Die Entwicklungen über das Wochenende rund um das hochverschuldete Griechenland sind alles andere als erfreulich. Durch das für Ende diese Woche angesetzte Volksreferendum hat die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls oder gar eines Ausschlusses aus der Europäischen Währungsunion zugenommen. Probleme kommen auch auf die griechischen Banken zu, stellt die Europäische Zentralbank (EZB) die Liquiditätsversorgung doch bis auf weiteres ein.

Die Verunsicherung unter den Anlegern ist verständlicherweise gross. Zur Stunde verliert der Swiss Market Index (SMI) noch 1,4 Prozent auf einen Stand von 8880 Punkte. Im frühen Handel fiel das Börsenbarometer zeitweise sogar auf 8728 Zähler. Damit steht der Schweizer Aktienmarkt im europäischen Vergleich noch gut da, haben andere Börsenplätze doch deutlich umfangreichere Rückschläge zu beklagen. Bei uns berichten Händler mittlerweile von umfangreichen Gelegenheitskäufen seitens institutioneller Grossinvestoren. Das Kaufinteresse konzentriere sich auf die defensiven Indexschwergewichte sowie auf auf beliebtesten Nebenwerte, so heisst es.

Aktienstrategen versuchen zu beruhigen

In den letzten Jahren erwiesen sich solche Rückschläge am Schweizer Aktienmarkt denn auch als günstige Einstiegsgelegenheit. Anfang Oktober brach der SMI innerhalb kürzester Zeit um 10 Prozent auf 7870 Punkte ein, nur um in den darauffolgenden zwei Wochen auf neue Mehrjahreshöchststände zu klettern. Etwas länger dauerte es, bis die Folgen der Aufgabe des Mindestkurses gegenüber dem Euro von Mitte Januar verdaut war. Doch auch zu diesem Anlass zahlte es sich für Anleger rückblickend aus, die Nerven zu behalten.

Viele Aktienstrategen versuchen am Montagmorgen denn auch ihre Anlagekunden zu beruhigen. Die Experten von Société Générale rechnen im Schuldenstreit mit Griechenland weiterhin mit einem Kompromiss in letzter Minute. Die Wahrscheinlichkeit, dass das südeuropäische Land in der Währungsunion verbleibt, wird auf 60 Prozent beziffert.

Auch die für Barclays Capital tätigen Berufskollegen bleiben zuversichtlich für die europäischen Aktienmärkte. Sie räumen zwar ein, dass die Anlegerstimmung unter den jüngsten Entwicklungen rund um Griechenland gelitten hat. An den langfristigen Aussichten für Aktien ändere sich jedoch nichts. Die britische Grossbank traut dem EuroStoxx 50 Index bis Ende Jahr wie bis anhin einen Anstieg auf 4000 Punkte zu. Gegenüber dem Schlussstand vom Freitag entspräche das einem Anstieg um 17 Prozent.

Beim SMI wird es unter 8729 Punkten kritisch

Die Aktienstrategen von J.P. Morgan rechnen bestenfalls mit einem kurzfristigen Rückschlag. Noch sei in Griechenland schliesslich nichts verloren. Ausserdem schliessen die Experten Interventionen seitens der EZB nicht aus. Sollte sich der Euro im Zuge der Schuldenprobleme weiter abschwächen, werde das den exportabhängigen Unternehmen helfen. Als exportlastig bezeichnen die Strategen vor allem den DAX.

Noch ist auch beim SMI nichts verloren. Zwischenzeitlich notierte das Börsenbarometer zwar unter der charttechnischen Schlüsselunterstützung bei 8729 Punkten. Schon Anfang Mai und Mitte Juni fiel der SMI in diese Region zurück. Kritisch wird es gemäss Lehrbuch aber erst, sollte das Börsenbarometer unter 8729 Punkten aus dem Handel gehen. Danach sieht es derzeit nicht aus, der Schweizer Aktienmarkt hat sich gefangen.

Vorerst muss deshalb nicht von einem weiteren Rückschlag ausgegangen werden, welche den SMI im ungünstigsten Fall in die Nähe der bisherigen Jahrestiefststände von Mitte Januar bei 7984 Zählern tauchen lassen würde.

Zumindest institutionelle Grossinvestoren scheinen dem Rat der Aktienstrategen Folge zu leisten und auch diesen Rückschlag gezielt für Gelegenheitskäufe zu nutzen.