Christian Sewing dürfte am Donnerstag bei der Präsentation seiner Vision für die deutsche Bank nun mindestens einen Teil seiner Zeit damit verbringen, die Russland-Risiken in den Büchern des grössten deutschen Geldhauses zu erläutern.

Die Frankfurter sind die erste namhafte europäische Investmentbank, die sich Fragen zum Geschäftsverlauf seit Kriegsausbruch stellt, wobei sich die Aufmerksamkeit auf den festverzinslichen Bereich konzentrieren dürfte.

Die Krise hat die aufkeimenden Erholung der europäischen Banken gestoppt, die Institute mit dem Risiko neuer fauler Kredite belastet und die sehnlich erwartete Zinserhöhung verzögert.

Sewing, der in den letzten Jahren Tausende von Arbeitsplätzen abgebaut hat, dürfte noch immer ein ehrgeizigeres Rentabilitätsziel und einen klareren Fahrplan zu den Ausschüttungen präsentieren, aber die Kriegsfolgen werden die Aussichten zumindest in naher Zukunft trüben.

«Auswirkungen auf Banken derzeit schwer abzuschätzen»

"Der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehenden Wirtschaftssanktionen verursachen Verwerfungen, deren direkte und indirekte Auswirkungen auf Banken derzeit schwer abzuschätzen sind", sagt Alexandra Annecke, Fondsmanagerin bei Union Investment, die Aktien der Deutschen Bank im Portfolio hält. "Das macht die Erreichbarkeit etwaiger neuer Zwischenziele der Deutschen Bank unsicher."

Die Deutsche Bank hat ihre Präsenz in Russland in den letzten Jahren zurückgefahren und ihre Risiken als "gut begrenzt" dargestellt. Allerdings beschäftigt die Bank mehr als 1.300 IT-Mitarbeiter in Moskau und St. Petersburg und ist nun gezwungen, Optionen für die Sparte und die Mitarbeiter zu erwägen.

Bevor die Invasion alles auf den Kopf stellte, hatten viele Banken ihre Ziele für Gewinne und Ausschüttungen in die Höhe geschraubt, mit UniCredit und BNP Paribas an der Spitze. Das hat die Messlatte auch für Sewing höher gelegt, dessen Anteilsscheine nach wie vor weit unter dem Buchwert handeln.

Klarer Fahrplan für Dividenden-Ausschüttung

Das neue Renditeziel wird wohl über der von Sewing für dieses Jahr versprochenen Eigenkapitalrendite von 8 Prozent liegen, berichten mit der Angelegenheit vertraute Personen. Ausserdem dürfte es einen klaren Fahrplan für künftige Ausschüttungen nach dem langen Dividenden-Winterschlaf geben, hiess es.

"Die Deutsche Bank braucht ein höheres mittelfristiges Profitabilitätsziel", meint Annecke. Das derzeitige Ziel "reicht immer noch nicht aus, um die Kapitalkosten zu verdienen, auch wenn es eine grosse Verbesserung gegenüber der bisherigen Rentabilität darstellt".

Sewing selbst hatte im Vorfeld eher tiefgestapelt. Die neue Strategie werde auf der bestehenden aufbauen und eher eine "Evolution" als eine Revolution sein, liess der CEO wissen. Er hat auch angedeutet, dass er die Aufstellung in vier operativen Geschäftsbereichen unangetastet lassen wird. 

Kostensenkungen werden weiterhin im Fokus von Sewing und Finanzchef James von Moltke stehen. Von Moltke hatte Ende Februar angekündigt, dass die Erträge nach 2022 stärker wachsen werden als die Kosten.

Was Übernahmen angeht, hat Sewing bislang den Ball flach gehalten. Er werde dieses Jahr nicht darüber nachdenken, sagte er vor kurzem, wobei er "Chancen" schon in Betracht ziehen würde. Vor grösseren Zukäufen soll sich zunächst der Kurs erholen.

(Bloomberg)