von 55,36 Milliarden Dollar und ein Gewinn von 21,6 Milliarden Dollar erwartet. Beide Zahlen würde zum Vorjahr eine Steigerung von ca. 35 Prozent bedeuten.

Mit diesen Schätzungen als Grundlage beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im laufenden Jahr 22. Zieht man stattdessen die bereits vorhandenen Analysten-Gewinnerwartungen vom Jahr 2020 heran (32 Milliarden Dollar im Schnitt), fällt das KGV gar auf 15,5. Das wäre für eine Tech-Aktie wie Facebook tatsächlich sehr günstig. Aber aufgrund der jüngsten Ereignisse ist es mehr als fraglich, ob diese Zahlen auch erreicht werden können.

Auf Twitter zur Facebook-Profillöschung aufgerufen

Nur zwei Analysten raten zum Verkauf. Einer davon ist Brian Wieser von der Pivotal Research Group. In einem Bericht schreibt er, dass der Tech-Riese "Zeichen eines systemischen Missmanagements" zeige. Womöglich müsse Facebook die Firmengrösse reduzieren oder personelle Änderungen vornehmen, beides würden für Investoren neue Risiken darstellen. Sein Kursziel liegt bei 152 Dollar, was genau dem Schlusskurs vom 27. März entspricht.

Zum Kurseinbruch kam es, als Mitte März ans Licht kam, dass die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica unrechtsmässig an Informationen von über 50 Millionen Facebook-Nutzern gekommen war. Mit Hilfe dieser Daten sollen US-Wähler im Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Donald Trump gezielt mit unerlaubter Wahlwerbung beeinflusst worden sein.

Seither ist die Empörung gegenüber Facebook gross. Unter dem Hashtag #DeleteFacebook kündigten auf Twitter viele die Entfernung ihres Facebook-Accounts an. Selbst Unternehmer und Investor Elon Musk liess kurzerhand die Facebook-Seiten seiner beiden Firmen Tesla und SpaceX entfernen. Bereits zuvor war Facebook wegen der Verbreitung von "Fake News" in der Kritik. Solche Entwicklungen sind für das soziale Netzwerk Facebook, deren Erfolg vom Wohlwollen der Nutzer abhängig ist, natürlich Gift.